Sind Sie Arbeitnehmer und fragen sich, ob Sie bei Kündigung Ihre Bonuszahlung dennoch ausgezahlt bekommen und ob Sie hierauf Steuern zahlen müssen? Oder hat Ihr Arbeitgeber die vereinbarte Zielvereinbarung unterlassen bzw. wurden keine Ziele vereinbart und Sie möchten wissen, ob Sie weiterhin einen Anspruch darauf haben?
In vielen Unternehmen sind Bonuszahlungen sind ein beliebtes Instrument, um Arbeitnehmer für ihre Leistungen zu belohnen und sie zu motivieren. Sie sind oft an das Erreichen bestimmter Ziele gebunden, die in sogenannten Zielvereinbarungen festgehalten werden.
Nachfolgend erläutern wir, was unter Bonuszahlungen fällt (dazu unter 1.), wann Arbeitnehmer unter Umständen einen Anspruch hierauf haben können (dazu unter 2.) und warum eine Zielvereinbarung in diesem Rahmen wichtig sein kann (dazu unter 3.). Wir erklären auch, was geschieht, wenn der Arbeitgeber keine Zielvereinbarung trifft (dazu unter 4.) und welchen Ermessensspielraum der Arbeitgeber hat (dazu unter 5.).
Anschließend beantworten wir häufige Fragen (dazu unter 6.) und geben einen Überblick über relevante Urteile (dazu unter 7.).
1. Was sind Bonuszahlungen im Arbeitsrecht?
Bei Bonuszahlungen handelt es sich um variable Gehaltsbestandteile, die zusätzlich zum Grundgehalt gezahlt werden. Sie sollen besondere Leistungen honorieren und sind oft an
- das Erreichen bestimmter Ziele oder
- an den Erfolg des Unternehmens gekoppelt.
Im Gegensatz zu festen Vergütungsbestandteilen wie dem Grundgehalt sind Bonuszahlungen in der Regel nicht garantiert, sondern an Bedingungen geknüpft und werden regelmäßig bei Zielerreichung am Ende des Geschäfts- oder Kalenderjahres ausgezahlt.
Es gibt verschiedene Arten von Bonuszahlungen:
- Individuelle Bonuszahlungen (Leistung an einzelnen Mitarbeiter gebunden)
- Team- oder abteilungsbezogene Boni (Leistung bestimmter Gruppe gebunden)
- Unternehmensweite Bonuszahlungen (Richten sich nach dem Gesamterfolg des Unternehmens).
Im Unterschied zu Boni sind Tantieme zusätzliche Vergütungsvereinbarungen, die in der Praxis meist Umsatzbeteiligungen darstellen. Durch die Beteiligung am Umsatz des Unternehmens sollen oftmals Arbeitnehmer in höheren Positionen am Erfolg des Unternehmens interessiert werden. Auch die Höhe der Tantieme wird vertraglich vereinbart.
Merke: Ein Anspruch auf Bonuszahlungen besteht nur, wenn dieser vertraglich, durch eine Betriebsvereinbarung oder betriebliche Übung festgelegt wurde.
2. Wann haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Bonuszahlungen?
Ein Anspruch auf Bonuszahlungen besteht grundsätzlich dann, wenn
- diese im Arbeitsvertrag,
- in einer Betriebsvereinbarung oder
- durch betriebliche Übung
festgelegt wurden. Betriebliche Übung ist eine wiederholte, vorbehaltlose Zahlung über mindestens drei Jahre.
Auch in individuellen Zielvereinbarungen wird häufig die Zahlung eines Bonus an das Erreichen bestimmter Ziele geknüpft.
Fehlt eine klare Regelung, kann der Anspruch auf Bonuszahlungen jedoch fraglich sein. Ist die Zahlung des Bonus als „freiwillig“ oder „nach billigem Ermessen“ des Arbeitgebers vorgesehen, hat der Arbeitnehmer grundsätzlich keinen rechtlichen Anspruch, es sei denn, der Arbeitgeber übt sein Ermessen unbillig oder willkürlich aus.
