Inhalt
Einleitung
Viele Arbeitnehmer berichten nach einer Kündigung oder im Streit mit dem Arbeitgeber: „Ich soll nicht mehr zur Arbeit kommen – aber es steht nichts Schriftliches da.“ Oder: „Man hat mich rausgeekelt, ohne mich offiziell freizustellen.“ In solchen Fällen spricht man oft von einer taktischen Freistellung.
Doch was genau steckt hinter diesem Begriff? Welche Rechte haben Sie – und wie sollten Sie sich verhalten?
1. Was bedeutet „taktische Freistellung“?
Eine taktische Freistellung liegt vor, wenn der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer zwar nicht offiziell schriftlich freistellt, ihn aber faktisch nicht mehr arbeiten lässt – etwa, indem er ihm keine Aufgaben mehr zuweist, keinen Zugang mehr gewährt oder ihn indirekt zum Fernbleiben „einlädt“.
Typisch ist das Vorgehen:
- „Bleiben Sie doch einfach zu Hause, bis wir alles geklärt haben.“
- „Sie brauchen morgen nicht mehr zu kommen – wir melden uns.“
- Keine Schlüssel, kein Zugang zum System, keine Termine – obwohl kein schriftlicher Beschluss existiert.
Merksatz: Eine taktische Freistellung ist eine „kalte“ Freistellung ohne klare rechtliche Grundlage – oft als Druckmittel oder zur Konfliktvermeidung.
2. In welchen Situationen wird taktisch freigestellt?
Häufige Konstellationen:
- Nach einer Kündigung: Der Arbeitgeber will keine Unruhe im Team und bittet darum, der Mitarbeiter möge „dem Haus fernbleiben“ – ohne das offiziell zu dokumentieren.
- Bei laufenden Verfahren oder internen Ermittlungen (z. B. Compliance, Mobbingvorwürfe).
- Vor Aufhebungsverhandlungen: Der Arbeitgeber will die „emotionale Trennung“ einleiten oder einen faktischen Zustand schaffen, der zum Aufhebungsvertrag führt.
- Bei Führungskräften: Um Risiken zu minimieren oder die Kontrolle über Projekte zu gewinnen.
Merksatz: Taktische Freistellungen kommen oft bei heiklen Konstellationen vor – insbesondere vor oder nach Kündigungen oder bei Störungen im Vertrauensverhältnis.
3. Ist eine taktische Freistellung überhaupt zulässig?
Grundsatz: Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Beschäftigung (§ 611a BGB i. V. m. dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht). Eine Freistellung muss ausdrücklich erklärt werden – und sie ist nicht einfach einseitig unbegründet zulässig.
Nur in bestimmten Fällen ist eine Freistellung ohne Ihre Zustimmung möglich, etwa:
- wenn eine wirksame Kündigung ausgesprochen wurde
- wenn das Interesse des Arbeitgebers an der Freistellung das Beschäftigungsinteresse überwiegt (z. B. bei Gefahr im Verzug)
Eine taktische, stillschweigende oder „versteckte“ Freistellung ist rechtlich problematisch. Sie kann dazu führen, dass Lohnansprüche, Urlaubsabgeltung oder sogar eine Kündigungsschutzklage gestärkt werden.
Merksatz: Eine Freistellung muss klar und ausdrücklich erfolgen – alles andere kann rechtlich angreifbar sein.
4. Auswirkungen auf Gehalt, Urlaub & Arbeitslosengeld
Wird man faktisch, aber nicht formell freigestellt, entstehen oft folgende Unsicherheiten:
- Gehalt: Der Arbeitgeber muss auch dann weiterzahlen – sofern keine wirksame Freistellung mit Entgeltverzicht vereinbart wurde.
- Urlaub: Ohne eindeutige Erklärung kann keine Urlaubsverrechnung erfolgen.
- Arbeitslosengeld: Wer der Arbeit „fernbleibt“, obwohl keine schriftliche Freistellung vorliegt, riskiert eine Sperrzeit – oder Probleme beim Nachweis der Beschäftigung.
Wichtig: Bestehen Sie im Zweifel auf eine schriftliche Erklärung zur Freistellung – oder lassen Sie sich arbeitsrechtlich beraten.
🔹 Unser Tipp: Lassen Sie sich eine Freistellung immer schriftlich bestätigen – und dokumentieren Sie alles, was Ihnen gesagt oder entzogen wurde.
5. Was können Sie tun, wenn Sie „kaltgestellt“ werden?
Wenn Sie spüren, dass man Sie taktisch freigestellt hat oder „loswerden“ möchte:
- Dokumentieren Sie alles: Gespräche, Mails, Entzug von Zugängen
- Fordern Sie Klarheit: Bitten Sie um eine formelle schriftliche Freistellung
- Handeln Sie strategisch: Eine unklare Situation kann Ihre rechtliche Position stärken
- Suchen Sie Beratung: Gerade im Rahmen einer Kündigung oder Aufhebungsverhandlung ist taktisches Vorgehen entscheidend
🔹 Unser Rat: Warten Sie nicht ab, sondern agieren Sie – idealerweise mit anwaltlicher Unterstützung. So nutzen Sie die Lage zu Ihrem Vorteil.
6. Unser Fazit zum Schluss
Eine taktische Freistellung ist oft ein unausgesprochenes Signal: Der Arbeitgeber will Sie aus dem Betrieb haben – ohne klare Kommunikation. Das kann rechtlich angreifbar und für Sie sogar vorteilhaft sein.
Wir helfen Ihnen, wenn Sie sich unsicher fühlen oder sich durch eine inoffizielle „Kaltstellung“ unter Druck gesetzt sehen. Gerade bei anstehenden Verhandlungen oder Kündigungsschutzklagen ist eine gute Strategie Gold wert.
Wir sind für Sie da! Kontaktieren Sie uns jetzt: