Was gilt bei Massenentlassungen?

Einleitung

Viele Arbeitnehmer sind überrascht, wenn plötzlich ganze Abteilungen geschlossen oder viele Kollegen gleichzeitig gekündigt werden. Dann ist oft von einer Massenentlassung die Rede. Doch was genau bedeutet das eigentlich? Welche rechtlichen Regeln gelten – und was müssen Arbeitgeber einhalten, damit Kündigungen wirksam sind? Und vor allem: Welche Rechte haben Sie als Arbeitnehmer, wenn Ihr Arbeitsplatz Teil einer solchen Maßnahme ist?


1. Was ist eine Massenentlassung?

Eine Massenentlassung liegt vor, wenn ein Arbeitgeber innerhalb kurzer Zeit eine größere Anzahl von Kündigungen ausspricht. Das ist in § 17 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) geregelt.

Dabei ist nicht jede betriebsbedingte Kündigung automatisch eine Massenentlassung. Entscheidend ist die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer und die Größe des Betriebs.


2. Wann liegt eine Massenentlassung vor?

Nach § 17 Abs. 1 KSchG gelten folgende Schwellen:

  • In Betrieben mit mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern: mind. 5 Entlassungen
  • In Betrieben mit 60 bis weniger als 500 Arbeitnehmern: mind. 10 % oder mehr als 25 Entlassungen
  • In Betrieben mit mind. 500 Arbeitnehmern: mind. 30 Entlassungen

Maßgeblich ist ein Zeitraum von 30 Kalendertagen. Nicht nur Kündigungen zählen – auch Aufhebungsverträge, mitarbeitereigene Kündigungen auf Veranlassung des Arbeitgebers oder Änderungskündigungen können darunterfallen.

🔹 Unser Tipp: Wenn Sie mitbekommen, dass im Unternehmen ungewöhnlich viele Kündigungen ausgesprochen werden: Fragen Sie nach, ob eine Massenentlassung vorliegt.


3. Welche Pflichten hat der Arbeitgeber?

Bevor eine Massenentlassung erfolgen darf, muss der Arbeitgeber mehrere formelle Schritte einhalten:

  • Unterrichtung des Betriebsrats (§ 17 Abs. 2 KSchG)
  • Konsultation mit dem Betriebsrat (Ziel: Interessenausgleich)
  • Anzeige bei der Agentur für Arbeit mit umfangreichen Angaben (§ 17 Abs. 3 KSchG)
  • Einhalten einer Sperrfrist: Die Kündigungen dürfen erst nach Ablauf von 2 Wochen nach Anzeige erfolgen (§ 18 KSchG)

4. Was bedeutet die Anzeige bei der Agentur für Arbeit?

Die Anzeige bei der Agentur für Arbeit ist kein bloßer Verwaltungsakt. Sie soll die Behörde in die Lage versetzen, frühzeitig Maßnahmen zur Abmilderung der Arbeitslosigkeit zu ergreifen (z. B. durch Vermittlung oder Qualifizierungsangebote).

Die Anzeige muss unter anderem folgende Angaben enthalten:

  • Zahl und Berufsgruppen der zu entlassenden Mitarbeiter
  • Zeitraum der Entlassungen
  • Gründe für die Maßnahme
  • Ergebnisse der Betriebsratskonsultation

5. Welche Rechte haben Arbeitnehmer bei Massenentlassungen?

Für Sie als Arbeitnehmer ergeben sich insbesondere folgende Rechte:

  • Prüfung der formellen Voraussetzungen (Fehler können zur Unwirksamkeit führen)
  • Nachteilsausgleich (§ 113 BetrVG), wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat umgeht
  • Anspruch auf Abfindung im Rahmen eines Sozialplans
  • Kündigungsschutzklage: Frist beachten! Sie müssen binnen 3 Wochen Klage erheben

Besonders wichtig: Fehlerhafte oder unterlassene Massenentlassungsanzeige macht die Kündigung nichtig – das kann Ihnen Ihren Arbeitsplatz oder zumindest eine bessere Verhandlungsposition sichern.

🔹 Unser Tipp: Lassen Sie jede Kündigung im Rahmen einer Massenentlassung anwaltlich prüfen – die Fehlerquote ist in der Praxis hoch.


6. Folgen bei Verstößen: Wann sind Kündigungen unwirksam?

Das Bundesarbeitsgericht hat wiederholt klargestellt, dass Verstöße gegen die Anzeige- und Konsultationspflichten zur Nichtigkeit der Kündigung führen (z. B. BAG, Urteil vom 13.07.2006 – 6 AZR 198/06).

Typische Fehler:

  • Keine oder verspätete Anzeige
  • Unvollständige Angaben
  • Keine Betriebsratskonsultation
  • Kündigung vor Ablauf der Sperrfrist

In solchen Fällen ist die Kündigung rechtlich unwirksam, selbst wenn der Kündigungsgrund (z. B. Wegfall des Arbeitsplatzes) an sich gerechtfertigt wäre.


Unser Fazit zum Schluss

Wenn in Ihrem Unternehmen viele Stellen abgebaut werden, sind genaue rechtliche Prüfungen Pflicht. Massenentlassungen sind ein komplexer Prozess mit hohen formellen Hürden für den Arbeitgeber. Schon kleine Fehler können große Folgen haben – für Ihre berufliche Zukunft und Ihre Rechte.

Lassen Sie sich frühzeitig beraten. Wir prüfen für Sie, ob die Kündigung unwirksam ist – und verhandeln bei Bedarf Ihre Abfindung oder andere faire Lösungen.

Wir sind für Sie da! Kontaktieren Sie uns jetzt: