Inhalt
Einleitung
Viele Arbeitnehmer fragen sich, ob ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) überhaupt noch durchgeführt werden muss, wenn sich ihr Arbeitgeber in der Insolvenz befindet. Die Verunsicherung ist groß: Gilt der gesetzliche Anspruch weiter? Muss der Insolvenzverwalter das Verfahren durchführen? Und welche Auswirkungen hat ein fehlendes BEM auf eine mögliche Kündigung in der Krise? Dieser Beitrag bringt Klarheit in die wichtigsten Fragen.
1. Was ist das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM)?
Das BEM ist in § 167 Abs. 2 SGB IX geregelt. Danach muss der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer, der innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig ist, ein Eingliederungsverfahren anbieten. Ziel ist es, die Arbeitsunfähigkeit zu überwinden, erneuter Erkrankung vorzubeugen und den Arbeitsplatz zu erhalten.
Wichtig: Das BEM ist keine bloße Formsache. Es muss ernsthaft, individuell und mit Blick auf mögliche Alternativen durchgeführt werden.
Merksatz: Arbeitgeber sind verpflichtet, jedem langzeiterkrankten Arbeitnehmer ein BEM anzubieten.
2. Welche Besonderheiten gelten für das BEM bei Insolvenz?
Auch in der Insolvenz bleibt die Verpflichtung zum BEM grundsätzlich bestehen. Tritt ein Insolvenzverwalter (§ 80 InsO) ein, übernimmt dieser die Arbeitgeberpflichten – also auch das BEM. Das ergibt sich aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 15.12.2022 – 2 AZR 162/22).
Das bedeutet: Auch wenn der Betrieb in der Krise ist, muss der Insolvenzverwalter vor einer krankheitsbedingten Kündigung prüfen, ob ein BEM helfen kann, die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen oder eine andere Einsatzmöglichkeit zu finden.
Allerdings kann es im Rahmen einer Betriebsstilllegung oder Massenentlassung dazu kommen, dass das BEM faktisch keine realistische Alternative bietet. Denn wenn der Arbeitsplatz ersatzlos wegfällt, verpufft der Sinn des BEM.
Merksatz: Auch der Insolvenzverwalter muss ein BEM anbieten, soweit der Arbeitsplatz noch besteht.
3. Hat ein fehlendes BEM in der Insolvenz Folgen?
Wird vor einer krankheitsbedingten Kündigung kein BEM durchgeführt, kann die Kündigung unwirksam sein – auch während der Insolvenz. Das BAG hat mehrfach entschieden, dass ein fehlendes BEM kein absolutes Kündigungshindernis ist, aber die Darlegungslast für den Arbeitgeber erheblich verschärft (BAG, Urteil vom 13.05.2015 – 2 AZR 565/14).
Konkret heißt das: Der Insolvenzverwalter muss dann besonders detailliert darlegen, warum keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht und das BEM keine Erfolgsaussichten gehabt hätte.
In der Praxis werden viele Kündigungen in der Insolvenz aus betrieblichen Gründen ausgesprochen. Bei einer reinen Betriebsstilllegung ist das BEM meist entbehrlich, da der Arbeitsplatz ohnehin entfällt. Anders kann es aussehen, wenn noch Betriebsteile weiterlaufen.
Merksatz: Fehlt das BEM, kann die Kündigung auch in der Insolvenz angreifbar sein.
4. Unser Fazit: Was bedeutet das für Sie?
Das BEM bleibt auch in der Insolvenz ein wichtiges Instrument, um den Arbeitsplatz zu sichern oder eine krankheitsbedingte Kündigung erfolgreich anzugreifen. Wird Ihnen in der Insolvenz kein BEM angeboten, sollten Sie hellhörig werden und sich juristisch beraten lassen. Gerade in unsicheren Zeiten ist es entscheidend, Ihre Rechte zu kennen und zu wahren.
Unser Tipp: Zögern Sie nicht, uns bei Fragen zu einer Kündigung oder einem fehlenden BEM in der Insolvenz zu kontaktieren. Wir helfen Ihnen, Ihre Chancen realistisch einzuschätzen und Ihre Ansprüche durchzusetzen.
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