Was ist das Prognoseprinzip?

Einleitung

Viele Arbeitnehmer fragen sich, was das Prognoseprinzip ist und warum es in arbeitsrechtlichen Kündigungsverfahren immer wieder eine zentrale Rolle spielt. Das Prognoseprinzip ist vor allem bei personenbedingten Kündigungen von Bedeutung – zum Beispiel bei krankheitsbedingten Kündigungen. Es entscheidet darüber, ob eine Kündigung sozial gerechtfertigt ist oder nicht.


1. Was bedeutet das Prognoseprinzip?

Das Prognoseprinzip besagt, dass für die Wirksamkeit einer Kündigung nicht nur die Umstände in der Vergangenheit entscheidend sind, sondern vor allem eine vorausschauende Einschätzung, ob das Arbeitsverhältnis auch künftig erheblich beeinträchtigt sein wird. Die Prognose muss auf objektiven Tatsachen beruhen.

Das Gesetz selbst enthält keine ausdrückliche Regelung zum Prognoseprinzip, es wurde jedoch durch die Rechtsprechung entwickelt – vor allem im Zusammenhang mit § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG).


2. Wo spielt das Prognoseprinzip im Arbeitsrecht eine Rolle?

Besonders wichtig ist das Prognoseprinzip bei personenbedingten Kündigungen, also bei Kündigungen, die auf Gründen beruhen, die in der Person des Arbeitnehmers liegen. Ein typisches Beispiel ist die krankheitsbedingte Kündigung.

Hier wird geprüft, ob künftig mit weiteren erheblichen Fehlzeiten zu rechnen ist (sog. negative Gesundheitsprognose).

Auch bei leistungsgeminderter Arbeitsfähigkeit oder bei Kündigungen wegen einer Entzugsmaßnahme bei Sucht spielt die Prognose eine entscheidende Rolle.


3. Wie wird die Prognose gebildet?

Die Prognose muss sich auf eine fundierte Tatsachengrundlage stützen. Bei krankheitsbedingten Kündigungen zum Beispiel wird geprüft:

  • Wie häufig und wie lange war der Arbeitnehmer in den letzten Jahren krank?
  • Gibt es ärztliche Gutachten oder Einschätzungen zur zukünftigen Entwicklung?
  • Wurden alle milderen Mittel geprüft, z. B. ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)?

Die Rechtsprechung verlangt dabei eine umfassende Interessenabwägung zwischen den Belangen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers.

🔹 Unser Tipp: Arbeitgeber müssen ihre Prognose sorgfältig darlegen und beweisen können – für Arbeitnehmer kann es sich lohnen, hier Widersprüche aufzudecken.


4. Was sagt die Rechtsprechung zum Prognoseprinzip?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat das Prognoseprinzip mehrfach bestätigt. Ein klassisches Beispiel ist die Entscheidung des BAG vom 20.06.2019 – 2 AZR 456/18. Dort ging es um die Frage, ob eine negative Gesundheitsprognose vorliegt. Das BAG stellte klar, dass frühere Erkrankungen allein nicht genügen – entscheidend ist, ob auch künftig mit erheblichen Beeinträchtigungen zu rechnen ist.

Zudem betont die Rechtsprechung immer wieder die Bedeutung des betrieblichen Eingliederungsmanagements (§ 167 Abs. 2 SGB IX): Ein BEM kann helfen, die Prognose zu verbessern.


5. Unser Fazit zum Schluss

Das Prognoseprinzip ist für viele Kündigungsschutzverfahren ein zentrales Kriterium. Als Arbeitnehmer sollten Sie wissen: Allein frühere Fehlzeiten oder Leistungsminderungen rechtfertigen eine Kündigung nicht automatisch. Entscheidend ist, ob Ihr Arbeitgeber eine stichhaltige Prognose über künftige Belastungen vorweisen kann.

Haben Sie Zweifel, ob Ihre Kündigung rechtmäßig ist? Lassen Sie Ihre Situation individuell prüfen – wir unterstützen Sie gern dabei, Ihre Rechte zu sichern.

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