Fühlen Sie sich wegen Ihrer Religion am Arbeitsplatz diskriminiert oder nehmen ein negatives Arbeitsumfeld in diesem Zusammenhang wahr? Möchten Sie wissen, ob Sie etwas tun können, um sich gegen Diskriminierung zu wehren?
Nachfolgend erläutern wir, wann eine Diskriminierung wegen Religion am Arbeitsplatz vorliegen kann (dazu unter 1.), was im Gesetz zum Schutze von Arbeitnehmern hierzu steht (dazu unter 2.) und was Sie im Einzelfall tun können, wenn Sie Diskriminierung im Beruf erfahren (dazu unter 3.). Weiterhin stellen wir praxisrelevante Beispiele in diesem Zusammenhang dar (dazu unter 4.) und welche Pflichten Arbeitgeber bei Diskriminierung tragen (dazu unter 5.).
Anschließend beantworten wir häufige Fragen (dazu unter 6.) und geben einen Überblick über relevante Urteile (dazu unter 7.).
1. Wann liegt eine Diskriminierung wegen Religion am Arbeitsplatz vor?
Diskriminierungen wegen Religion oder Weltanschauung am Arbeitsplatz liegen vor, wenn Arbeitnehmer aufgrund ihrer religiösen Zugehörigkeit oder Überzeugungen ungerecht behandelt, benachteiligt oder belästigt werden. Die Diskriminierung kann in verschiedenen Situationen im Beruf vorkommen, wie etwa beispielsweise bei
- der Einstellung,
- während des Arbeitsverhältnisses,
- bei Aufstiegschancen,
- der Aufgabenverteilung oder
- bei der Kündigung.
Arbeitnehmer sind insofern gesetzlich in Bezug auf berufliche Diskriminierungen von Beginn des Bewerbungsprozesses bis hin zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschützt.
Beispiele:
- Verweigerung von religiösen Feiertagen:
Arbeitgeber lehnt den Antrag eines Arbeitnehmers ab, an religiösen Feiertagen frei zu nehmen, obwohl ähnliche Anträge aus anderen Gründen genehmigt werden.
- Unfaire Benachteiligung in der Kleiderordnung:
Arbeitnehmer wird diskriminiert, wenn das Tragen religiöser Kleidung wie
- Kopftücher,
- Kippas oder
- Kreuzen verboten wird,
während anderen Mitarbeitern das Tragen von Schmuck, Accessoires oder anderer Kopfbedeckung erlaubt ist.
- Ablehnung religiöser Praktiken:
Arbeitgeber gewährt Arbeitnehmern keine Pausen für Gebete oder untersagt es ihnen, während der Arbeit religiöse Symbole zu verwenden, ohne dabei alle Mitarbeiter gleichermaßen einzuschränken.
Merke: Diskriminierungen wegen Religion oder Weltanschauung am Arbeitsplatz liegen vor, wenn Arbeitnehmer aufgrund ihrer religiösen Zugehörigkeit oder Überzeugungen ungerecht behandelt, benachteiligt oder belästigt werden.
2. Was sind die gesetzlichen Grundlagen zum Schutz vor Diskriminierung wegen Religion am Arbeitsplatz?
Das Grundgesetz schützt die Religionsfreiheit und verbietet ausdrücklich die Diskriminierung aufgrund der Religion. In Art. 4 Abs. 1 und 2 GG steht:
„Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“
Alle Menschen dürfen dem Grundgesetz nach, ihre Religion oder Weltanschauung frei ausüben. Dieses Recht müssen Arbeitgeber auch innerhalb des Arbeitsverhältnisses respektieren, soweit keine berechtigten betrieblichen Gründe dagegenstehen.
Zusätzlich zum Grundgesetz bildet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ebenfalls eine wichtige Grundlage zum Schutz vor Diskriminierung wegen der Religion. Das AGG verbietet jede Form der Diskriminierung aufgrund der Religion und verpflichtet Arbeitgeber, ein diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld zu gewähren. Fördern Arbeitgeber bewusst oder unbewusst eine diskriminierende Kultur, verstoßen Sie gegen das Gesetz und laufen Gefahr, rechtliche Konsequenzen zu tragen (Beispiel: Entschädigungsanspruch, § 15 AGG).
Merke: Wichtige Grundlagen zum Schutz vor Diskriminierung sind: das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, das Grundgesetz, der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz und das Entgelttransparenzgesetz.
3. Was können Arbeitnehmer bei Diskriminierung am Arbeitsplatz tun?
Arbeitnehmer, die der Meinung sind, am Arbeitsplatz aufgrund ihrer Religion diskriminiert zu werden, haben verschiedene mögliche Handlungsoptionen:
- Beschwerderecht:
Arbeitnehmer können sich gemäß AGG beschweren und eine Entschädigung verlangen, wenn sie aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt wurden. Laut § 15 AGG kann ein Schadensersatzanspruch bestehen, der innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt des diskriminierenden Vorfalls geltend gemacht werden muss. Sie können sich auch an externe Stellen wie beispielsweise die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wenden.
- Dokumentation und Beweise sammeln:
Es ist wichtig, mögliche Hinweise und Beweise auf Diskriminierung zu dokumentieren, wie beispielsweise diskriminierende Äußerungen im Bewerbungsgespräch oder im Arbeitsalltag mit Datum und Zeit notieren, gegebenenfalls Zeugen suchen oder bei E-Mails/Nachrichten diese unbedingt abspeichern.
- Rechtliche Schritte:
Wenn der Arbeitgeber die Beschwerde nicht bearbeitet oder keine Konsequenzen daraus zieht, können Betroffene den Fall vor das Arbeitsgericht bringen und eine gerichtliche Überprüfung der Diskriminierung verlangen.
Merke: Im Falle einer Diskriminierung aufgrund Ihrer Religion haben Sie verschiedene Möglichkeiten hiergegen vorzugehen. Sie können beispielsweise rechtliche Schritte erwägen oder Ihr Beschwerderecht in Anspruch nehmen.
4. Praxisnahe Beispiele für Diskriminierung aufgrund der Religion
Nachfolgend einige Beispiele aus der Praxis, die aufzeigen, in was für unterschiedlichen Formen Diskriminierung aufgrund von Religion im Arbeitsalltag vorkommen kann:
- Benachteiligung bei Aufstiegschancen:
Qualifizierter und erfahrener Arbeitnehmer muslimischen Glaubens wird bei Beförderungen systematisch übergangen, weil der Arbeitgeber die religiösen Anforderungen als störend empfindet.
- Einschränkung religiöser Pausen:
Arbeitnehmer muslimischen Glaubens erhält von seinem Arbeitgeber keinerlei Möglichkeit, während des Arbeitstages Gebetspausen einzulegen, obwohl anderen Mitarbeitern kurze Pausen für andere Aktivitäten gestattet werden.
- Kleiderordnung:
Arbeitnehmerin muslimischen Glaubens wird aufgefordert, ihr Kopftuch abzulegen, obwohl anderen Mitarbeitern das Tragen von modischen Accessoires erlaubt ist. Oder Arbeitnehmer jüdischen Glaubens darf seine Kippa am Arbeitsplatz nicht aufsetzen.
Diese Beispiele zeigen, dass Diskriminierung sowohl subtil als auch offen stattfinden kann und Arbeitgeber in diesem Rahmen oftmals mit doppelten Standards arbeiten.
5. Welche Pflichten hat der Arbeitgeber bei Diskriminierungsfällen am Arbeitsplatz?
Bekommen Arbeitgeber Diskriminierungen am Arbeitsplatz mit, dann sind Sie gesetzlich dazu verpflichtet, Maßnahmen zur Verhinderung von Diskriminierung zu ergreifen.
Dies umfasst unter anderem:
Präventive Maßnahmen:
Schulung von Personal und Führungskräften zu den Vorgaben des AGG und den möglichen Formen von Diskriminierung.
Untersuchungspflicht:
Wird eine Beschwerde eingereicht, dann muss der Arbeitgeber den Vorfall eingehend untersuchen und geeignete Maßnahmen ergreifen, um weitere Diskriminierungen zu verhindern.
Schutz des betroffenen Arbeitnehmers:
Arbeitgeber müssen die betroffenen Arbeitnehmer vor Benachteiligungen schützen und sicherstellen, dass sie aufgrund der Beschwerde nicht benachteiligt werden.
Bestrafung von Tätern:
Sind die Diskriminierungen nachweisbar, dann hat der Arbeitgeber Disziplinarmaßnahmen gegen den diskriminierenden Arbeitnehmer zu ergreifen. Diese können von einer Verwarnung bis zur Kündigung reichen.
Merke: Arbeitgeber sind gesetzlich dazu verpflichtet, Maßnahmen zur Verhinderung von Diskriminierung zu ergreifen!
6. Häufige Fragen zur Diskriminierung wegen Religion
a) Gibt es verschiedene Arten von Diskriminierung bei religiösen Benachteiligungen am Arbeitsplatz?
Es gibt verschiedene Formen religiöser Diskriminierung, darunter unmittelbare Benachteiligung (Beispiel: Ablehnung eines Bewerbers wegen seiner Religion) und mittelbare Benachteiligung (Beispiel: eine Regelung, die das Tragen religiöser Symbole verbietet). Auch Belästigung oder Mobbing aufgrund religiöser Merkmale fällt unter Diskriminierung.
b) Kann mein Arbeitgeber mir das Tragen religiöser Kleidung verbieten?
Arbeitgeber können religiöse Kleidung nur in sehr wenigen Fällen verbieten, etwa wenn es objektive betriebliche Gründe gibt (Beispiel: Sicherheitsanforderungen). Generell sind Arbeitgeber verpflichtet, religiöse Überzeugungen zu respektieren und eine diskriminierungsfreie Arbeitsumgebung zu schaffen. Die Religionsfreiheit ist insbesondere gemäß Art. 4 GG und dem AGG umfassend geschützt.
c) Was kann ich tun, wenn ich mich wegen meiner Religion benachteiligt fühle?
Betroffene Arbeitnehmer können zunächst das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen, eine Beschwerde gemäß AGG einreichen und sich gegebenenfalls an ein Arbeitsgericht wenden, um rechtlichen Schutz zu erhalten. Lassen Sie sich in diesem Rahmen gerne von uns anwaltlich unterstützen.
d) Welche Rechte habe ich im Hinblick auf religiöse Feiertage?
Zwar haben Arbeitnehmer keinen gesetzlichen Anspruch auf religiöse Feiertage, sie können oftmals Sonderurlaub oder unbezahlten Urlaub für religiöse Anlässe beantragen. Der Arbeitgeber darf solche Anfragen nicht ohne sachliche Gründe ablehnen.
e) Verstößt mein Arbeitgeber gegen das AGG verstoßen, wenn er religiöse Feiertage nicht berücksichtigt?
Ja, wenn Ihr Arbeitgeber grundlegend religiöse Feiertage ignoriert, und dadurch nur bestimmte Religionen benachteiligt im Gegensatz zu anderen, kann dies als Verstoß gegen das AGG und das Gleichbehandlungsgebot gewertet werden.
f) Muss ich mich an eine Frist für die Einreichung von Beschwerden bei Diskriminierung halten?
Ja, im Rahmen des AGG muss die Beschwerde spätestens zwei Monate nach dem diskriminierenden Ereignis eingereicht werden. Die Frist beginnt ab dem Zeitpunkt, an dem der Arbeitnehmer von der Benachteiligung Kenntnis erlangt hat.
g) Können Arbeitnehmer, die sich gegen Diskriminierung wehren, mit Nachteilen rechnen?
Nein, das AGG schützt Arbeitnehmer ausdrücklich vor den negativen Folgen einer Beschwerde. Arbeitgeber, die Mitarbeiter benachteiligen, weil sie Diskriminierung melden, verstoßen gegen das Gesetz.
h) Wie kann ich eine Diskriminierung aufgrund meiner Religion am Arbeitsplatz nachweisen?
Eine Dokumentation aller relevanten Vorfälle, Aussagen und Zeugenaussagen kann entscheidend sein. Arbeitnehmer sollten alle Beweise sammeln, um ihre Position zu untermauern und gegebenenfalls vor Gericht zu bringen.
7. Rechtsprechung zu Diskriminierung wegen Religion
- Ein Verbot für Lehrkräfte, in Schule und Unterricht ein Kopftuch zu tragen, findet im geltenden Recht des Landes Baden-Württemberg keine hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage. Der mit zunehmender religiöser Pluralität verbundene gesellschaftliche Wandel kann für den Gesetzgeber Anlass zu einer Neubestimmung des zulässigen Ausmaßes religiöser Bezüge in der Schule sein (BVerfG 24.09.2003 – 2 BvR 1436/02).
- Das Tragen eines – islamischen – Kopftuchs allein rechtfertigt regelmäßig noch nicht die ordentliche Kündigung einer Verkäuferin in einem Kaufhaus aus personen- oder verhaltensbedingten Gründen nach § 1 Abs. 2 KSchG (BAG 10.10.2002 – 2 AZR 472/01).
- Wird eine Bewerberin bereits vor dem Abschluss des Bewerbungsverfahrens aus dem Kreis der in Betracht zu ziehenden Bewerberinnen ausgeschlossen, weil sie auf Nachfrage des potentiellen Vertragspartners angibt, das Kopftuch auch während der Arbeitszeit nicht ablegen zu wollen, wird die Bewerberin wegen ihrer muslimischen Religionszugehörigkeit diskriminiert (ArbG Berlin 28.03.2012 – 55 Ca 2426/12).
- Ein Arbeitgeber, der eine Krankenanstalt in konfessioneller Trägerschaft der Evangelischen Kirche führt, kann einer Krankenschwester im Wege des Weisungsrechts untersagen, während der Arbeitszeit ein islamisches Kopftuch zu tragen (LAG Hamm 17.02.2012 – 18 Sa 867/11).
- Weist ein Krankenhaus in kirchlicher Trägerschaft die Bewerbung eines Krankenpflegers allein mit der Begründung zurück, er sei nicht Mitglied einer Religionsgemeinschaft, stellt dies eine Diskriminierung im Sinne des AGG dar und löst eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG aus (ArbG Aachen 13.12.2012 – 2 Ca 4226/11).
Sind Sie der Meinung, Ihr Arbeitgeber diskriminiert Sie aufgrund Ihrer Religion oder wollen Sie sich umfassend zu diesem Thema beraten lassen? Vereinbaren Sie gerne einen Termin bei uns, wir prüfen Ihre Erfolgsaussichten und vertreten Ihre Rechte sowohl außergerichtlich als auch vor Gericht.