Kann ich einen unterschriebenen Aufhebungsvertrag anfechten?

Einleitung

Einmal unterschrieben – und alles ist vorbei?
Viele Arbeitnehmer sind überrascht, wie verbindlich ein Aufhebungsvertrag sein kann. Doch was ist, wenn man sich unter Druck gesetzt fühlte? Oder getäuscht wurde? Kann man einen Aufhebungsvertrag nachträglich anfechten?

Die kurze Antwort: Ja, aber nur unter sehr engen Voraussetzungen. In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen, wann eine Anfechtung rechtlich möglich ist – und wann Sie besser professionelle Hilfe in Anspruch nehmen sollten.


1. Was ist ein Aufhebungsvertrag überhaupt?

Ein Aufhebungsvertrag beendet das Arbeitsverhältnis einvernehmlich – ohne Kündigung. Arbeitgeber und Arbeitnehmer regeln dabei das Ende des Arbeitsverhältnisses vertraglich, oft mit einer Abfindung, einer Freistellung oder einem qualifizierten Arbeitszeugnis.

Im Unterschied zur Kündigung braucht ein Aufhebungsvertrag keine Frist und keinen Kündigungsgrund. Aber: Hat man ihn einmal unterschrieben, ist er verbindlich (§ 311 BGB).


2. Warum ist eine Anfechtung so schwierig?

Die Anforderungen für eine Anfechtung sind hoch. Ein bloßes „Ich habe es mir anders überlegt“ reicht nicht aus. Denn das Arbeitsrecht geht davon aus, dass Sie den Vertrag freiwillig und wohlüberlegt abgeschlossen haben.

Eine Anfechtung ist nur möglich, wenn Sie sich bei Vertragsschluss geirrt haben (§ 119 BGB), getäuscht wurden (§ 123 BGB) oder widerrechtlich bedroht wurden.


3. In welchen Fällen kann ein Aufhebungsvertrag angefochten werden?

Die Rechtsprechung erkennt nur wenige Gründe an, zum Beispiel:

a) Täuschung:
Der Arbeitgeber behauptet z. B., Sie würden ohnehin betriebsbedingt gekündigt – obwohl gar kein Kündigungsgrund vorliegt.

b) Drohung:
Man setzt Sie unter Druck – z. B. mit der Polizei oder einer fristlosen Kündigung – und Sie unterschreiben aus Angst.

👉 Beispiel: Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass eine Drohung mit einer fristlosen Kündigung nur dann eine Anfechtung rechtfertigt, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam wäre (BAG, Urteil vom 15.12.2005 – 6 AZR 197/05).

c) Irrtum:
Sie glauben, eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld tritt nicht ein – obwohl man Ihnen das bewusst verschwiegen hat. Hier kommt evtl. arglistige Täuschung in Betracht.


4. Fristen und Formalien bei der Anfechtung

Eine Anfechtung muss unverzüglich erfolgen – also „ohne schuldhaftes Zögern“ (§ 121 BGB). In der Praxis heißt das: Innerhalb weniger Tage, nachdem Sie von dem Anfechtungsgrund erfahren haben.

Die Anfechtung muss gegenüber dem Arbeitgeber erklärt werden – idealerweise schriftlich und mit klarer Begründung.

Im Zweifel kann ein Anwalt beurteilen, ob sich eine Anfechtung überhaupt lohnt – und ob sie auch gerichtlich Bestand hätte.

🔹 Unser Tipp: Wenn Sie glauben, zur Unterschrift gedrängt worden zu sein: Reagieren Sie sofort und holen Sie sich rechtlichen Rat.


5. Was tun, wenn der Arbeitgeber nicht einlenkt?

Wenn der Arbeitgeber Ihre Anfechtung nicht akzeptiert, bleibt nur der Gang zum Arbeitsgericht. Dort wird dann geprüft, ob die Voraussetzungen der Anfechtung tatsächlich vorliegen.

Achtung: Während des Verfahrens besteht Unsicherheit – und die Agentur für Arbeit kann trotzdem eine Sperrzeit beim ALG I verhängen.


6. Unser Fazit zum Schluss

Ein unterschriebener Aufhebungsvertrag lässt sich nur in Ausnahmefällen anfechten – etwa bei Drohung, Täuschung oder Irrtum. Dabei zählt nicht das subjektive Gefühl, sondern harte rechtliche Fakten.

Wenn Sie Zweifel haben, wie der Vertrag zustande gekommen ist: Lassen Sie ihn unverzüglich von einem spezialisierten Anwalt prüfen. Wir helfen Ihnen gerne dabei.

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