Was ist eine Kündigung zur Unzeit?

Einleitung

Viele Arbeitnehmer erleben es als besonders unfair, wenn ihnen in einem sehr sensiblen Moment gekündigt wird – etwa kurz nach einem Todesfall in der Familie oder direkt vor Weihnachten. In solchen Situationen ist oft von einer „Kündigung zur Unzeit“ die Rede. Doch was heißt das eigentlich genau – und: Ist eine solche Kündigung automatisch unwirksam?


1. Was bedeutet „Kündigung zur Unzeit“?

Der Begriff „Kündigung zur Unzeit“ ist kein fest definierter juristischer Fachbegriff. Gemeint ist damit, dass die Kündigung in einem Moment ausgesprochen wurde, der für den Gekündigten menschlich besonders belastend oder sozial unangemessen erscheint.

Typische Beispiele:

  • Kündigung am Heiligabend oder Silvester
  • Kündigung unmittelbar nach einem Todesfall in der Familie
  • Kündigung während schwerer Krankheit oder unmittelbar nach einem Krankenhausaufenthalt

Wichtig: Rein rechtlich ist eine Kündigung nicht allein deshalb unwirksam, weil sie „zur Unzeit“ ausgesprochen wurde.


2. Wann liegt eine Kündigung zur Unzeit vor?

Ob eine Kündigung „zur Unzeit“ vorliegt, hängt nicht vom Kalendertag, sondern von der besonderen persönlichen Situation des Arbeitnehmers ab.

Eine solche Kündigung kann in Grenzfällen sittenwidrig (§ 138 BGB) oder treuwidrig (§ 242 BGB) sein – das setzt aber besondere Umstände voraus, etwa:

  • bewusstes Ausnutzen einer Schutzlosigkeit oder Krise des Arbeitnehmers
  • gezielte Kränkung oder Demütigung
  • fehlendes berechtigtes Interesse an einer sofortigen Kündigung

Das Bundesarbeitsgericht erkennt den Schutz der „menschlichen Würde“ und des Persönlichkeitsrechts an, lässt aber hohe Hürden für eine erfolgreiche Anfechtung oder Unwirksamkeit.

🔹 Unser Tipp: Dokumentieren Sie die Umstände (z. B. Todesfall, Klinikaufenthalt) und holen Sie frühzeitig rechtlichen Rat ein.


3. Hat eine Kündigung zur Unzeit rechtliche Folgen?

Grundsatz: Eine Kündigung zur Unzeit ist nicht automatisch unwirksam.

Nur wenn besonders schwerwiegende Begleitumstände vorliegen – z. B. eine gezielte Kränzungsabsicht oder grober Verstoß gegen Treu und Glauben – kann sie:

  • angefochten werden (§ 123 BGB bei Drohung oder Täuschung)
  • als unwirksam gelten (§ 138 oder § 242 BGB)
  • einen Schadensersatzanspruch oder eine Entschädigung nach § 15 AGG auslösen (z. B. bei Diskriminierung)

4. Welche Gerichte haben hierzu entschieden?

Die Rechtsprechung erkennt Einzelfälle an, in denen eine Kündigung zur Unzeit rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig war.

Beispielhafte Entscheidungen:

  • BAG, Urteil vom 20.06.2013 – 6 AZR 805/11: Kündigung in Zusammenhang mit einer Krebserkrankung kann treuwidrig sein, wenn das Verhalten des Arbeitgebers besonders rücksichtslos war.
  • LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.12.2015 – 1 Sa 5/15: Kündigung nach Klinikaufenthalt wurde nicht als treuwidrig gewertet, da kein bewusster Zusammenhang hergestellt werden konnte.

Diese Fälle zeigen: Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls an – und auf die Beweislage.

🔹 Unser Tipp: Lassen Sie eine Kündigung zur Unzeit stets durch eine Fachkanzlei prüfen. Die Erfolgschancen hängen stark vom konkreten Sachverhalt ab.


5. Was bedeutet das für Sie?

Wenn Sie eine Kündigung in einem menschlich sensiblen Moment erhalten haben, ist das belastend – und oft schwer einzuordnen. Ob juristisch dagegen vorgegangen werden kann, hängt von vielen Faktoren ab. In jedem Fall gilt: Sie haben nur drei Wochen Zeit, um eine Kündigungsschutzklage einzureichen (§ 4 KSchG).

Wir unterstützen Sie gern dabei, Ihre Situation rechtlich einzuordnen und Ihre Möglichkeiten auszuloten.

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