Diskriminierungsrecht

Diskriminierungsverbot am Arbeitsplatz

Sind Sie Diskriminierungen am Arbeitsplatz ausgesetzt und möchten wissen, wie Sie sich dagegen verteidigen bzw. an wen Sie sich wenden können? Oder wollten Sie immer schon wissen, was unter das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz fällt und was sogenannte „AGG-Hopper“ sind?

Im anschließenden Artikel erläutern wir, wann eine Diskriminierung am Arbeitsplatz vorliegt (dazu unter 1.), was die gesetzlichen Grundlagen sind (dazu unter 2.) und was Sie als Arbeitnehmer tun können, wenn Sie sich am Arbeitsplatz diskriminiert fühlen (dazu unter 3.). Weiterhin erklären wir, was die Pflichten Ihres Arbeitgebers sind in diesem Zusammenhang (dazu unter 4.) und was „AGG-Hopper“ sind (dazu unter 5.).

Anschließend beantworten wir häufige Fragen (dazu unter 6.) und geben einen Überblick über relevante Urteile (dazu unter 7.).

1. Wann liegt eine Diskriminierung am Arbeitsplatz vor?

Eine Diskriminierung am Arbeitsplatz liegt vor, wenn Arbeitnehmer aufgrund bestimmter persönlicher Merkmale schlechter behandelt werden, als andere in einer vergleichbaren Situation. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt Arbeitnehmer vor Benachteiligungen und legt fest, dass niemand im beruflichen Umfeld aufgrund bestimmter Merkmale ungerecht behandelt werden darf.

Diese Merkmale finden sich insbesondere in § 1 AGG:

  • Ethnische Herkunft,
  • Geschlecht,
  • Religion oder Weltanschauung,
  • Behinderung,
  • Alter,
  • Sexuelle Identität.

Beispiele:

  • Diskriminierung aufgrund des Geschlechts:

Weibliche Bewerberin wird aufgrund ihres Geschlechts abgelehnt, obwohl sie die gleichen Qualifikationen wie ein männlicher Bewerber hat.

  • Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft:

Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund erhält für die gleiche Tätigkeit weniger Gehalt als andere Arbeitnehmer in vergleichbarer Position oder wird von Beförderungen ausgeschlossen.

  • Diskriminierung aufgrund einer Behinderung:

Arbeitnehmer mit einer anerkannten Behinderung wird ungerechtfertigt von bestimmten Aufgaben ausgeschlossen, die er bewältigen kann.

Das AGG unterscheidet gemäß § 3 AGG zwischen zwei Arten von Benachteiligungen:

  • Unmittelbare Benachteiligung
  • Mittelbare Benachteiligung

Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines oben aufgeführten Merkmals eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt.

Eine mittelbare Benachteiligung ist hingegen der Fall, wenn eine dem Anschein nach neutrale Vorschrift, ein Kriterium oder ein Verfahren Personen aufgrund der oben aufgezählten Merkmale gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligt.

2. Was sind die gesetzlichen Grundlagen für Diskriminierungsschutz am Arbeitsplatz?

Die gesetzlichen Grundlagen zum Schutz vor Diskriminierung am Arbeitsplatz finden sich in verschiedenen Gesetzen oder allgemein geltenden Grundsätzen im Arbeitsrecht wieder.

Die drei wichtigsten gesetzlichen Grundlagen in diesem Zusammenhang sind folgende:

AGG

Bei dem AGG handelt es sich um das zentrale Gesetz gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz. Es schützt Arbeitnehmer vor Benachteiligungen in Bezug auf

  • Einstellung,
  • Beförderung,
  • Arbeitsbedingungen,
  • Entlassung und
  • Zugang zu Fortbildungen.

Allgemeiner arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz:

Dieser Grundsatz besagt, dass Arbeitgeber alle Arbeitnehmer in ähnlichen Situationen gleich behandeln müssen, soweit keine sachlichen Gründe für eine Ungleichbehandlung vorliegen.

Beispiel zum allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz:

Aufgrund eines umsatzstarken Jahres zahlt ein Unternehmen an seine Mitarbeiter ein Weihnachtsgeld in Höhe von EUR 1500 aus. Ein Arbeitnehmer erhält ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes allerdings kein Weihnachtsgeld im Gegensatz zu seinen Kollegen. Hieraus kann sich ein Anspruch auf Gleichstellung ergeben.

Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG):

Das EntgTranspG dient der Förderung der Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen und ermöglicht Arbeitnehmern den Anspruch auf Auskunft über die Gehälter vergleichbarer Kollegen. Dies dient der Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Diskriminierung bei der Entlohnung.

3. Was kann ich als Arbeitnehmer tun, wenn ich mich am Arbeitsplatz diskriminiert fühle?

Wenn Sie sich an Ihrem Arbeitsplatz diskriminiert fühlen, dann können Sie folgende Schritte unternehmen:

  1. Interne Klärung

Sie sollten unbedingt jeden Vorfall genau dokumentieren und versuchen, zunächst das Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten oder der Personalabteilung zu suchen.

  1. Betriebsrat einschalten

Soweit bei Ihrem Arbeitgeber ein Betriebsrat vorhanden ist, kann der Betriebsrat bei Diskriminierung Vorfälle an den Arbeitgeber herantragen und Ihre Rechte in diesem Rahmen vertreten. Sie können sich auch an externe Stellen wenden, wie beispielsweise die Antidiskriminierungsstelle des Bundes.

  1. Beschwerderecht nach AGG

Das AGG sieht gemäß § 13 AGG vor, dass Arbeitnehmer sich offiziell bei den zuständigen Stellen des Betriebs, des Unternehmens oder der Dienststelle beschweren können (Beispiel: Personalabteilung).

  1. Rechtliche Schritte

Werden Sie weiterhin am Arbeitsplatz diskriminiert, dann besteht die Möglichkeit, eine Klage vor dem Arbeitsgericht einzureichen. Dabei sollten Sie auf die Fristen des AGG achten, denn Ansprüche auf Schadensersatz oder Entschädigung können oft nur innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach dem Vorfall geltend gemacht werden können, es sei denn, es wurde tarifvertraglich etwas anderes vereinbart (§ 15 AGG).

4. Welche Pflichten haben Arbeitgeber, wenn er Diskriminierung mitbekommt?

Bekommen Arbeitgeber Diskriminierungen am Arbeitsplatz mit, dann sind Sie gesetzlich dazu verpflichtet, Maßnahmen zur Verhinderung von Diskriminierung zu ergreifen.

Dies umfasst unter anderem:

  • Präventive Maßnahmen:

Schulung von Personal und Führungskräften zu den Vorgaben des AGG und den möglichen Formen von Diskriminierung.

  • Untersuchungspflicht:

Wird eine Beschwerde eingereicht, dann muss der Arbeitgeber den Vorfall eingehend untersuchen und geeignete Maßnahmen ergreifen, um weitere Diskriminierungen zu verhindern.

  • Schutz des betroffenen Arbeitnehmers:

Arbeitgeber müssen die betroffenen Arbeitnehmer vor Benachteiligungen schützen und sicherstellen, dass sie aufgrund der Beschwerde nicht benachteiligt werden.

  • Bestrafung von Tätern:

Sind die Diskriminierungen nachweisbar, dann hat der Arbeitgeber Disziplinarmaßnahmen gegen den diskriminierenden Arbeitnehmer zu ergreifen. Diese können von einer Verwarnung bis zur Kündigung reichen.

5. Was sind sogenannte AGG-Hopper?

Sogenannte „AGG-Hopper“ sind Personen, die das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gezielt ausnutzen, um Entschädigungen zu erlangen, ohne tatsächlich an einer ernsthaften Beschäftigung interessiert zu sein.

In der Praxis bewerben sich AGG-Hopper typischerweise auf zahlreiche Stellen, mit dem Ziel, eine Diskriminierung nachweisen zu können und anschließend Entschädigungen geltend zu machen.

Die Rechtsprechung hat jedoch entschieden, dass diese Personen keinen Anspruch auf Entschädigung haben, wenn ihre Motivation lediglich darin besteht, zielgerichtet Schadensersatz nach dem AGG zu erlangen und keine ernsthafte Bewerbung vorlag.

6. Häufige Fragen zum Diskriminierungsverbot am Arbeitsplatz

a) Welche Formen der Diskriminierung sind am Arbeitsplatz verboten?

Am Arbeitsplatz sind gemäß § 1 AGG insbesondere Benachteiligungen aufgrund von Geschlecht, Alter, Religion, Behinderung, Herkunft, sexueller Identität und Weltanschauung verboten.

b) Kann ich mich gegen Diskriminierung im Bewerbungsprozess wehren?

Ja, auch im Bewerbungsverfahren gilt das AGG. Bei Diskriminierung kann eine Entschädigung gefordert werden.

c) Welche Fristen muss ich bei einer Diskriminierungsbeschwerde einhalten?

Bei einer Diskriminierungsbeschwerde beträgt die Frist zwei Monate. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

e) Kann ich einen Entschädigungsanspruch haben, wenn ich diskriminiert werde?

Wird eine Diskriminierung festgestellt, dann können Sie einen Entschädigungsanspruch gemäß § 15 AGG haben, die eine finanzielle und immaterielle Schadenskomponente umfassen.

f) Wie kann ich eine Diskriminierung nachweisen?

Um eine Diskriminierung nachweisen zu können, müssen Sie sorgfältig die Diskriminierungsfälle dokumentieren. Als Beweis können beispielsweise Zeugen, schriftliche Aussagen oder E-Mails dienen.

g) Gilt das AGG auch für freie Mitarbeiter?

