Inhalt
Einleitung
Viele Arbeitnehmer sind überrascht, wenn die Kündigung nicht direkt vom Arbeitgeber selbst ausgeht, sondern scheinbar auf Druck von außen erfolgt. „Die Kollegen wollen nicht mehr mit Ihnen arbeiten – wir müssen uns trennen.“ Solche Aussagen deuten auf eine sogenannte Druckkündigung hin.
Aber: Darf der Arbeitgeber wirklich kündigen, nur weil andere das fordern? Wir erklären, was hinter dem Begriff steckt – und wie Sie sich dagegen wehren können.
1. Was bedeutet „Druckkündigung“?
Eine Druckkündigung liegt vor, wenn Dritte – etwa Kollegen, Kunden oder Geschäftspartner – mit Kündigung drohen, falls ein bestimmter Arbeitnehmer weiter beschäftigt wird. Der Arbeitgeber steht also unter dem Druck anderer und spricht deshalb die Kündigung aus.
Typische Konstellationen:
- Kollegen drohen mit Kündigung, wenn ein bestimmter Mitarbeiter bleibt
- Kunden fordern die Abberufung eines Beschäftigten
- Der Betriebsfrieden ist durch das Verhalten eines Arbeitnehmers gestört
In all diesen Fällen stellt sich die Frage: Ist der Druck so erheblich, dass eine Kündigung arbeitsrechtlich gerechtfertigt ist?
Merksatz: Bei der Druckkündigung kündigt der Arbeitgeber nicht freiwillig, sondern weil Dritte dies fordern.
2. Wann ist eine Druckkündigung zulässig?
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat klare Kriterien entwickelt, wann eine Druckkündigung gerechtfertigt sein kann (z. B. BAG, Urteil vom 19.07.2016 – 2 AZR 637/15):
✅ Der Arbeitgeber muss alle zumutbaren Mittel ausschöpfen, um den Konflikt anders zu lösen
✅ Die Drohungen der Dritten müssen glaubhaft und ernsthaft sein
✅ Eine Weiterbeschäftigung muss für den Arbeitgeber unzumutbar sein
✅ Es darf keine andere Lösung als die Kündigung geben
Oft gibt es mildere Mittel – z. B. Versetzungen, Mediation oder Umstrukturierungen. Nur wenn diese scheitern oder von vornherein ausscheiden, kann eine Druckkündigung überhaupt in Betracht kommen.
Merksatz: Eine Druckkündigung ist nur zulässig, wenn der Arbeitgeber keine andere Möglichkeit hat, den Druck abzuwehren.
3. Welche Anforderungen stellt die Rechtsprechung?
Die Anforderungen an eine wirksame Druckkündigung sind hoch – denn sonst könnten Arbeitnehmer durch Gruppendruck unrechtmäßig aus dem Job gedrängt werden.
Das Bundesarbeitsgericht verlangt daher:
- Der Arbeitgeber muss aktiv versuchen, die Dritten vom Kündigungswunsch abzubringen.
- Er darf sich nicht zum „Erfüllungsgehilfen“ fremder Kündigungsforderungen machen.
- Der Kündigungsentschluss muss auf einer eigenen Interessenabwägung beruhen – nicht auf blindem Nachgeben.
In einem Fall etwa hielten Kolleg*innen die Weiterbeschäftigung eines früheren Strafgefangenen für unzumutbar. Das BAG erklärte die Kündigung für unwirksam, weil der Arbeitgeber nicht ausreichend versucht hatte, die Belegschaft aufzuklären und zu befrieden (BAG, Urteil vom 28.06.2007 – 2 AZR 527/06).
Merksatz: Der Arbeitgeber muss beweisen, dass er sich ernsthaft um eine andere Lösung bemüht hat – sonst ist die Kündigung unwirksam.
4. Was tun, wenn Sie betroffen sind?
Wenn Sie eine Kündigung erhalten haben und Hinweise darauf bestehen, dass der Druck von außen kam, sollten Sie hellhörig werden. Häufig ist eine Druckkündigung vor Gericht angreifbar.
Unsere Empfehlung:
- Fragen Sie nach den genauen Gründen für die Kündigung
- Dokumentieren Sie Aussagen von Kollegen oder Vorgesetzten
- Reichen Sie innerhalb von 3 Wochen Kündigungsschutzklage ein (§ 4 KSchG)
- Holen Sie sich anwaltliche Unterstützung, um die Wirksamkeit der Kündigung zu prüfen
🔹 Unser Tipp: Eine Druckkündigung kann oft erfolgreich angegriffen werden – lassen Sie Ihre Chancen anwaltlich prüfen.
Unser Fazit zum Schluss
Eine Druckkündigung wirkt auf den ersten Blick wie eine Ausnahmesituation. In Wahrheit gelten hier besonders strenge Regeln – denn der Gesetzgeber will verhindern, dass Arbeitgeber „auf Zuruf“ kündigen. Wenn Sie betroffen sind: Zögern Sie nicht, sich rechtlich beraten zu lassen.
Wir sind für Sie da! Kontaktieren Sie uns jetzt: