Leiden Sie unter Mobbing durch Vorgesetzte oder Kollegen am Arbeitsplatz und möchten wissen, was Sie in diesem Fall tun können, um sich dagegen zur Wehr zu setzen? Oder wollen Sie sich informieren, ob Mobbing strafbar sein kann?
Nachfolgend erläutern wir, wann Mobbing bzw. Bossing am Arbeitsplatz vorliegt (dazu unter 1.), ob Mobbing strafbar ist (dazu unter 2.) und was Sie tun können, wenn Sie am Arbeitsplatz damit konfrontiert werden (dazu unter 3.). Weiterhin erklären wir, ob Arbeitnehmer sich im Falle von Mobbing krankschreiben lassen können (dazu unter 4.) und welche Arten es von Mobbing gibt (dazu unter 5.).
Anschließend beantworten wir häufige Fragen (dazu unter 6.) und geben einen Überblick über relevante Urteile (dazu unter 7.).
1. Wann liegt Mobbing bzw. Bossing am Arbeitsplatz vor?
Mobbing ist das systematische und andauernde Schikanieren, Diskriminieren oder Ausschließen eines Arbeitnehmers durch Kollegen oder Vorgesetzte.
Bossing ist hingegen eine spezielle Form des Mobbings, bei der Vorgesetzte gezielt darauf abzielen, Arbeitnehmer durch feindselige Maßnahmen unter Druck zu setzen. Oft geschieht dies mit der Absicht, den betroffenen Arbeitnehmer zum Verlassen des Unternehmens zu bewegen.
Beispiele für Mobbing und Bossing:
- Arbeitsbezogene Diskriminierung:
Die Arbeit des Arbeitnehmers wird ständig kritisiert, er erfährt unfaire Leistungsbewertungen oder das ständige Übertragen von sinnlosen Aufgaben.
- Soziale Isolierung:
Der betroffene Arbeitnehmer wird von Teamaktivitäten ausgeschlossen oder regelmäßig von Kollegen oder Vorgesetzen ignoriert.
- Psychische Angriffe:
Häufige, unfaire Kritik, Beleidigungen, Drohungen oder Verbreiten von Gerüchten über den Arbeitnehmer.
Damit Sie Mobbing oder Bossing am Arbeitsplatz nachweisen können, ist eine akribische Dokumentation aller Vorfälle wichtig. Dazu gehören beispielsweise schriftliche Aufzeichnungen über die Ereignisse, beteiligte Personen und Zeugen.
Merke: Mobbing ist das systematische und andauernde Schikanieren, Diskriminieren oder Ausschließen eines Arbeitnehmers durch Kollegen oder Vorgesetzte.
2. Ist Mobbing strafbar?
Mobbing oder Bossing als solche ist im deutschen Strafrecht nicht strafbar. Allerdings können bestimmte Handlungen, die üblicherweise im Rahmen von Mobbing am Arbeitsplatz stattfinden, strafrechtliche Relevanz haben.
Dazu gehören unter anderem:
- Beleidigung (§ 185 StGB),
- Üble Nachrede und Verleumdung (§§ 186, 187 StGB),
- Körperverletzung (§ 223 StGB),
- Nötigung (§ 240 StGB).
In Fällen, in denen Mobbing durch gezielte Beleidigungen oder Bedrohungen strafrechtlich relevant wird, kann der Betroffene Strafanzeige erstatten. Hierzu sollten Sie sich rechtlichen Rat einholen.
Merke: Wichtige Grundlagen zum Schutz vor Mobbing sind beispielsweise das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz.
3. Mobbing bzw. Bossing am Arbeitsplatz: Was tun?
Arbeitnehmer, die Mobbing oder Bossing erleben, können beispielsweise folgendes in diesem Fall tun:
- Dokumentation:
Die Vorfälle von Mobbing sollten genau dokumentiert werden. Dazu gehören Datum, Uhrzeit und die Art der Vorfälle. Hilfreich ist es auch in diesem Zusammenhang Zeugen nennen zu können, die den Vorfall miterlebt haben.
- Gespräch mit dem Vorgesetzten, Betriebsrat oder Personalrat suchen:
Sie können das Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten oder dem Personalrat suchen bzw. auch eine offizielle Beschwerde einlegen und Unterstützung durch den Betriebsrat einholen, falls in Ihrem Unternehmen vorhanden.
- Externe Unterstützung:
Beratungsstellen wie das Antidiskriminierungsbüro des Bundes (Notiz: Link zu www.antidiskriminierungsstelle.de) oder der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bieten ebenfalls Hilfe und Informationen an.
- Rechtliche Schritte:
Ist keine Einigung oder Besserung möglich, dann kann eine Klage auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld in Betracht gezogen werden. Im Fall von Bossing könnte auch eine arbeitsgerichtliche Kündigungsschutzklage sinnvoll sein.
Es ist in Fällen von Mobbing oder Bossing ratsam, sich frühzeitig an einen Anwalt für Arbeitsrecht zu wenden, um die bestmögliche Vorgehensweise für Sie zu bestimmen.
4. Können Arbeitnehmer bei Bossing eine Krankschreibung erhalten?
Ja, Arbeitnehmer können aufgrund von Mobbing oder Bossing vom Arzt krankgeschrieben werden. Anhaltender psychischer Druck und Stress durch Mobbing kann oft zu psychischen und körperlichen Belastungen führen, die eine ärztliche Behandlung erfordern.
Typische Symptome können in diesem Fall unter anderem folgende sein:
- Stressbedingte Erkrankungen: Erschöpfung, Schlafstörungen oder sogar Burnout.
- Psychische Belastungen: Angstzustände, Depressionen oder Panikattacken.
Fühlen Sie sich körperlich oder mental durch Mobbing am Arbeitsplatz betroffen, dann suchen Sie ärztlichen Rat auf, um eine Diagnose zu erhalten und, falls nötig, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Arbeitgeber sind zudem verpflichtet, Maßnahmen zum Gesundheitsschutz zu ergreifen, wenn sie von Mobbing oder Bossing erfahren.
Merke: Mobbing kann oft zu psychischen und körperlichen Belastungen führen.
5. Welche Arten von Mobbing gibt es?
Mobbing am Arbeitsplatz kann in verschiedene Arten unterteilt werden, die jeweils andere Methoden und Ziele umfassen.
Die Hauptarten von Mobbing sind:
Vertikales Mobbing:
- Bossing: Hier handelt es sich um Mobbing durch Vorgesetzte, die gezielt einen Arbeitnehmer drangsalieren, um ihn etwa zur Kündigung zu drängen.
- Staffing: Hier mobben Arbeitnehmer ihren Vorgesetzten, meist in Form von Untergrabung der Autorität oder Verweigerung von Unterstützung. Ziel ist meist, wie bei Bossing auch, die betroffene Person dazu zu bringen, das Unternehmen zu verlassen.
Horizontales Mobbing:
- In diesem Fall findet das Mobbing unter Kollegen statt, meist auf der gleichen Hierarchieebene. Hierzu zählen beispielsweise soziale Ausgrenzung, Gerüchteverbreitung und unfaire Kritik.
Diese beiden Arten von Mobbing können in folgenden Formen am Arbeitsplatz beispielsweise vorkommen:
Psychisches Mobbing:
- Dies umfasst Manipulationen wie gezielte Einschüchterung, Beleidigungen oder das Verbreiten von Gerüchten, die das Selbstwertgefühl und die psychische Gesundheit des Opfers angreifen.
- Das Opfer wird gezielt aus sozialen oder beruflichen Aktivitäten ausgeschlossen, beispielsweise durch das Ignorieren oder durch Verweigerung von Teamarbeiten. Dies führt häufig zu Isolation.
- Hierzu gehört das Abwürgen von Gesprächen, das Lächerlich machen von Ideen oder das Verwehren von wichtigen Informationen, die für die Arbeit des Opfers notwendig sind.
Arbeitsbezogenes Mobbing:
- In dieser Form werden dem betroffenen Arbeitnehmer unnötig schwere, monotone oder sinnlose Aufgaben übertragen, oder es wird von wichtigen Arbeitsprozessen ausgeschlossen, um die berufliche Entwicklung zu behindern.
Körperliches Mobbing:
- Hierzu zählt die Anwendung von körperlicher Gewalt oder das gezielte Bedrohen mit körperlicher Gewalt. Diese Form ist in der Praxis eher selten, kann aber je nach Arbeitsumfeld und Branche vorkommen.
Diese Arten zeigen, dass Mobbing vielfältige Formen annehmen kann und oft schwer nachweisbar ist, da viele Handlungen subtil und indirekt stattfinden.
Bei jeder Art von Mobbing ist es wichtig, Vorfälle akribisch zu dokumentieren und, wenn möglich, Unterstützung durch den Betriebsrat oder externe Beratungsstellen zu suchen.
Merke: Dokumentieren Sie unbedingt zu Beweiszwecken sorgfältig alle Vorfälle in Bezug auf Mobbing!
6. Häufige Fragen zu Mobbing und Bossing am Arbeitsplatz
a) Gibt es einen Unterschied zwischen Mobbing und Bossing?
Mobbing beschreibt alle Formen von Schikane und Diskriminierung durch Kollegen oder Vorgesetzte, während Bossing speziell das gezielte Mobbing durch Vorgesetzte ist. Bossing zielt oft darauf ab, einen Mitarbeiter durch psychischen Druck zur Kündigung zu bewegen.
b) Was können Arbeitnehmer bei Mobbing tun?
Betroffene Arbeitnehmer sollten alle Vorfälle genau dokumentieren und zunächst das Gespräch mit dem Arbeitgeber oder dem Betriebsrat suchen. Wenn das Mobbing fortbesteht, kann eine Beschwerde gemäß AGG eingereicht und notfalls eine Klage erwogen werden.
c) Ist Mobbing strafbar?
Mobbing selbst ist nicht direkt strafbar, jedoch können bestimmte Handlungen, wie Beleidigung oder Nötigung, strafrechtliche Konsequenzen haben. Betroffene Arbeitnehmer können in diesen Fällen Strafanzeige erstatten.
e) Was passiert, wenn mein Arbeitgeber von Mobbing am Arbeitsplatz weiß und nichts dagegen tut?
Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, eine diskriminierungsfreie und gesunde Arbeitsumgebung zu gewährleisten. Wenn sie von Mobbing erfahren und nicht handeln, verstoßen sie gegen ihre Fürsorgepflicht und können haftbar gemacht werden.
f) Kann ich aufgrund von Mobbing krankgeschrieben werden?
Ja, Mobbing kann zu ernsthaften psychischen Belastungen führen, die eine Krankschreibung erfordern. Betroffene Arbeitnehmer sollten einen Arzt aufsuchen, um ihre Symptome zu dokumentieren und gegebenenfalls eine Therapie in Anspruch zu nehmen.
g) Wie kann ich Mobbing oder Bossing nachweisen?
Eine sorgfältige Dokumentation aller Vorfälle ist entscheidend. Notieren Sie
- das Datum,
- die Uhrzeit,
- Beteiligte und
- Aussagen.
Wenn möglich, sollten auch Zeugen benannt werden. Dies hilft bei einer Beschwerde oder einem späteren Gerichtsverfahren. Ansonsten ist es schwer, Mobbing im Einzelfall nachzuweisen.
7. Rechtsprechung zu Mobbing und Bossing am Arbeitsplatz
- Mobbing durch nicht gerechtfertigte Aufgabenentziehung, Schikanierung und Degradierung durch die der Kläger seine Anstellung quasi verloren hatte (ArbG Leipzig 03.04.2012 – 9 Ca 3854/11).
- Der Arbeitgeber haftet nach § 278 BGB für Schäden, die einer seiner Arbeitnehmer dadurch erleidet, dass ihn sein Vorgesetzter schuldhaft in seinen Rechten verletzt (BAG 25.10.2007 – 8 AZR 593/06).
- In Mobbing-Fällen beginnt die Ausschlussfrist wegen der systematischen, sich aus mehreren einzelnen Handlungen zusammensetzenden Verletzungshandlung regelmäßig erst mit der zeitlich letzten Mobbing-Handlung (BAG 16.05.2007 – 8 AZR 709/06).
- Kein Mobbing wegen ostdeutscher Herkunft, hierin liegt keine „ethnische Herkunft“ iSd. AGG (ArbG Berlin 15.08.2019 – 44 Ca 8580/18).
- Dem klagenden Arbeitnehmer stehen Ansprüche auf Zahlung einer billigen Entschädigung in Geld unter dem Gesichtspunkt „Mobbing“ nicht zu, sofern sich weder die der Beklagten vorgeworfenen Verhaltensweisen – jede für sich gesehen – als inadäquat darstellen noch eine Gesamtschau aller einzubeziehenden Verhaltensweisen den Schluss darauf zulassen, sie bewirkten aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung eine Beeinträchtigung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers (LAG Hamm 12.02.2021 – 1 Sa 1220/20).
- Ein Schmerzensgeldanspruch wegen Mobbing kann gegeben sein, wenn ein übergeordneter Vorgesetzter einem Arbeitnehmer sein bisheriges Aufgabengebiet de facto entzieht, obwohl für die Arbeitsleistung weiterhin Bedarf besteht und diese von dem unmittelbaren Vorgesetzen angefordert wird, und dem Arbeitnehmer keinerlei andere Arbeiten zuweist, so dass der Arbeitnehmer im Arbeitsprozess beschäftigungslos und isoliert ist (LAG Köln 12.07.2010 – 5 Sa 890/09).
- Nicht jede Auseinandersetzung am Arbeitsplatz, nicht jede unpassende Bemerkung und Vorgehensweise eines Dienstvorgesetzten und nicht jede für den Arbeitnehmer nachteilige dienstliche Entscheidung kann den Vorwurf der zielgerichteten systematischen Herabsetzung belegen oder zumindest indizieren (OLG München 04.05.2012 – 1 U 1227/12).
- Die Gesamtschau einzelner Handlungen kann zu der Annahme der Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers führen auch, wenn die einzelnen Handlungen für sich betrachtet keine Rechtsverletzungen darstellen. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden (BAG 15.09.2016 – 8 AZR 351/15).
- Schmerzensgeld wegen Mobbing: Der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Fürsorgepflicht umfasst auch Ersatz für immaterielle Schäden. Die Prüfung der als “Mobbing” bezeichneten Zusammenfassung einer aus Einzelhandlungen bestehenden systematischen Verletzung der Fürsorgepflicht macht eine Gesamtbetrachtung der Einzelakte erforderlich (BVG 28.3.2023 – 2 C 6.21).
- Mobbing nach verlorenem Vorprozess: Arbeitnehmer wird als einziger Mitarbeiter in der ansonsten im Wesentlichen nur noch als Lagerhalle genutzten ehemaligen Metallhalle beschäftigt, in der er nunmehr ausschließlich allein Metallteile zu sortieren hat, wenn er zuvor als Sortierer in der sog. Nichteisenaufbereitungsanlage als Lagerarbeiter zusammen mit anderen Arbeitskollegen in der damaligen Metallhalle beschäftigt war (LAG Rheinland-Pfalz Urteil vom 10.03.2014 – 2 Sa 96/13).
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