Das AGG gilt primär für Arbeitnehmer, kann jedoch in Einzelfällen auch auf freie Mitarbeiter anwendbar sein, je nach Abhängigkeitsgrad.

h) Muss mein Arbeitgeber auf meine Beschwerde reagieren?

Ja, Arbeitgeber sind verpflichtet, Beschwerden zu prüfen und Maßnahmen gegen Diskriminierung zu ergreifen.

i) Gibt es eine Verjährungsfrist für Diskriminierungsansprüche?

Neben der zwei-monatigen Frist gibt es eine allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren für Schadensersatzansprüche.

7. Rechtsprechung zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz

  • Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG – erfolgloser Bewerber: Hat ein schwerbehinderter Bewerber dem Arbeitgeber in einem vergangenen Arbeitsverhältnis vorgeworfen, Mobbing ausgesetzt gewesen zu sein und „Angst um Leib und Leben“ verspürt zu haben, so ist bei einer erneuten Bewerbung nicht von einem ernsthaften Einstellungsinteresse auszugehen (BAG 19.01.2023 – 8 AZR 438/21).
  • Diskriminierung wegen Schwerbehinderung: Ein erfolgloser schwerbehinderter Bewerber genügt in einem Schadensersatz- bzw. Entschädigungsprozess nach § 15 AGG seiner Darlegungslast für die Kausalität der Schwerbehinderung für die Benachteiligung regelmäßig dadurch, dass er eine Verletzung des Arbeitgebers gegen Bestimmungen rügt, die Verfahrens- und/oder Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen enthalten. Er muss für die von ihm nur vermutete Tatsache eines Verstoßes des Arbeitgebers (…) in die ein Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis als Außenstehender regelmäßig keinen Einblick hat und sich auch zumutbar nicht verschaffen kann, regelmäßig keine konkreten Anhaltspunkte darlegen (BAG 14.06.2023 – 8 AZR 136/22).
  • Eine Belästigung iSd. § 3 Abs. 3 AGG ist nur dann gegeben, wenn die Würdeverletzung einer Person und ein sog. „feindliches Umfeld“ kumulativ vorliegen. Ob ein „feindliches Umfeld“ iSd. § 3 Abs. 3 AGG geschaffen ist, muss mittels einer wertenden Gesamtschau aller Faktoren beurteilt werden. Diese Gesamtschau unterliegt der revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbaren tatrichterlichen Würdigung. Ein Entschädigungsanspruch wegen einer Belästigung im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses muss innerhalb der Zwei-Monats-Frist des § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG schriftlich geltend gemacht werden. Dies widerspricht nicht europäischem Gemeinschaftsrecht (BAG 24.09.2009 – 8 AZR 705/08).
  • Die Pflicht des öffentlichen Arbeitgebers zur Einladung schwerbehinderter Menschen zu einem Vorstellungsgespräch nach § 165 Satz 3 SGB IX beinhaltet auch das Erfordernis einen Ersatztermin anzubieten, wenn der sich bewerbende schwerbehinderte Mensch seine Verhinderung vor der Durchführung des vorgesehenen Termins unter Angabe eines hinreichend gewichtigen Grundes mitteilt und dem Arbeitgeber die Durchführung eines Ersatztermins zumutbar ist (BAG 23.11.2023 – 8 AZR 164/22).
  • Eine heilbare oder unheilbare Krankheit, die eine physische, geistige oder psychische Einschränkung mit sich bringt, kann einer Behinderung gleichzustellen sein. Die Verkürzung der Arbeitszeit kann als eine Vorkehrungsmaßnahme angesehen werden, die ein Arbeitgeber ergreifen muss, damit Menschen mit Behinderung arbeiten können (EuGH 11.04.2013 – C-335/11, C-337/11).
  • Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts ist zulässig, wenn das Geschlecht des Stelleninhabers eine wesentliche und entscheidende Anforderung iSd. § 8 Abs. 1 AGG darstellt (BAG 28.05.2009 – 8 AZR 536/08).
  • Bietet ein Arbeitgeber einem befristet beschäftigten Arbeitnehmer keinen Folgevertrag an, weil der Arbeitnehmer ihm zustehende Rechte ausgeübt hat, liegt darin eine von § 612a BGB verbotene Maßregelung. Verletzt der Arbeitgeber das Maßregelungsverbot, kann der Arbeitnehmer Anspruch auf Schadensersatz haben. § 15 Abs. 6 AGG ist jedoch entsprechend anzuwenden. Der Arbeitnehmer kann deshalb keinen Folgevertrag verlangen (BAG 21.09.2011 – 7 AZR 150/10).
  • Zwar gibt es keinen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts, der als solcher Diskriminierungen wegen Adipositas verböte, doch fällt Adipositas unter den Begriff „Behinderung“, wenn sie unter bestimmten Bedingungen den Betreffenden an der vollen und wirksamen Teilhabe am Berufsleben, gleichberechtigt mit den anderen Arbeitnehmern, hindert (EuGH 18.12.2014 – C-354/13).      

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