Inhalt
Einleitung
Ein Aufhebungsvertrag oder sogar eine Kündigung kann mit hohem Druck einhergehen. Doch was ist, wenn der Arbeitgeber dabei zu unlauteren Mitteln greift – etwa durch Täuschung oder Drohung? Viele Arbeitnehmer wissen nicht, dass sie in solchen Fällen ein Anfechtungsrecht haben – und damit die Möglichkeit, die Erklärung rückwirkend unwirksam zu machen. Wir erklären, wann eine Anfechtung greift, welche Fristen gelten und warum Sie in solchen Situationen rechtlichen Rat einholen sollten.
1. Täuschung und Drohung im Arbeitsrecht – worum geht es?
Im Arbeitsrecht gelten wie im allgemeinen Zivilrecht die Vorschriften des § 123 BGB: Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung bestimmt wurde, kann diese anfechten.
Gerade beim Abschluss eines Aufhebungsvertrags oder beim Einverständnis in eine Kündigung durch Druckmittel wird diese Vorschrift relevant. Die Praxis zeigt: Unfaire Tricks, übertriebene Einschüchterung oder Falschinformationen sind keine Seltenheit.
Merksatz: Wer sich durch Täuschung oder Drohung zu einer Erklärung gedrängt fühlt, kann diese unter bestimmten Voraussetzungen anfechten.
2. Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 Abs. 1 BGB)
Eine arglistige Täuschung liegt vor, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorsätzlich über wesentliche Tatsachen täuscht, um ihn zur Abgabe einer Erklärung (z. B. Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags) zu bewegen.
Beispiele:
- Der Arbeitgeber behauptet, der Mitarbeiter könne sonst fristlos gekündigt werden, obwohl dafür keine Grundlage besteht.
- Es wird verschwiegen, dass bei einer Eigenkündigung eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld droht.
- Der Arbeitgeber gibt vor, es gebe keine andere Möglichkeit als den Aufhebungsvertrag – obwohl eine Weiterbeschäftigung realistisch ist.
Merksatz: Wer getäuscht wird, kann anfechten – aber nur, wenn die Täuschung vorsätzlich und erheblich war.
3. Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung (§ 123 Abs. 1 BGB)
Eine widerrechtliche Drohung liegt vor, wenn jemand zu einer Erklärung gedrängt wird, indem ihm ein empfindliches Übel in Aussicht gestellt wird – ohne dass die Drohung rechtlich zulässig ist.
Typisches Beispiel:
„Unterschreiben Sie den Aufhebungsvertrag – sonst kündigen wir Ihnen fristlos.“
Eine solche Aussage kann eine widerrechtliche Drohung darstellen, wenn die angedrohte Kündigung objektiv nicht gerechtfertigt wäre. Entscheidend ist also, ob ein verständiger Arbeitgeber tatsächlich mit einer solchen Kündigung hätte drohen dürfen.
🔹 Unser Tipp: Lassen Sie sich bei einer vermeintlich „freiwilligen“ Vertragsunterschrift nie unter Druck setzen – und holen Sie sich rechtzeitig anwaltlichen Beistand.
4. Besonderheiten beim Aufhebungsvertrag
Gerade bei Aufhebungsverträgen ist das Risiko von Täuschung oder Drohung hoch. Denn:
- Es gibt keine gesetzliche Widerrufsfrist, anders als beim Verbrauchervertrag.
- Der Vertrag gilt sofort nach Unterschrift – auch wenn man sich überrumpelt fühlte.
- Eine Rücknahme ist nur durch Anfechtung oder nachweisbaren Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) möglich.
Das Bundesarbeitsgericht ist hier streng: Es hat z. B. entschieden, dass eine emotionale Drucksituation allein nicht ausreicht – es braucht konkrete Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Beeinflussung (BAG, Urteil vom 24.02.2022 – 6 AZR 333/21).
Merksatz: Ein Aufhebungsvertrag ist verbindlich – außer Sie wurden getäuscht oder rechtswidrig unter Druck gesetzt.
5. Fristen und Vorgehensweise bei der Anfechtung
Die Anfechtung muss unverzüglich erfolgen, sobald Sie von dem Anfechtungsgrund erfahren (§ 124 BGB). In der Regel bedeutet das: innerhalb weniger Tage, maximal ein bis zwei Wochen nach Entdeckung der Täuschung oder Drohung.
So gehen Sie vor:
- Sachverhalt rekonstruieren (Gedächtnisprotokoll, Zeugen, Mails etc.)
- Anwalt einschalten
- Schriftliche Anfechtungserklärung gegenüber dem Arbeitgeber
- Ggf. Klage vor dem Arbeitsgericht auf Feststellung der Unwirksamkeit
Merksatz: Wer zu lange wartet, verliert sein Recht zur Anfechtung – also handeln Sie schnell.
6. Auswirkungen einer erfolgreichen Anfechtung
Wird eine Kündigung oder ein Aufhebungsvertrag erfolgreich angefochten, gilt die Erklärung als von Anfang an unwirksam. Das bedeutet:
- Das Arbeitsverhältnis besteht fort
- Eine eventuell ausgesprochene Kündigung entfällt
- Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Nachzahlung von Lohn und ggf. Rückkehr an den Arbeitsplatz
Aber: Der Arbeitgeber kann im Anschluss versuchen, eine neue – diesmal wirksame – Kündigung auszusprechen.
🔹 Unser Tipp: Eine Anfechtung kann die Tür öffnen, um eine bessere Abfindung oder Reintegration zu verhandeln – idealerweise mit anwaltlicher Begleitung.
7. Unser Fazit zum Schluss
Wenn Sie den Eindruck haben, bei Ihrer Kündigung oder beim Aufhebungsvertrag getäuscht oder unter Druck gesetzt worden zu sein, sollten Sie das nicht einfach hinnehmen. Die Rechtslage gibt Ihnen klare Schutzmechanismen an die Hand – aber diese greifen nur, wenn Sie rechtzeitig aktiv werden.
Wir unterstützen Sie gern dabei, die Erfolgsaussichten einer Anfechtung realistisch einzuschätzen und Ihre Rechte konsequent durchzusetzen. Melden Sie sich einfach – wir sind für Sie da.
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