Gibt es ein Punktesystem zur Sozialauswahl?

Einleitung

Viele Arbeitnehmer fragen sich, ob es ein Punktesystem zur Sozialauswahl gibt und ob dieses verbindlich ist. Besonders bei betriebsbedingten Kündigungen spielt die Sozialauswahl eine zentrale Rolle. Aber was bedeutet das genau – und wie wird entschieden, wer gehen muss und wer bleiben darf?


1. Was bedeutet Sozialauswahl eigentlich?

Die Sozialauswahl ist ein gesetzlich vorgeschriebenes Verfahren bei betriebsbedingten Kündigungen. Nach § 1 Abs. 3 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) muss der Arbeitgeber unter vergleichbaren Arbeitnehmern die sozialen Gesichtspunkte berücksichtigen. Dazu zählen:

  • Betriebszugehörigkeit
  • Lebensalter
  • Unterhaltspflichten (z. B. Kinder)
  • Schwerbehinderung

Ziel ist es, den sozial stärksten Arbeitnehmer zu kündigen, um den sozial Schwächeren den Arbeitsplatz zu erhalten.


2. Gibt es ein Punktesystem zur Sozialauswahl?

Das Gesetz selbst schreibt kein festes Punktesystem vor. Arbeitgeber dürfen aber freiwillig ein transparentes Punkteschema nutzen, um die vier Kriterien zu gewichten und nachvollziehbar zu machen. Viele Unternehmen orientieren sich an anerkannten Mustern. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat wiederholt entschieden, dass Punktesysteme zulässig sind, solange sie die gesetzlichen Kriterien widerspiegeln (z. B. BAG, Urteil vom 06.11.2008 – 2 AZR 523/07).


3. Wie wird das Punktesystem angewendet?

Ein typisches Beispiel:

  • Pro Dienstjahr erhält ein Arbeitnehmer 1 Punkt.
  • Für jedes unterhaltspflichtige Kind 4 Punkte.
  • Für jedes Lebensjahr 0,5 Punkte.
  • Eine anerkannte Schwerbehinderung kann zusätzlich gewertet werden.

Die Punkte werden addiert. Der Mitarbeiter mit den wenigsten Punkten gilt dann als sozial am stärksten und müsste vorrangig gekündigt werden.

Wichtig: Das Punktesystem muss auf die konkrete Belegschaft und die betrieblichen Besonderheiten abgestimmt sein. Der Betriebsrat kann hier mitwirken (§ 95 BetrVG).

🔹 Unser Tipp: Prüfen Sie genau, ob das Punktesystem alle relevanten sozialen Daten berücksichtigt. Fehler hier können die Kündigung angreifbar machen.


4. Was können Sie tun, wenn Sie die Sozialauswahl anzweifeln?

Viele Kündigungen scheitern vor Gericht, weil die Sozialauswahl fehlerhaft war. Sie haben das Recht, die Sozialauswahl prüfen zu lassen. Im Zweifel können Sie Kündigungsschutzklage erheben – dabei wird das Punktesystem mit allen Kriterien überprüft.

Das BAG hat klargestellt: Der Arbeitgeber muss die Auswahl begründen können (BAG, Urteil vom 27.09.2012 – 2 AZR 516/11).


Was bedeutet das für Sie?

Die Sozialauswahl schützt Sie als Arbeitnehmer – aber nur, wenn sie korrekt durchgeführt wird. Ein Punktesystem kann dabei helfen, ist aber nicht zwingend vorgeschrieben. Wenn Sie das Gefühl haben, dass bei Ihrer Kündigung nicht fair ausgewählt wurde, sollten Sie schnell handeln. Wir unterstützen Sie gern dabei, Ihre Chancen zu prüfen und Ihre Rechte durchzusetzen.

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