Inhalt
Einleitung
Wenn Unternehmen in Schieflage geraten, kommt es oft zu einem drastischen Schritt: Viele Mitarbeiter erhalten gleichzeitig die Kündigung. Dann ist von einer sogenannten Massenkündigung die Rede. Doch was heißt das konkret – und welche besonderen Regeln gelten dabei?
Für Sie als Arbeitnehmer ist besonders wichtig:
Eine Massenkündigung ist nicht gleichzusetzen mit Willkür. Im Gegenteil – sie ist streng gesetzlich geregelt.
In diesem Beitrag erfahren Sie, was eine Massenkündigung ist, welche Fehler Arbeitgeber dabei oft machen – und wie Sie Ihre Rechte wahren können.
1. Was bedeutet „Massenkündigung“?
Eine Massenkündigung (auch: Massenentlassung) liegt vor, wenn ein Arbeitgeber eine größere Anzahl von Arbeitnehmern innerhalb kurzer Zeit entlässt – etwa aufgrund von Betriebsschließungen, Standortverlagerungen oder drastischem Personalabbau.
Aber: Der Begriff ist nicht nur umgangssprachlich, sondern auch rechtlich definiert – und daran knüpfen sich besondere Pflichten des Arbeitgebers.
Die Rechtsgrundlage ist § 17 Kündigungsschutzgesetz (KSchG).
Merksatz: Eine Massenkündigung ist mehr als nur „viele Kündigungen auf einmal“ – sie unterliegt klaren gesetzlichen Regeln.
2. Wann liegt eine Massenentlassung im rechtlichen Sinne vor?
Laut § 17 KSchG muss der Arbeitgeber vor Kündigungen eine Anzeige bei der Agentur für Arbeit erstatten, wenn er innerhalb von 30 Kalendertagen folgende Schwellen erreicht:
Anzahl der Mitarbeiter im Betrieb | Kündigungen (mindestens) |
---|---|
mehr als 20 bis 60 Beschäftigte | mind. 5 Kündigungen |
61 bis 499 Beschäftigte | mind. 10 % oder mindestens 25 |
ab 500 Beschäftigte | mind. 30 Kündigungen |
Wichtig:
Auch Aufhebungsverträge auf Arbeitgeberinitiative zählen zur Massenentlassung, wenn sie Teil der Umstrukturierung sind!
🔹 Unser Tipp: Wenn Sie Teil einer größeren Kündigungswelle sind, lassen Sie prüfen, ob Ihr Arbeitgeber die Anzeige korrekt abgegeben hat.
3. Welche Anzeigepflicht besteht gegenüber der Agentur für Arbeit?
Vor Ausspruch der Kündigungen muss der Arbeitgeber:
- Den Betriebsrat anhören (§ 17 Abs. 2 KSchG),
- Eine schriftliche Anzeige bei der Agentur für Arbeit erstatten – mit umfassenden Angaben, u. a.:
- Gründe der Kündigung,
- Zahl der zu entlassenden und insgesamt Beschäftigten,
- Zeitraum der Entlassungen,
- Kriterien der Auswahl.
Ohne diese Anzeige darf keine Kündigung wirksam ausgesprochen werden – sie ist schwebend unwirksam.
Merksatz: Keine Anzeige = keine wirksame Kündigung.
4. Was passiert, wenn der Arbeitgeber diese Pflicht verletzt?
Fehlt die Anzeige oder ist sie formell fehlerhaft, ist jede darauf gestützte Kündigung unwirksam.
Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) und das Bundesarbeitsgericht (BAG) mehrfach bestätigt (z. B. BAG, Urteil vom 13.07.2006 – 6 AZR 198/06).
Besonders heikel: Manche Arbeitgeber kündigen still und heimlich, um die Schwelle zur Massenentlassung zu „unterlaufen“. Auch das kann rechtswidrig sein.
🔹 Unser Tipp: Lassen Sie die Kündigung anwaltlich prüfen – formale Fehler bei der Anzeige sind ein häufiger Angriffspunkt.
5. Welche Rolle spielt der Betriebsrat?
Der Betriebsrat muss vor der Anzeige umfassend informiert und angehört werden. Dazu gehört:
- Zahl und Gruppen der zu kündigenden Mitarbeiter,
- Gründe für die geplanten Entlassungen,
- Zeitraum, Auswahlkriterien, Sozialplan etc.
Er kann Vorschläge unterbreiten, z. B. zur Vermeidung oder Milderung der Entlassungen. Diese müssen in der Anzeige gegenüber der Agentur für Arbeit dokumentiert werden.
Ohne ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats ist die Anzeige nicht wirksam – und damit auch die Kündigungen nicht.
🔹 Unser Tipp: Der Betriebsrat ist ein wichtiger Schutzfaktor – sprechen Sie ihn an, wenn Sie betroffen sind.
6. Ihre Rechte als Arbeitnehmer bei Massenkündigungen
Auch bei einer Massenentlassung haben Sie die gleichen Rechte wie bei jeder anderen Kündigung:
- Drei Wochen Frist zur Kündigungsschutzklage (§ 4 KSchG)
- Prüfung auf Sozialauswahl, formale Fehler und Alternativen
- Ggf. Anspruch auf Abfindung, z. B. über Sozialplan oder Vergleich
Besonders wichtig: Lassen Sie sich nicht entmutigen. Nur weil viele betroffen sind, heißt das nicht, dass die Kündigung wirksam ist. Im Gegenteil – je größer die Welle, desto häufiger passieren Fehler.
Merksatz: Massenkündigung bedeutet nicht Machtlosigkeit – viele Kündigungen sind angreifbar.
Was bedeutet das für Sie?
Wenn Sie Teil einer Massenkündigung sind, sollten Sie schnell und überlegt reagieren. Denn: Gerade bei großflächigen Entlassungen passieren formale Fehler, die Ihre Chancen auf Weiterbeschäftigung oder Abfindung erheblich verbessern können.
Wir helfen Ihnen gern, Ihre individuelle Situation zu prüfen – schnell, fundiert und auf Augenhöhe.
Wir sind für Sie da! Kontaktieren Sie uns jetzt: