Inhalt
Einleitung
„Entweder er geht – oder wir gehen!“
Solche Sätze hören Arbeitgeber manchmal von Kollegen, Kunden oder sogar Geschäftspartnern. Und plötzlich sehen sich Arbeitnehmer mit einer Kündigung konfrontiert – nicht wegen eines Fehlverhaltens, sondern weil andere sie loswerden wollen.
In diesem Fall spricht man von einer Druckkündigung. Sie ist arbeitsrechtlich hochproblematisch – aber unter bestimmten Umständen zulässig.
Was das bedeutet, wie Gerichte solche Fälle bewerten und was Sie tun können, wenn Sie betroffen sind, lesen Sie hier.
1. Was bedeutet „Druckkündigung“?
Eine Druckkündigung liegt vor, wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer kündigt, weil Dritte – insbesondere Kollegen, Vorgesetzte oder Kunden – dies fordern oder massive Konsequenzen androhen, falls die Person nicht entlassen wird.
Es handelt sich also nicht um eine Kündigung wegen Ihres Verhaltens oder betrieblicher Gründe, sondern um eine Reaktion auf fremden Druck.
Merksatz: Bei einer Druckkündigung reagiert der Arbeitgeber nicht auf Ihr Verhalten – sondern auf Drohungen oder Forderungen anderer.
2. Welche Voraussetzungen gelten bei einer Druckkündigung?
Das Bundesarbeitsgericht hat klare Anforderungen entwickelt, unter denen eine Druckkündigung ausnahmsweise zulässig ist (z. B. BAG, Urteil vom 18.06.2015 – 2 AZR 256/14):
✅ Es muss ein erheblicher wirtschaftlicher oder betrieblicher Schaden drohen, wenn die Kündigung nicht erfolgt (z. B. Auftragsverlust, kollektive Kündigungsdrohung der Belegschaft).
✅ Der Arbeitgeber muss alles Zumutbare unternehmen, um den Druck abzuwenden, statt sofort zu kündigen (z. B. Gespräche, Aufklärung, Vermittlung).
✅ Die Kündigung darf nur das letzte Mittel sein („ultima ratio“).
❌ Eine Kündigung ist nicht zulässig, wenn der Druck auf sachlich unbegründeten Vorwürfen oder Vorurteilen beruht – z. B. bloßen Gerüchten, Neid oder Mobbing.
🔹 Unser Tipp: Viele Druckkündigungen sind rechtlich angreifbar – weil Arbeitgeber sich vorschnell dem Druck beugen.
3. Wer übt eigentlich den Druck aus – und warum?
Druck kann entstehen durch:
- Kollegen, die nicht mehr mit dem Arbeitnehmer zusammenarbeiten wollen
- Vorgesetzte, die sich bedroht fühlen oder Konflikte nicht anders lösen können
- Kunden oder Geschäftspartner, die mit dem Verhalten einer bestimmten Person unzufrieden sind
Oft sind es auch Vorurteile, persönliche Abneigungen oder Missverständnisse, die eskalieren.
Wichtig ist:
Der Arbeitgeber darf sich nicht zum Erfüllungsgehilfen eines unberechtigten „Mobbing-Mobs“ machen.
Merksatz: Druck von außen entbindet den Arbeitgeber nicht von seiner Verantwortung – er muss erst versuchen, die Situation zu deeskalieren.
4. Was sagt das Bundesarbeitsgericht zur Druckkündigung?
Die Rechtsprechung ist eindeutig:
„Der Arbeitgeber darf dem Verlangen Dritter nicht ungeprüft nachgeben.“
– BAG, Urteil vom 19.07.2012 – 2 AZR 782/11
Die Gerichte fordern:
- Eine sorgfältige Prüfung der Vorwürfe
- Den Versuch einer Konfliktlösung
- Eine nachvollziehbare Abwägung der Interessen
Fehlt es an diesen Punkten, ist die Kündigung in der Regel sozial ungerechtfertigt im Sinne des § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) – und damit unwirksam.
🔹 Unser Tipp: Lassen Sie prüfen, ob der Arbeitgeber wirklich versucht hat, die Situation anders zu lösen – oder ob er nur „dem Druck nachgegeben“ hat.
5. Wie können sich Arbeitnehmer gegen eine Druckkündigung wehren?
Wie bei jeder Kündigung gilt:
Sie haben drei Wochen Zeit, um Kündigungsschutzklage zu erheben (§ 4 KSchG).
Wichtige Angriffspunkte:
- Keine eigene Pflichtverletzung
- Vorwürfe unbegründet oder nicht bewiesen
- Druck von Dritten war widerlegbar
- Arbeitgeber hat Alternativen nicht ausgeschöpft
In vielen Fällen gelingt es, die Kündigung zu Fall zu bringen – oder zumindest eine Abfindung und ein gutes Arbeitszeugnis auszuhandeln.
🔹 Unser Tipp: Dokumentieren Sie möglichst alles – Mails, Gespräche, Zeugen – und holen Sie sich schnell rechtliche Unterstützung.
6. Unser Fazit: Ihre Rechte bei Kündigung unter Druck
Die Druckkündigung ist ein juristischer Grenzfall – oft unwirksam, aber für Arbeitnehmer besonders belastend, weil sie mit Misstrauen und Ausgrenzung einhergeht.
Wenn Sie betroffen sind, sollten Sie nicht schweigen, sondern Ihre Rechte aktiv verteidigen.
Wir unterstützen Sie dabei – mit rechtlichem Know-how, strategischem Blick und dem Ziel, dass Sie gestärkt aus der Situation hervorgehen.
Wir sind für Sie da! Kontaktieren Sie uns jetzt: