Befürchten Sie, dass Sie bald gekündigt werden und haben von einem Sozialplan erfahren? Möchten Sie sich informieren, welche Kriterien dabei zu beachten sind, um Ihre Rechte zu wahren und ggf. eine Abfindung zu erhalten?
Im nachfolgenden Artikel erläutern wir, was ein Sozialplan im Rahmen von Kündigungen genau ist (dazu unter 1.) und welche Kriterien im Sozialplan bei Abfindungen Berücksichtigung finden (dazu unter 2.). Weiterhin erklären wir, was in Unternehmen ohne Betriebsrat in diesem Zusammenhang gilt (dazu unter 3.), stellen dar, ob Arbeitnehmer hiergegen klagen sollten (dazu unter 4.) und wie sich solche Kündigungen auf den Arbeitslosengeldanspruch auswirken (dazu unter 5.).
Anschließend beantworten wir häufige Fragen (dazu unter 6.) und geben einen Überblick über relevante Urteile (dazu unter 7.).
1. Welche Punkte regelt ein Sozialplan bei einer Kündigung?
Bei einem Sozialplan handelt es sich um eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, die im Falle einer Betriebsänderung abgeschlossen wird (§ 112 BetrVG) und regelmäßig typische Punkte im Zusammenhang mit dem Schutz der Belegschaft regelt.
Ziel des Sozialplans ist es, wirtschaftliche Nachteile für Arbeitnehmer, die von einer betriebsbedingten Kündigung betroffen sind, auszugleichen oder zumindest abzumildern. In der Praxis wird oft im gleichen Zuge auch ein Interessenausgleich ausgehandelt, welcher regelt, wie eine Restrukturierung in einem Unternehmen umgesetzt wird.
Typische Punkte in einem Sozialplan sind:
- Abfindungen zur Kompensation des Arbeitsplatzverlusts,
- Fortbildungen und Umschulungen zur Verbesserung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt,
- Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche,
- Unterstützungsangebote (Beispiel: Überbrückungsgelder oder Sonderzahlungen)
und andere Ausgleichsmaßnahmen.
Der Sozialplan ist ein wichtiger Bestandteil bei
- Restrukturierungen,
- Massenentlassungen oder
- Betriebsschließungen
und betrifft häufig viele Arbeitnehmer gleichzeitig. Sozialpläne sind verbindlich und haben die Wirkung einer Betriebsvereinbarung.
Merke: Ein Sozialplan schützt Arbeitnehmer bei betriebsbedingten Kündigungen und bietet Ausgleichsmaßnahmen wie Abfindungen und Unterstützung bei der Arbeitssuche.
2. Welche Kriterien werden im Sozialplan bei der Abfindung berücksichtigt?
Im Rahmen eines Sozialplans finden bei der Abfindungsberechnung verschiedene Kriterien Berücksichtigung. Die Höhe der Abfindung richtet sich jedoch immer nach dem Inhalt des Sozialplans. Diese sogenannten Sozialkriterien werden herangezogen, um festzulegen, wie hoch die Abfindung für den einzelnen Arbeitnehmer ausfällt.
Zu den Sozialkriterien gehören u.a.:
- Betriebszugehörigkeit
- Lebensalter
- Unterhaltspflichten
- Schwerbehinderung
Die genaue Berechnung wird im Sozialplan festgelegt und kann variieren. In der Regel beträgt die Abfindung 0,5 bis 1,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr.
Sozialpläne sind oft fehleranfällig und unklar formuliert, sodass sich im Ergebnis oft Berechnungsfehler zu Lasten von Arbeitnehmern einschleichen.
Merke: Die Höhe der Abfindung im Sozialplan hängt von Kriterien wie Betriebszugehörigkeit, Alter und Unterhaltspflichten ab.
3. Was gilt bei einer Kündigung mit Sozialplan ohne Betriebsrat?
Gibt es in Ihrem Unternehmen keinen Betriebsrat, stellt sich die Frage, ob ein Sozialplan überhaupt bestehen kann. Denn es ist gesetzlich geregelt, dass ein Sozialplan, wie oben ausgeführt, eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist. Ohne Betriebsrat fehlt dieses Gremium, was bedeutet, dass es schwieriger wird, einen Sozialplan durchzusetzen.
Wenn Ihr Unternehmen keinen Betriebsrat hat und nicht ersichtlich ist, dass sich in nächster Zeit einer bildet, dann ist es ratsam, sich individuell anwaltlich beraten zu lassen. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Sozialplan anzubieten, es sei denn, er unterliegt besonderen tarifvertraglichen Regelungen.
4. Sollten Arbeitnehmer Klage einreichen bei Kündigungen mit Sozialplan?
Auch wenn ein Sozialplan und Interessenausgleich existiert und Ihnen eine Abfindung zugesprochen wurde, kann es im Einzelfall sinnvoll sein, gegen die Kündigung gerichtlich vorzugehen. Der Umstand, dass ein Interessenausgleich abgeschlossen wurde bzw. ein Sozialplan greift, schließt eine Kündigungsschutzklage nicht aus.
Gründe für eine Kündigungsschutzklage könnten beispielsweise sein:
- Unwirksamkeit der Kündigung
- Fehler bei der Sozialauswahl
- Verstoß gegen den Sozialplan
Kündigungsschutzklagen müssen innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden. Verpassen Sie die dreiwöchige Frist, dann gilt die Kündigung als wirksam.
Merke: Auch bei einem bestehenden Sozialplan kann es sinnvoll sein, gegen eine Kündigung Klage einzureichen, insbesondere bei fehlerhafter Sozialauswahl.
5. Bekommen Arbeitnehmer Arbeitslosengeld bei Kündigungen mit Sozialplan?
Nach betriebsbedingten Kündigungen mit Sozialplan haben Sie regelmäßig Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Abfindung aus dem Sozialplan beeinflusst das Arbeitslosengeld nicht direkt, solange Sie sich an die gesetzlichen Kündigungsfristen halten.
Die Agentur für Arbeit kann allerdings, wenn Sie einen Aufhebungsvertrag statt einer Kündigung unterschreiben, eine sogenannte Sperrzeit verhängen. Dies gilt, wenn der Vertrag auf Ihre Initiative hin zustande kam oder die gesetzlichen Fristen nicht eingehalten wurden. Lassen Sie sich in diesem Fall unbedingt von einem Anwalt beraten, um finanzielle Nachteile zu vermeiden.
Melden Sie sich umgehend nach Erhalt der Kündigung bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend damit Sie das Arbeitslosengeld zeitnah erhalten.
Merke: Ohne Betriebsrat ist es schwieriger, einen Sozialplan durchzusetzen – in diesem Fall ist rechtliche Beratung unerlässlich.
6. Häufige Fragen zur Kündigung mit Sozialplan
a) Findet die Abfindung bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes Berücksichtigung?
Nein, solange die gesetzlichen Kündigungsfristen eingehalten werden, hat die Abfindung keinen Einfluss auf die Höhe des Arbeitslosengeldes.
b) Was tun, wenn mein Arbeitgeber den Sozialplan nicht einhält?
Wenn Ihr Arbeitgeber den Sozialplan nicht einhält, können Sie Ihre Ansprüche auf Basis des Sozialplans gerichtlich durchsetzen. Arbeitnehmer haben unmittelbar einklagbare Ansprüche auf dasjenige, was im Sozialplan als Anspruch geregelt ist – beispielsweise eine Abfindung nach einer betriebsbedingten Kündigung.
c) Werden Kinder bei der Berechnung der Abfindung berücksichtigt?
Ja, eine der regelmäßig in Sozialplänen verankerte Kriterien betreffen Unterhaltspflichten für Kinder oder andere Familienmitglieder. Diese Punkte fließen in die Berechnung der Abfindung mit ein, da sie als Sozialkriterium im Sozialplan berücksichtigt werden.
d) Erhalte ich auch ohne Betriebsrat eine Abfindung?
Zwar ist es schwieriger, ohne Betriebsrat eine Abfindung durchzusetzen, da hier regelmäßig kein Sozialplan vereinbart wird. Es kann jedoch sein, dass tarifvertragliche oder individualvertragliche Regelungen bestehen, die eine Abfindung ermöglichen. Zudem können Sie häufig im Rahmen von Kündigungsschutzklagen und Aufhebungsverträgen eine Abfindung aushandeln. Hierbei ist eine Beratung durch einen Anwalt anzuraten, um das bestmögliche Ergebnis für Sie zu erreichen.
e) Erhalte ich auch während der Probezeit eine Abfindung?
Während der Probezeit gibt es regelmäßig keinen Sozialplan und damit auch keine Abfindung, da in dieser Zeit niedrigere Voraussetzungen für Kündigungen gelten. Jedoch sind Sonderregelungen möglich, die individuell geprüft werden sollten.
f) Kann ich während Krankheit oder Elternzeit gekündigt werden?
Kündigungen während der Krankheit oder Elternzeit ist unter bestimmten Umständen möglich. Insbesondere während der Elternzeit und bei schwerbehinderten Arbeitnehmern gilt ein erhöhter Kündigungsschutz. Abfindungen nach Sozialplan können auch in diesen Fällen gewährt werden, wenn Sie trotz des Kündigungsschutzes entlassen werden. Eltern mit Kindern können oft auf eine höhere Abfindung hoffen, da Unterhaltspflichten als Sozialkriterium berücksichtigt werden.
7. Rechtsprechung zur Kündigung mit Sozialplan
- Sozialplanleistungen dürfen nicht vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig gemacht werden. (…) Die Betriebsparteien sind nicht gehindert, bei einer Betriebsänderung im Interesse des Arbeitgebers an alsbaldiger Planungssicherheit zusätzlich zu einem Sozialplan in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung Leistungen für den Fall vorzusehen, dass der Arbeitnehmer von der Möglichkeit zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage keinen Gebrauch macht. Das Verbot, Sozialplanleistungen von einem entsprechenden Verzicht abhängig zu machen, darf dadurch nicht umgangen werden (BAG 31.05.2005 – 1 AZR 254/04).
- Einen Anspruch auf eine Sozialplanabfindung verlieren Sie nicht dadurch, dass Sie trotzdem gegen die Kündigung vorgehen (BAG 09.12.2014 – 1 AZR 146/13).
- Die Betriebsparteien sind unionsrechtlich nicht gehalten, in einem Sozialplan für rentennahe Arbeitnehmer einen wirtschaftlichen Ausgleich vorzusehen, der mindestens die Hälfte der Abfindung rentenferner Arbeitnehmer beträgt (BAG 26.03.2013 – 1 AZR 813/11).
- Die mit Stichtagsregelungen in Sozialplänen verbundene Gruppenbildung darf nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. An Stichtage anknüpfende Differenzierungen bei Grund und Höhe von Abfindungsansprüchen müssen nach dem Zweck eines Sozialplans sachlich gerechtfertigt sein. Dieser besteht darin, die durch eine Betriebsänderung den Arbeitnehmern drohenden wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen oder abzumildern (BAG 19.02.2008 – 1 AZR 1004/06).
- §§ 111, 112 BetrVG schränken die Befugnis von Tarifvertragsparteien zum Abschluss eines Tarifvertrages mit einem sozialplanähnlichen Inhalt nicht ein. Der Ausschluss eines tariflichen Abfindungsanspruchs für den Fall der Erhebung einer Kündigungsschutzklage durch den gekündigten Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber vorher auf diese Bedingung hingewiesen hat, verstößt weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen § 612a BGB (BAG 06.12.2006 – 4 AZR 798/05).
Möchten Sie sich im Rahmen von Kündigungen mit Sozialplan ausführlich beraten lassen? Dann melden Sie sich gerne bei uns, wir verteidigen Ihre Rechte.