Was ist ein Stichentscheid?

Einleitung

Viele Arbeitnehmer und Betriebsräte fragen sich: Was ist ein Stichentscheid? Besonders im Betriebsverfassungsrecht taucht dieser Begriff immer wieder auf. Hinter dem Wort steckt ein spezielles Abstimmungsverfahren, das gerade dann wichtig wird, wenn Gremien – wie der Betriebsrat – keine Einigung finden. In diesem Artikel erklären wir Ihnen klar und verständlich, was ein Stichentscheid ist, wann er vorkommt und was Sie als Arbeitnehmer oder Betriebsrat beachten sollten.


1. Was versteht man unter einem Stichentscheid?

Ein Stichentscheid bedeutet, dass bei einer Abstimmung innerhalb eines Gremiums eine Pattsituation durch die Stimme des Vorsitzenden aufgelöst wird. Der Vorsitzende hat hierbei eine sogenannte Doppelstimme. Dieses Prinzip sorgt dafür, dass wichtige Entscheidungen nicht blockiert werden, nur weil die Stimmenzahl gleich ist.


2. Wo kommt ein Stichentscheid im Arbeitsrecht vor?

Der Stichentscheid ist vor allem im Betriebsverfassungsrecht relevant. Ein klassisches Beispiel ist der Betriebsrat. Hier kann der Betriebsratsvorsitzende bei Stimmengleichheit von seiner Doppelstimme Gebrauch machen (§ 26 Abs. 1 BetrVG). Auch in der Einigungsstelle spielt der Stichentscheid eine Rolle: Dort entscheidet bei einer Pattsituation der Vorsitzende der Einigungsstelle (§ 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG).


3. Wie läuft ein Stichentscheid ab?

Zunächst wird ganz normal abgestimmt. Ergibt sich dabei eine Stimmengleichheit, greift das Gesetz: Der Vorsitzende darf nun mit seiner zweiten Stimme das Ergebnis beeinflussen. Diese Vorgehensweise ist rechtlich anerkannt und wurde auch vom Bundesarbeitsgericht mehrfach bestätigt (z. B. BAG, Beschluss vom 26.04.2005 – 1 ABR 1/04).

Wichtig: Der Stichentscheid ist keine eigenständige Abstimmung, sondern Teil der ursprünglichen Abstimmung. Er tritt nur ein, wenn die Stimmen gleich sind.


4. Risiken und Besonderheiten eines Stichentscheids

Ein Stichentscheid kann innerhalb des Gremiums zu Konflikten führen. Besonders, wenn der Vorsitzende seine Doppelstimme gegen Teile des Gremiums nutzt, kann das Spannungen erzeugen. Auch rechtlich können fehlerhafte Beschlüsse angreifbar sein, wenn z. B. die Vorschriften zum Stichentscheid nicht beachtet wurden.

Unser Tipp: Klären Sie im Vorfeld, ob die Satzung oder Geschäftsordnung Ihres Gremiums eine abweichende Regelung enthält. Und: Lassen Sie im Zweifel prüfen, ob der Stichentscheid korrekt eingesetzt wurde – notfalls auch gerichtlich.


5. Was bedeutet das für Sie?

Wenn Sie Mitglied in einem Betriebsrat oder einer Einigungsstelle sind, sollten Sie den Stichentscheid unbedingt kennen. Er sorgt dafür, dass Ihr Gremium handlungsfähig bleibt – gerade in schwierigen Abstimmungen. Gleichzeitig lohnt es sich, die Regeln genau zu prüfen, um rechtliche Fehler zu vermeiden. Im Zweifel kann ein erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht helfen, Ihre Rechte zu sichern und Konflikte im Gremium zu klären.

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