Wann ist eine Kündigung sittenwidrig?

Einleitung

„Ich werde gekündigt – aber nicht aus betrieblichen oder verhaltensbedingten Gründen, sondern weil mein Chef mich nicht leiden kann?“
Wenn eine Kündigung auf verwerflichen oder menschenunwürdigen Motiven beruht, kann sie sittenwidrig sein – und damit von Anfang an nichtig.

Doch: Sittenwidrigkeit ist nicht leicht zu beweisen. Die Gerichte prüfen streng, ob die Kündigung tatsächlich gegen das Anstandsgefühl aller rechtlich und moralisch Denkenden verstößt. In diesem Beitrag erfahren Sie, wann eine Kündigung sittenwidrig ist, welche Beispiele die Rechtsprechung kennt – und wie Sie sich effektiv wehren können.


1. Was bedeutet „sittenwidrige Kündigung“?

Eine sittenwidrige Kündigung ist nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn sie gegen die „guten Sitten“ verstößt.
Das heißt: Die Kündigung ist so unangemessen oder verwerflich, dass sie mit den Grundwerten der Rechtsordnung unvereinbar ist.

Typische Merkmale:

  • Persönlich ehrverletzend
  • Diskriminierend oder rachsüchtig
  • Motiviert durch reine Schikane
  • Verletzung der Menschenwürde

2. Gesetzliche Grundlage: § 138 BGB

Die zentrale Vorschrift lautet:

§ 138 Abs. 1 BGB: Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

Das gilt auch für einseitige Rechtsgeschäfte wie Kündigungen.
Eine sittenwidrige Kündigung ist damit automatisch unwirksamohne dass Fristen abgewartet oder zusätzliche Voraussetzungen erfüllt sein müssten.

Allerdings: Sie müssen im Streitfall darlegen und beweisen, dass die Kündigung tatsächlich auf sittenwidrigen Motiven beruht.

🔹 Unser Tipp: Dokumentieren Sie belastende Aussagen, E-Mails, Verhaltensweisen oder Zeugen frühzeitig – das erhöht die Erfolgsaussicht.


3. Beispiele für sittenwidrige Kündigungen

Die Rechtsprechung erkennt Sittenwidrigkeit nur in extremen Ausnahmefällen an. Beispiele aus der Praxis:

  • Kündigung wegen Heirat mit einem Menschen anderer Nationalität oder Religion
  • Kündigung, um ältere Arbeitnehmer gezielt loszuwerden
  • Kündigung unmittelbar nach schwerem Arbeitsunfall – aus „Kosteninteresse“
  • Kündigung mit dem Ziel, dem Arbeitnehmer persönlich zu schaden oder ihn zu demütigen
  • Rachekündigung, z. B. weil der Arbeitnehmer auf Zahlung von Mindestlohn bestand
  • Kündigung aufgrund politischer, ethnischer oder sexueller Orientierung

Beispiel:
Ein Arbeitgeber kündigte einem Arbeitnehmer unmittelbar nach dessen Krebsdiagnose mit dem Hinweis: „Wir brauchen keine Krüppel.“ – Das Arbeitsgericht hielt die Kündigung für sittenwidrig und nichtig.


4. Abgrenzung zur treuwidrigen Kündigung (§ 242 BGB)

Neben der Sittenwidrigkeit gibt es die sogenannte treuwidrige Kündigung, die gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt.

Beispielhafte Fälle:

  • Kündigung während laufender Wiedereingliederung ohne Anlass
  • Kündigung kurz nach Rückkehr aus der Elternzeit, obwohl Rückkehr vorher zugesichert wurde
  • Kündigung unter bewusster Täuschung oder mit vorgeschobenen Gründen

Unterschied:

  • Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) = besonders krasse Fälle
  • Treu- und Glaubenswidrigkeit (§ 242 BGB) = unfaire, aber weniger extreme Konstellationen

🔹 Unser Tipp: Lassen Sie immer prüfen, ob Ihre Kündigung zumindest treuwidrig ist – der Nachweis ist oft einfacher als bei Sittenwidrigkeit.


5. Wie können Sie sich gegen eine sittenwidrige Kündigung wehren?

Auch hier gilt:
Sie müssen innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage einreichen (§ 4 KSchG) – sonst wird auch eine sittenwidrige Kündigung wirksam, selbst wenn sie objektiv rechtswidrig war.

Wichtig:

✅ Vorfälle, Aussagen oder Mails dokumentieren
✅ Zeugen sichern
✅ Rechtsbeistand einschalten – frühzeitig
✅ Alternativen prüfen (z. B. Vergleich, Wiedereinstellung, Abfindung)

In besonders schweren Fällen können Sie zusätzlich Schmerzensgeld oder Schadensersatz geltend machen – etwa bei Rufschädigung oder gezielter Demütigung.


6. Unser Fazit: Selten – aber oft erfolgreich angreifbar

Eine Kündigung ist nicht automatisch sittenwidrig, nur weil sie verletzend oder unangenehm ist.
Aber: Wenn klar wird, dass menschenverachtende oder diskriminierende Motive im Spiel waren, stehen Ihre Chancen vor Gericht sehr gut.

Wir helfen Ihnen, Ihre Rechte durchzusetzen – und dafür zu sorgen, dass Unrecht nicht stehen bleibt.

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