Inhalt
Einleitung
Viele Arbeitnehmer fragen sich, ob sie einen Bonus auch dann erhalten müssen, wenn es dazu keine schriftliche Vereinbarung gibt – einfach, weil der Arbeitgeber den Bonus seit Jahren regelmäßig zahlt. In solchen Fällen kann eine sogenannte betriebliche Übung entstehen. Doch was genau ist das? Und welche Rechte können Sie daraus ableiten?
In diesem Artikel erfahren Sie, wann eine betriebliche Übung beim Bonus vorliegt, wie Sie Ihre Ansprüche durchsetzen können – und wann sich eine rechtliche Beratung lohnt.
1. Was ist eine betriebliche Übung?
Eine betriebliche Übung ist ein rechtlicher Begriff aus dem Arbeitsrecht. Er beschreibt ein regelmäßiges Verhalten des Arbeitgebers, aus dem Arbeitnehmer ableiten dürfen, dass es auch in Zukunft so weitergeht.
Merksatz: Eine betriebliche Übung entsteht durch ein regelmäßiges, gleichförmiges Verhalten des Arbeitgebers.
2. Wann entsteht eine betriebliche Übung beim Bonus?
Eine betriebliche Übung beim Bonus entsteht, wenn der Arbeitgeber mindestens drei Jahre in Folge einen Bonus in gleicher Weise zahlt – ohne schriftlichen Vorbehalt.
Typisches Beispiel:
Ein Arbeitgeber zahlt seinen Beschäftigten jedes Jahr im Dezember einen „Weihnachtsbonus“ in Höhe von 1.500 €. Wird dieser drei Jahre nacheinander vorbehaltlos gezahlt, entsteht ein Rechtsanspruch – auch ohne schriftliche Vereinbarung.
Wichtig: Die betriebliche Übung gilt für alle Arbeitnehmer, bei denen das Verhalten des Arbeitgebers erkennbar gleich war. Sie gilt nicht, wenn der Bonus individuell verhandelt wurde oder an bestimmte Bedingungen geknüpft war.
🔹 Unser Tipp: Prüfen Sie Ihre Lohnabrechnungen der letzten Jahre – sie sind oft ein wichtiger Beweis für eine betriebliche Übung.
3. Wie kann der Arbeitgeber eine betriebliche Übung verhindern?
Arbeitgeber können eine betriebliche Übung verhindern, wenn sie bei jeder Zahlung klar kommunizieren, dass es sich um eine freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch für die Zukunft handelt – ein sogenannter Freiwilligkeitsvorbehalt.
Beispielhafte Formulierung:
„Die Zahlung erfolgt freiwillig und begründet keinen Rechtsanspruch auf künftige Leistungen.“
Aber Achtung: Nicht jeder Vorbehalt ist wirksam. Er muss klar, transparent und verständlich formuliert sein. Außerdem darf er nicht im Widerspruch zum tatsächlichen Verhalten stehen.
Merksatz: Nur ein klar formulierter Vorbehalt verhindert, dass aus einem Bonusanspruch eine betriebliche Übung wird.
4. Was passiert bei einem Arbeitgeberwechsel oder Betriebsübergang?
Auch bei einem Betriebsübergang (§ 613a BGB) bleibt eine betriebliche Übung grundsätzlich bestehen. Der neue Arbeitgeber übernimmt alle Rechte und Pflichten aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis – inklusive betrieblicher Übungen.
Ein neuer Arbeitgeber kann die betriebliche Übung nur dann beenden oder ändern, wenn er klar und rechtzeitig widerspricht – oder mit dem Arbeitnehmer eine neue Regelung trifft.
🔹 Unser Tipp: Wenn Ihr Betrieb übernommen wurde, sollten Sie bestehende Bonusansprüche aktiv prüfen lassen.
5. Wie lässt sich eine betriebliche Übung beenden?
Eine einmal entstandene betriebliche Übung kann nicht einfach einseitig gestrichen werden. Der Arbeitgeber muss sie entweder mit Zustimmung des Arbeitnehmers ändern – oder unter bestimmten Voraussetzungen kündigen (sogenannte Änderungskündigung, § 2 KSchG).
Teilweise hilft auch eine sogenannte kollektive Ablösung durch einen neuen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung – das ist jedoch juristisch komplex und stark einzelfallabhängig.
Merksatz: Eine betriebliche Übung endet nicht automatisch – sie muss aktiv beendet oder geändert werden.
6. Was bedeutet das für Sie?
Wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen über Jahre hinweg regelmäßig einen Bonus zahlt – etwa Weihnachtsgeld, Zielboni oder Erfolgsprämien – kann sich ein Rechtsanspruch daraus ergeben. Gerade dann, wenn kein schriftlicher Vorbehalt erklärt wurde. Diese Ansprüche sind oft einklagbar, selbst wenn der Arbeitgeber sich plötzlich weigert zu zahlen.
In vielen Fällen lohnt es sich, den Anspruch durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen zu lassen – zum Beispiel, wenn:
- Ihr Bonus plötzlich gekürzt oder gestrichen wurde,
- ein neuer Arbeitgeber keine Bonuszahlungen mehr leisten will,
- Sie sich in einem Kündigungsschutzprozess befinden und der Bonus Teil Ihrer Abfindung sein könnte.
🟦 Unser Fazit: Eine betriebliche Übung ist kein Geschenk, sondern kann Ihnen handfeste Rechte sichern. Lassen Sie sich beraten, bevor Sie Ansprüche verfallen lassen.
Wir sind für Sie da! Kontaktieren Sie uns jetzt: