Was ist eine Betriebsänderung nach § 111 BetrVG?

Einleitung

Viele Arbeitnehmer fragen sich: Was ist eigentlich eine Betriebsänderung nach § 111 BetrVG? Und was bedeutet das für ihren Arbeitsplatz? Gerade bei größeren Umstrukturierungen, Stilllegungen oder Verlagerungen spielt diese Vorschrift eine zentrale Rolle – sie schützt die Interessen der Belegschaft, wenn gravierende Veränderungen im Unternehmen anstehen.


1. Was versteht man unter einer Betriebsänderung?

Eine Betriebsänderung liegt vor, wenn ein Unternehmen größere Maßnahmen plant, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft mit sich bringen können. Das können z. B. Kündigungen, Versetzungen oder drastische Umstrukturierungen sein. § 111 BetrVG nennt dabei konkrete Fallgruppen:

  • Einschränkung oder Stilllegung des gesamten Betriebs oder wesentlicher Betriebsteile
  • Verlegung des Betriebs
  • Zusammenschluss mit anderen Betrieben
  • Grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Zwecks oder der Anlagen
  • Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden oder Fertigungsverfahren

Dabei kommt es nicht auf die Bezeichnung der Maßnahme an, sondern auf ihre Auswirkungen auf die Belegschaft.


2. Typische Beispiele für Betriebsänderungen

Nicht jede Änderung im Betrieb fällt unter § 111 BetrVG. Entscheidend ist die Erheblichkeit der Maßnahme. Beispiele:

  • Schließung eines Werks oder einer Filiale
  • Auslagerung ganzer Abteilungen (z. B. IT oder Buchhaltung)
  • Einführung eines neuen ERP-Systems, das die Arbeitsabläufe tiefgreifend verändert
  • Umstellung von manueller auf automatisierte Fertigung

Auch wirtschaftlich motivierte Kündigungen in größerem Umfang sind regelmäßig mit einer Betriebsänderung verbunden.

🔹 Praxis-Tipp: Wenn im Unternehmen „Restrukturierung“ oder „Effizienzmaßnahmen“ angekündigt werden, lohnt es sich, aufmerksam zu werden – es könnte eine Betriebsänderung vorliegen.


3. Schwellenwerte: Wann gilt § 111 BetrVG?

§ 111 BetrVG gilt nicht für alle Betriebe, sondern nur für Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern, in denen ein Betriebsrat besteht. Entscheidend ist dabei die Unternehmensgröße – nicht nur die des einzelnen Standorts.


4. Folgen für Arbeitgeber und Betriebsrat

Der Arbeitgeber ist bei einer geplanten Betriebsänderung verpflichtet, rechtzeitig und umfassend mit dem Betriebsrat zu beraten. Ziel ist der Abschluss eines Interessenausgleichs über das „Ob“ und „Wie“ der Maßnahme. Kommt es zu Nachteilen für die Belegschaft, ist zusätzlich ein Sozialplan zu verhandeln (§ 112 BetrVG).

Ein Verstoß gegen diese Pflichten kann den Arbeitgeber teuer zu stehen kommen – insbesondere droht ein Nachteilsausgleich nach § 113 BetrVG.

🔹 Unser Tipp: Wer von einer Betriebsänderung betroffen ist, sollte frühzeitig rechtliche Beratung einholen – gerade bei Interessenausgleich und Sozialplan geht es oft um viel Geld.


5. Beteiligungsrechte des Betriebsrats

Der Betriebsrat hat kein echtes Mitbestimmungsrecht beim „Ob“ der Maßnahme – aber ein Beteiligungsrecht beim Wie. Das heißt:

  • Er muss rechtzeitig informiert werden
  • Der Arbeitgeber muss ernsthaft verhandeln
  • Es besteht ein Anspruch auf Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan

Der Betriebsrat kann im Streitfall sogar die Einigungsstelle anrufen.


6. Unser Fazit zum Schluss

Was bedeutet das für Sie?

Wenn Sie merken, dass in Ihrem Unternehmen gravierende Veränderungen geplant sind, und Sie befürchten Nachteile – etwa durch Kündigung oder Versetzung –, sollten Sie wissen: § 111 BetrVG verpflichtet den Arbeitgeber zum Dialog mit dem Betriebsrat.

Leider versuchen manche Unternehmen, diesen Dialog zu umgehen oder hinauszuzögern. In solchen Fällen kann es entscheidend sein, sich anwaltliche Unterstützung zu holen – sei es zur Begleitung von Sozialplanverhandlungen oder zur Geltendmachung eines Nachteilsausgleichs.

👉 Wir beraten Sie gerne, wenn bei Ihnen eine Betriebsänderung ansteht oder Sie davon betroffen sind.

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