Wie funktioniert ein Interessenausgleich?

Einleitung

Viele Arbeitnehmer fragen sich: Was ist eigentlich ein Interessenausgleich? Gerade bei größeren Umstrukturierungen, Betriebsschließungen oder Massenentlassungen spielt dieser eine zentrale Rolle. Der Interessenausgleich soll helfen, die Nachteile für Beschäftigte so gering wie möglich zu halten. Doch wie funktioniert das in der Praxis? Und was sollten Sie wissen, wenn Ihr Betrieb vor einschneidenden Veränderungen steht?


1. Was ist ein Interessenausgleich?

Der Interessenausgleich ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Ziel ist es, bei geplanten Betriebsänderungen (§ 111 BetrVG) gemeinsam zu regeln, ob, wann und wie diese durchgeführt werden. Typische Fälle sind Betriebsschließungen, größere Entlassungen oder Verlagerungen.

Das Gesetz sieht vor, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat frühzeitig über geplante Änderungen informiert und mit ihm darüber berät (§ 111 BetrVG). Kommt es zu einer Einigung, wird der Interessenausgleich schriftlich fixiert.


2. Wer muss einen Interessenausgleich verhandeln?

Ein Interessenausgleich ist nur in Betrieben mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern Pflicht. Arbeitgeber und Betriebsrat sind dabei gleichberechtigte Verhandlungspartner.

Kommt keine Einigung zustande, kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen (§ 112 BetrVG). Anders als beim Sozialplan kann diese den Interessenausgleich aber nicht erzwingen.


3. Wie läuft die Verhandlung ab?

Zunächst muss der Arbeitgeber den Betriebsrat umfassend und rechtzeitig informieren. Dazu gehören alle Pläne, Gutachten und Zahlen, die für die Beurteilung wichtig sind.

Die Verhandlungen sollen ernsthaft geführt werden. Kommt es zu einer Einigung, wird der Interessenausgleich schriftlich niedergelegt und von beiden Seiten unterzeichnet. Inhaltlich regelt er z. B.:

  • Welche Abteilungen schließen?
  • Wie viele Mitarbeiter sind betroffen?
  • Gibt es Alternativen zur Kündigung?
  • Welche Zeitpläne gelten?

Das Bundesarbeitsgericht betont, dass Scheinverhandlungen rechtswidrig sind (BAG, Urteil vom 09.12.2014 – 1 ABR 19/13).

🔹 Tipp: Der Betriebsrat kann einen Rechtsanwalt hinzuziehen, damit Ihre Interessen professionell vertreten werden.


4. Was passiert, wenn es keinen Interessenausgleich gibt?

Scheitern die Verhandlungen, kann der Arbeitgeber die Betriebsänderung trotzdem umsetzen. Allerdings hat das Folgen:

  • Arbeitnehmer können eine Abfindung beanspruchen, wenn sie ohne Interessenausgleich entlassen werden und eine sogenannte Namensliste fehlt (§ 113 Abs. 3 BetrVG).
  • Der Arbeitgeber kann bei Pflichtverletzungen sogar schadensersatzpflichtig sein (§ 113 Abs. 1 BetrVG).

Die Gerichte sehen darin einen Anreiz, ernsthaft zu verhandeln.


5. Unser Fazit zum Interessenausgleich

Ob Betriebsschließung, Teilstilllegung oder Massenentlassung: Der Interessenausgleich ist ein wichtiges Instrument, um Ihre Rechte als Arbeitnehmer zu wahren. Je besser der Betriebsrat verhandelt, desto eher können Kündigungen vermieden oder zumindest sozial verträglich gestaltet werden.

Wenn Sie betroffen sind: Suchen Sie frühzeitig Rat bei einem spezialisierten Anwalt für Arbeitsrecht. So stellen Sie sicher, dass Ihre Interessen bestmöglich vertreten werden.

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