Fühlen Sie sich aufgrund Ihres Geschlechts am Arbeitsplatz von Ihren Kollegen oder Vorgesetzten diskriminiert? Haben Sie den Eindruck, dass Sie aufgrund Ihres Geschlechts bei Beförderungen oder Gehaltserhöhungen benachteiligt werden?
Nachfolgend erläutern wir, was Geschlechterdiskriminierung genau bedeutet (dazu unter 1.), stellen einige Beispiele dazu dar (dazu unter 2.) und ob das Grundgesetz Arbeitnehmer vor Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts schützt (dazu unter 3.). Weiterhin erklären wir, was Sie tun können, wenn Sie bei einer Bewerbung Diskriminierung erfahren (dazu unter 4.).
Anschließend beantworten wir häufige Fragen (dazu unter 5.) und geben einen Überblick über relevante Urteile (dazu unter 6.).
1. Was bedeutet Geschlechterdiskriminierung?
Eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts am Arbeitsplatz bedeutet, dass eine Person aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer geschlechtlichen Identität am Arbeitsplatz ungerecht behandelt oder benachteiligt wird. Diskriminierung kann sowohl offen als auch versteckt sein und umfasst ungleiche
- Behandlung,
- Vergütung,
- Zugang zu Fortbildungsmaßnahmen und
- Beförderungschancen.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet ausdrücklich eine solche Diskriminierung schützt Arbeitnehmer, unabhängig vom Geschlecht, vor Benachteiligung in allen Phasen des Arbeitsverhältnisses – von der Bewerbung bis zur Kündigung.
Das AGG unterscheidet gemäß § 3 AGG zwischen zwei Arten von Benachteiligungen:
- Unmittelbare Benachteiligung
- Mittelbare Benachteiligung
Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen des Geschlechts eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt.
Eine mittelbare Benachteiligung ist hingegen der Fall, wenn eine dem Anschein nach neutrale Vorschrift, ein Kriterium oder ein Verfahren Personen aufgrund des Geschlechts gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligt.
Geschlechterdiskriminierung umfasst nicht nur das Benachteiligen von weiblichen oder männlichen Arbeitnehmern, sondern auch beispielsweise von nicht-binären oder transgender Arbeitnehmern. Jede unfaire Behandlung aufgrund des Geschlechts oder der Geschlechtsidentität wird als Geschlechterdiskriminierung klassifiziert und kann rechtliche Folgen für den Arbeitgeber haben.
Merke: Diskriminierung aufgrund des Geschlechts am Arbeitsplatz liegt vor, wenn eine Person aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer geschlechtlichen Identität am Arbeitsplatz ungerecht behandelt oder benachteiligt wird.
2. Beispiele für Geschlechterdiskriminierung am Arbeitsplatz
Nachfolgend einige praxisnahe Beispiele für Diskriminierung aufgrund des Geschlechts am Arbeitsplatz, um Ihnen eine Übersicht zu diesem Thema zu geben:
- Ungleiches Gehalt:
Eine Arbeitnehmerin erhält ein geringeres monatliches Gehalt im Gegensatz zu ihrem männlichen Kollegen in einer vergleichbaren Position, obwohl ihre Qualifikationen, Tätigkeits- und Verantwortungsbereiche gleich sind. Das Entgelttransparenzgesetz regelt in Deutschland das Recht auf gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit und bietet Schutz vor Lohndiskriminierung.
- Benachteiligung bei Beförderung:
Eine Arbeitnehmerin wird trotz ihrer Qualifikationen und Erfahrungen bei einer Beförderung übergangen, weil ihr Arbeitgeber glaubt, dass sie aufgrund familiärer Verpflichtungen weniger flexibel ist. Dies ist eine Form der geschlechtsbasierten Diskriminierung nach dem AGG.
- Unterschiedliche Zugangschancen zu Fortbildungen:
Arbeitnehmer erhalten beim Arbeitgeber mehr Zugang zu karrierefördernden Fortbildungen, während Arbeitnehmerinnen beim gleichen Arbeitgeber hiervon ausgeschlossen oder benachteiligt werden.
Durch diese Beispiele wird verdeutlicht, dass Geschlechterdiskriminierung in verschiedenen Formen und oft unterschwellig auftreten kann. Sie ist jedoch in jedem Fall rechtswidrig und stellt einen Verstoß im Sinne des AGG dar.
Merke: Es wird zwischen mittelbarer und unmittelbarer Benachteiligung unterschieden.
3. Schützt das Grundgesetz Arbeitnehmer vor Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts?
Das Grundgesetz schützt grundlegend alle Menschen vor jeglicher Geschlechterdiskriminierung. In Art. 3 Abs. 2 GG heißt es:
“ Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“
Niemand darf wegen seines Geschlechts (unabhängig ob beispielsweise weiblich, männlich, transgender, non-binär) benachteiligt oder bevorzugt werden. Das Grundgesetz legt somit die Grundlage für die Gleichbehandlung.
Zusätzlich zum Grundgesetz sind folgendes die drei wichtigsten gesetzlichen Grundlagen:
- AGG
Bei dem AGG handelt es sich um das zentrale Gesetz gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz. Es schützt Arbeitnehmer vor Benachteiligungen in Bezug auf Einstellung, Beförderung, Arbeitsbedingungen, Entlassung und Zugang zu Fortbildungen.
- Allgemeiner arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz:
Dieser Grundsatz besagt, dass Arbeitgeber alle Arbeitnehmer in ähnlichen Situationen gleich behandeln müssen, soweit keine sachlichen Gründe für eine Ungleichbehandlung vorliegen.
- Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG):
Das EntgTranspG dient der Förderung der Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen und ermöglicht Arbeitnehmern den Anspruch auf Auskunft über die Gehälter vergleichbarer Kollegen. Dies dient der Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Diskriminierung bei der Entlohnung.
Merke: Geschlechterdiskriminierung umfasst nicht nur weibliche oder männliche Arbeitnehmer sondern beispielsweise auch nicht-binäre oder transgender Arbeitnehmer.
4. Was können Arbeitnehmer tun, die in einer Bewerbung aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert werden?
Arbeitnehmer, die der Meinung sind, in einem Bewerbungsverfahren aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert wurden, haben verschiedene rechtliche Handlungsoptionen:
- Beschwerderecht:
Bewerber können sich gemäß AGG beschweren und eine Entschädigung verlangen, wenn sie aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt wurden. Laut § 15 AGG kann ein Schadensersatzanspruch bestehen, der innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der diskriminierenden Entscheidung geltend gemacht werden muss. Sie können sich auch an externe Stellen wie beispielsweise die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wenden.
- Dokumentation und Beweise sammeln:
Es ist wichtig, mögliche Hinweise und Beweise auf Diskriminierung zu dokumentieren, wie z.B. Äußerungen im Bewerbungsgespräch oder Unterschiede im Auswahlverfahren.
- Rechtliche Schritte:
Wenn der (potenzielle) Arbeitgeber die Beschwerde nicht bearbeitet oder keine Konsequenzen daraus zieht, können Betroffene den Fall vor das Arbeitsgericht bringen und eine gerichtliche Überprüfung der Diskriminierung verlangen.
Merke: Sie können im Falle einer Geschlechterdiskriminierung verschiedene Optionen in Anspruch nehmen, wie beispielsweise Ihr Beschwerderecht oder rechtliche Schritte einleiten. Lassen Sie sich gerne hierzu von unseren Experten umfassend beraten.
5. Häufige Fragen zur Geschlechterdiskriminierung
a) Welche Arten von Diskriminierung aufgrund Geschlechts gibt es im Arbeitsalltag?
Es gibt unmittelbare und mittelbare Geschlechterdiskriminierungen. Eine unmittelbare Diskriminierung ist, wenn eine Person aufgrund ihres Geschlechts offen benachteiligt wird, wie beispielsweise in Stellenanzeigen, die gezielt nur Männer oder Frauen ansprechen. Mittelbare Diskriminierungen treten auf, wenn Regelungen bestehen, die bestimmte Geschlechter benachteiligen, auch wenn sie auf den ersten Blick neutral erscheinen.
b) Was kann ich als Arbeitnehmer tun, wenn ich am Arbeitsplatz benachteiligt werde?
Wenn Sie da Gefühl haben am Arbeitsplatz diskriminiert zu werden, dann können Sie sich zum Beispiel zunächst beim Betriebsrat oder einer Vertrauensperson im Unternehmen informieren. Sie können in diesem Rahmen von Ihrem Beschwerderecht Gebrauch machen und sollten den Vorfall im Detail dokumentieren. Verändert sich die Lage nicht, dann können Sie auch rechtliche Schritte in Erwägung ziehen und sich an einen Anwalt für Arbeitsrecht wenden um unter anderem Entschädigungsansprüche geltend zu machen.
c) Wie kann ich eine Diskriminierung im Bewerbungsprozess nachweisen?
Abwertende Äußerungen im Vorstellungsgespräch oder eine Stellenbeschreibung, die nur ein bestimmtes Geschlecht bevorzugt, können als Beweise dienen, um eine Diskriminierung nachzuweisen. Sie sollten sich die Äußerungen schriftlich notieren und gegebenenfalls E-Mails oder andere schriftliche Belege sichern.
d) Welche Rolle spielt das AGG im Schutz vor Geschlechterdiskriminierung?
Das AGG verbietet Diskriminierung in allen Phasen des Arbeitsverhältnisses und bietet Arbeitnehmern eine klare rechtliche Grundlage, sich gegen geschlechtsbezogene Benachteiligung zu wehren. Es schreibt Arbeitgebern vor, alle Geschlechter gleich zu behandeln und schützt besonders vor Ungleichbehandlung im Zugang zu Arbeit, Entlohnung und beruflichem Aufstieg.
e) Kann ich eine Entschädigung wegen der Diskriminierung aufgrund meines Geschlechts verlangen?
Ja, Sie können dem AGG nach, eine Entschädigung verlangen (§ 15 AGG), wenn die Diskriminierung nachweisbar ist. Diese Entschädigung dient als Ausgleich für die erlittene Benachteiligung und kann als finanzieller Ausgleich eingefordert werden.
f) Muss mein Arbeitgeber Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung ergreifen?
Ja, Arbeitgeber sind gesetzlich dazu verpflichtet, Diskriminierungen aktiv zu verhindern. Dies umfasst unter anderem
- Schulungen,
- die Förderung einer fairen Unternehmenspolitik und
- gleiche Zugangsmöglichkeiten für alle Geschlechter in allen betrieblichen Belangen.
g) Wie kann ich erkennen, ob eine Ungleichbehandlung aufgrund meines Geschlechts vorliegt?
Vergleichbare Situationen können auf Geschlechterdiskriminierung hinweisen (Beispiel: Kolleginnen und Kollegen werden anders behandelt oder entlohnt). Auch restriktive Zugangsregelungen für Frauen oder Männer in bestimmten Bereichen sind Anzeichen für eine Diskriminierung, die überprüft werden sollte.
6. Rechtsprechung zur Geschlechterdiskriminierung
- Bei diskriminierenden Kündigungen ist unbeschadet des § 2 Abs. 4 AGG ein Anspruch auf den Ersatz immaterieller Schäden nach § 15 Abs. 2 AGG grundsätzlich möglich. Die merkmalsbezogene Belastung in Zusammenhang mit dem Ausspruch einer Kündigung führt jedenfalls dann zu einem Entschädigungsanspruch, wenn sie über das Normalmaß hinausgeht (BAG 12.12.2013 – 8 AZR 838/12).
- Die Frage des Arbeitgebers nach einer Schwangerschaft vor der geplanten unbefristeten Einstellung einer Frau verstößt regelmäßig gegen § 611 a BGB. Das gilt auch dann, wenn die Frau die vereinbarte Tätigkeit wegen eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes zunächst nicht aufnehmen kann (BAG 06.02.2003 – 2 AZR 621/01).
- Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts ist zulässig, wenn das Geschlecht des Stelleninhabers eine wesentliche und entscheidende Anforderung iSd. § 8 Abs. 1 AGG darstellt (BAG 28.05.2009 – 8 AZR 536/08).
- Bedient sich der Arbeitgeber zur Stellenausschreibung eines Dritten – z. B. der Bundesanstalt (jetzt Bundesagentur) für Arbeit – und verletzt dieser die Pflicht zur geschlechtsneutralen Stellenausschreibung, so ist dem Arbeitgeber dieses Verhalten in der Regel zuzurechnen (BAG 05.02.2004 – 8 AZR 112/03).
- Grundsätzlich kann eine unmittelbare Ungleichbehandlung wegen des Geschlechts und dadurch bewirkte Diskriminierung nicht sachlich gerechtfertigt werden. Geht es allerdings um den Zugang zur Beschäftigung, kann nach § 8 Abs. 1 AGG eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes – auch des Geschlechts – zulässig sein. Dies setzt nach dem Wortlaut von § 8 Abs. 1 AGG voraus, dass dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Dabei kann in unionsrechtskonformer und enger Auslegung (…) nicht der Grund iSv. § 1 AGG, auf den die Ungleichbehandlung gestützt ist, sondern nur ein mit diesem Grund im Zusammenhang stehendes Merkmal eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellen. Der Begriff „wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung“ (…) bezieht sich auf eine Anforderung, die von der Art der betreffenden beruflichen Tätigkeit oder den Bedingungen ihrer Ausübung objektiv vorgegeben ist. Subjektive Erwägungen reichen nicht aus. Es muss vielmehr ein direkter, objektiv durch entsprechende Analysen belegter und überprüfbarer Zusammenhang zwischen der vom Arbeitgeber aufgestellten beruflichen Anforderung und der fraglichen Tätigkeit bestehen. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der in § 8 Abs. 1 AGG enthaltenen Voraussetzungen trägt der Arbeitgeber (BAG 19.12.2019 – 8 AZR 2/19).
- Arbeitgeber und Betriebsrat haben bei Regelungen über die Dienstkleidung in einer Betriebsvereinbarung den Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten (BAG 30.09.2014 – 1 AZR 1083/12).
- Die Pflicht des öffentlichen Arbeitgebers zur Einladung schwerbehinderter Menschen zu einem Vorstellungsgespräch nach § 165 Satz 3 SGB IX beinhaltet auch das Erfordernis einen Ersatztermin anzubieten, wenn der sich bewerbende schwerbehinderte Mensch seine Verhinderung vor der Durchführung des vorgesehenen Termins unter Angabe eines hinreichend gewichtigen Grundes mitteilt und dem Arbeitgeber die Durchführung eines Ersatztermins zumutbar ist (BAG 23.11.2023 – 8 AZR 164/22).
Sind Sie der Auffassung, Ihre Bewerbung wurde aufgrund Ihres Geschlechts abgelehnt oder Sie verdienen weniger als Ihr Kollege bzw. Kollegin in vergleichbarer Position? Vereinbaren Sie gerne einen Termin bei uns, wir prüfen Ihre Erfolgsaussichten und beraten Sie umfassend im Hinblick auf dieses Thema.