Inhalt
Einleitung
Viele Arbeitnehmer fragen sich: Wann ist eine Kündigung wegen Krankheit zulässig? Krank zu sein, liegt meist nicht in der eigenen Hand – umso größer ist die Sorge, den Arbeitsplatz zu verlieren. Das Gesetz sieht jedoch strenge Voraussetzungen für eine personenbedingte Kündigung wegen Krankheit vor (§ 1 Abs. 2 KSchG). Wann diese greift, welche Rechte Sie haben und wann es sich lohnt, sich zu wehren, erklären wir hier.
1. Wann ist eine Kündigung wegen Krankheit grundsätzlich zulässig?
Eine Kündigung wegen Krankheit fällt unter die personenbedingte Kündigung. Arbeitgeber können diese aussprechen, wenn der Arbeitnehmer wegen gesundheitlicher Einschränkungen dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, seine vertraglich geschuldete Arbeit zu leisten. Die Rechtsprechung setzt hier hohe Hürden: Der Arbeitgeber muss darlegen und beweisen, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für ihn unzumutbar ist.
Merksatz: Eine Kündigung wegen Krankheit ist nur als letzte Möglichkeit zulässig.
2. Die drei Voraussetzungen der krankheitsbedingten Kündigung
Die arbeitsgerichtliche Praxis (vgl. BAG, Urteil vom 20.11.2014 – 2 AZR 755/13) verlangt drei Prüfungen:
- Negative Gesundheitsprognose: Es muss anzunehmen sein, dass der Arbeitnehmer auch künftig dauerhaft oder immer wieder arbeitsunfähig sein wird.
- Erhebliche betriebliche Beeinträchtigung: Die Fehlzeiten müssen zu erheblichen Störungen des Betriebsablaufs oder hohen Entgeltfortzahlungskosten führen.
- Interessenabwägung: Das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung muss das des Arbeitnehmers am Erhalt des Arbeitsplatzes überwiegen.
Merksatz: Alle drei Voraussetzungen müssen vorliegen – fehlt eine, ist die Kündigung unwirksam.
3. Negative Gesundheitsprognose: Worauf es ankommt
Die wichtigste Voraussetzung ist die sogenannte negative Gesundheitsprognose. Das bedeutet: Es muss wahrscheinlich sein, dass Sie auch in Zukunft arbeitsunfähig sein werden. Die Prognose basiert auf dem bisherigen Krankheitsverlauf, ärztlichen Attesten und ggf. einer betriebsärztlichen Stellungnahme.
Beispiel: Bei häufigen Kurzerkrankungen wird meist auf die Fehlzeiten der letzten drei Jahre geschaut. (BAG, Urteil vom 20.11.2014 – 2 AZR 755/13)
Merksatz: Je länger und häufiger Sie krank waren, desto eher sehen Gerichte eine negative Prognose.
4. Betriebliche Interessen: Wann entsteht eine erhebliche Beeinträchtigung?
Nicht jede Krankheit rechtfertigt sofort eine Kündigung. Der Arbeitgeber muss darlegen, dass die Krankheit den Betrieb erheblich stört – zum Beispiel durch hohe Lohnfortzahlungskosten (§ 3 EFZG) oder erhebliche Organisationsprobleme bei Vertretungen.
Beispiel: Ein Mitarbeiter fällt seit Jahren immer wieder mehrere Wochen pro Jahr aus – der Arbeitgeber kann das nicht mehr durch Kollegen kompensieren.
Merksatz: Ohne konkrete betriebliche Beeinträchtigung ist eine Kündigung nicht haltbar.
5. Interessenabwägung: Was spricht für den Arbeitnehmer?
Selbst wenn die ersten beiden Voraussetzungen vorliegen, muss der Arbeitgeber prüfen, ob eine Weiterbeschäftigung zumutbar ist. Dazu gehört auch, ob mildere Mittel möglich sind, z. B. Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz, Teilzeit, betriebliche Eingliederungsmaßnahmen (BEM nach § 167 Abs. 2 SGB IX). Das Bundesarbeitsgericht betont: Das BEM ist kein Muss, aber die unterlassene Durchführung kann die Kündigung scheitern lassen (BAG, Urteil vom 20.11.2014 – 2 AZR 755/13).
Merksatz: Ohne ernsthaften Versuch, mildere Mittel zu prüfen, hat die Kündigung schlechte Karten.
6. Unser Fazit zum Schluss
Eine Kündigung wegen Krankheit ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig und vor Gericht schwer durchzusetzen. Arbeitgeber müssen jede Bedingung lückenlos belegen. Viele Kündigungen scheitern schon an der fehlerhaften Prognose oder daran, dass kein BEM durchgeführt wurde.
Unser Tipp: Lassen Sie eine Kündigung wegen Krankheit immer von einem spezialisierten Anwalt prüfen. Wir helfen Ihnen gern dabei, Ihre Chancen einzuschätzen und sich zu wehren.
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