Arbeitnehmer haben auch einen Anspruch auf Bonuszahlung aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Das bedeutet, wenn ein Kollege in einer vergleichbaren Position eine Bonuszahlung erhält und Sie ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes nicht, dann können Sie gegebenenfalls einen Zahlungsanspruch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz haben.
Merke: Unterlässt der Arbeitgeber eine Zielvereinbarung, darf der Arbeitnehmer dadurch nicht benachteiligt werden – ein fiktiver Zielerreichungsgrad kann angenommen werden.
3. Was ist eine Zielvereinbarung und warum ist sie wichtig für Bonuszahlungen?
Zielvereinbarungen sind schriftliche oder mündliche Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die festlegen, welche Ziele der Arbeitnehmer innerhalb eines bestimmten Zeitraums erreichen soll. Diese Ziele können individuell (Beispiel: Umsatzsteigerung, Projekte) oder kollektiv (Beispiel: Abteilungserfolg) sein.
Die Zielvereinbarung hat zwei Hauptfunktionen:
- Motivation: Sie soll den Arbeitnehmer dazu antreiben, bestimmte Leistungen zu erbringen.
- Klarheit: Sie gibt beiden Seiten eine klare Basis, an der gemessen werden kann, ob der Bonus ausgezahlt wird.
Zielvereinbarungen sind oft die Grundlage für Bonuszahlungen, da der Bonus an das Erreichen dieser Ziele gekoppelt wird. Die Ziele werden von Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam beschlossen, die Parteien sind an die Zielvereinbarungen gebunden.
Merke: Ein Freiwilligkeitsvorbehalt des Arbeitgebers kann einen Anspruch auf Bonuszahlungen ausschließen, sofern er wirksam vereinbart wurde.
4. Was passiert, wenn der Arbeitgeber keine Zielvereinbarung trifft?
Ein in der Praxis häufig vorkommendes Problem, liegt darin, dass Arbeitgeber es oft unterlassen, rechtzeitig eine Zielvereinbarung mit dem Arbeitnehmer abzuschließen. In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob der Arbeitnehmer dennoch Anspruch auf eine Bonuszahlung hat.
Die Rechtsprechung ist hier eindeutig: unterlässt es der Arbeitgeber eine Zielvereinbarung zu treffen, dann darf der Arbeitnehmer hierdurch nicht benachteiligt werden. Den Arbeitgeber trifft insofern die alleinige Initiativlast. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, ohne Mitwirkung des Arbeitnehmers, ein Gespräch zur Vereinbarung der Ziele zu organisieren. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer regelmäßig einen Anspruch auf den Bonus hat, obwohl keine Ziele vereinbart wurden. Dieser Anspruch kann sich aus den Grundsätzen des Treu und Glaubens (§ 242 BGB) ergeben.
In solchen Fällen wird oft vor Gericht entschieden, dass dem Arbeitnehmer ein „fiktiver Zielerreichungsgrad“ zugrunde gelegt wird. Das bedeutet, dass angenommen wird, der Arbeitnehmer hätte die vereinbarten Ziele erreicht, wenn der Arbeitgeber keine Zielvereinbarung getroffen hat.
Wenn keine Zielvereinbarung getroffen wurde und Sie dennoch eine Bonuszahlung erwarten, dann können Arbeitnehmer
- frühzeitig das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen.
Dabei ist es wichtig, auf die im Arbeitsvertrag oder in betrieblichen Vereinbarungen festgelegten Regelungen hinzuweisen.
Sollte der Arbeitgeber trotz mehrfacher Aufforderung keine Zielvereinbarung treffen, können Arbeitnehmer ihre Ansprüche auch
- rechtlich durchsetzen.
In solchen Fällen ist es allerdings ratsam, sich rechtzeitig an einen Anwalt zu wenden, um Klarheit über die rechtlichen Möglichkeiten zu erhalten.
Merke: Kündigt der Arbeitnehmer selbst, kann ein Bonusanspruch bestehen, wenn der Bonus als Vergütung für bereits erbrachte Leistungen gilt.
5. Welche Rolle spielt der Ermessensspielraum des Arbeitgebers bei Bonuszahlungen?
In vielen Arbeitsverträgen oder Bonusregelungen ist festgelegt, dass der Arbeitgeber einen
- gewissen Ermessensspielraum oder
- einen Freiwilligkeitsvorbehalt
bei der Festlegung und Auszahlung von Bonuszahlungen hat. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der individuellen Leistung, des Unternehmenserfolgs oder anderer Faktoren entscheiden kann, ob und in welcher Höhe ein Bonus ausgezahlt wird.
Dieses Ermessen darf jedoch
- nicht willkürlich ausgeübt werden.
Der Arbeitgeber darf nicht unzumutbar oder ungerecht entscheiden. Wenn der Arbeitgeber keine Zielvereinbarung trifft und dann auch noch die Auszahlung des Bonus verweigert, könnte dies als unbilliges Ermessen gewertet werden.
Hat der Arbeitgeber im Zusammenhang mit einer Bonuszahlung einen wirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt vereinbart, dann ist diese Zahlung eine vom Arbeitgeber, neben der Zahlung des Gehalts, freiwillig erfolgende Leistung.
Merke: Eine einseitige Änderung der Zielvereinbarung durch den Arbeitgeber ist unzulässig, es sei denn, dies wurde ausdrücklich vertraglich geregelt.
6. Häufige Fragen zu Bonuszahlungen und unterlassenen Zielvereinbarungen
a) Muss mein Arbeitgeber eine Zielvereinbarung treffen?
Wenn Bonuszahlungen von Zielerreichungen abhängig gemacht werden, dann ist Ihr Arbeitgeber in der Regel daran gebunden eine Zielvereinbarung zu treffen. Versäumt der Arbeitgeber dies, darf der Arbeitnehmer nicht benachteiligt werden. Der Arbeitgeber trifft die alleinige Initiativlast, das bedeutet er muss ohne Mitwirkungspflicht des Arbeitnehmers, das Gespräch mit diesem suchen, um die Ziele zu vereinbaren.
b) Kann mein Arbeitgeber Bonuszahlungen verweigern, wenn keine Zielvereinbarung besteht?
Grundsätzlich gilt, wenn keine Zielvereinbarung getroffen wurde, muss Ihr Arbeitgeber gegebenenfalls einen fiktiven Zielerreichungsgrad ansetzen oder nach billigem Ermessen entscheiden. Dies ist allerdings von der individuellen Vereinbarung abhängig wurde beispielsweise ein wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt geschlossen, dann kann Ihr Arbeitgeber jederzeit von der Zahlung Abstand nehmen.
c) Habe ich einen Anspruch auf eine Bonuszahlung, wenn ich selbst kündige?
Das hängt von den vertraglichen Regelungen ab. Grundsätzlich könnte ein Anspruch bestehen, wenn der Bonus als Vergütung für bereits erbrachte Leistungen zu sehen ist.
d) Was passiert, wenn mein Arbeitgeber die Zielvereinbarung einseitig ändert?
Zielvereinbarungen werden gemeinsam zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossen. Sie dürfen nicht ohne Zustimmung des Arbeitnehmers geändert werden, sofern dies nicht im Vertrag ausdrücklich geregelt ist. Andernfalls könnten Ansprüche des Arbeitnehmers auf den ursprünglich vereinbarten Bonus bestehen.
Im Gegensatz hierzu sind „Zielvorgaben“ einseitig vom Arbeitgeber festgelegte Ziele, die aber dennoch realistisch sein müssen.
e) Kann meine Bonuszahlung zurückgefordert werden, wenn ich das Unternehmen verlasse?
Wurde der Bonus an Sie ausgezahlt und es besteht keine Rückzahlungsklausel im Arbeitsvertrag, dann kann der Arbeitgeber den Bonus in der Regel nicht zurückfordern. Ausnahmen bestehen, wenn es zu grobem Fehlverhalten oder Verstößen gegen den Arbeitsvertrag kommt.
f) Zahlt meine Rechtsschutzversicherung das Prüfen meines Arbeitsvertrags?
Die Prüfung eines Arbeitsvertrages wird von vielen Rechtsschutzversicherungen abgedeckt, insbesondere wenn es um die Überprüfung von Bonusregelungen oder die Aushandlung von Verträgen geht. Erfragen Sie in jedem Fall, die genauen Bedingungen Ihrer Versicherung, da Versicherungen teilweise sehr unterschiedliche Deckungen übernehmen.
g) Wie hoch sind die Kosten einer Arbeitsvertragsprüfung?
Die Kosten einer Arbeitsvertragsprüfung liegen bei 500 € zzgl. USt. Vereinbaren Sie jetzt einen Termin mit unseren Experten.
7. Rechtsprechung zu Bonuszahlungen und unterlassenen Zielvereinbarungen
- Ein Verstoß gegen das in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verankerte Transparenzgebot, Vertragsklauseln klar und verständlich zu formulieren, liegt vor, wenn der Arbeitgeber in einem von ihm vorformulierten Arbeitsvertrag sich zu einer Bonuszahlung verpflichtet und im Widerspruch dazu in einer anderen Vertragsklausel einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Bonuszahlung ausschließt. In einem solchen Fall ist die Bonusregelung nicht insgesamt unwirksam, sondern nur insoweit, als der Arbeitnehmer durch den Ausschluss eines Rechtsanspruchs auf die Bonuszahlung benachteiligt wird (BAG 24.10.2007 – 10 AZR 825/06).
- Hat der Arbeitnehmer auf Grund einer Rahmenvereinbarung im Arbeitsvertrag Anspruch auf einen Bonus in bestimmter Höhe, wenn er die von den Arbeitsvertragsparteien für jedes Kalenderjahr gemeinsam festzulegenden Ziele erreicht, steht ihm wegen entgangener Bonuszahlung Schadensersatz zu, wenn aus vom Arbeitgeber zu vertretenden Gründen für ein Kalenderjahr keine Zielvereinbarung getroffen wurde. Der für den Fall der Zielerreichung zugesagte Bonus bildet die Grundlage für die Schadensermittlung. Trifft auch den Arbeitnehmer ein Verschulden am Nichtzustandekommen der Zielvereinbarung, ist dieses Mitverschulden angemessen zu berücksichtigen (BAG 12.12.2007 – 10 AZR 97/07).
- Ein schuldhafter Verstoß des Arbeitgebers gegen seine arbeitsvertragliche Verpflichtung, mit dem Arbeitnehmer für eine Zielperiode Ziele zu vereinbaren, an deren Erreichen eine Bonuszahlung geknüpft ist, löst jedenfalls nach Ablauf der Zielperiode nach § 280 Abs. 1, Abs. 3 BGB iVm. § 283 Satz 1 BGB grundsätzlich einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus (BAG 17.12.2020 – 8 AZR 149/20).
- Soll eine Zielvereinbarung bis zum Abschluss einer Folgevereinbarung fortgelten, bleibt die Verpflichtung des Arbeitgebers, für das Folgejahr dem Arbeitnehmer ein neues Angebot zu unterbreiten und über eine neue Zielvereinbarung zu verhandeln, regelmäßig bestehen (BAG 12.05.2010 – 10 AZR 390/09).
- Hat ein Arbeitgeber nach § 315 BGB über einen Bonusanspruch zu entscheiden, der gleichermaßen auf der Ertragslage des Unternehmens wie auf der Leistung des Arbeitnehmers beruht, muss ein festzusetzendes Bonusbudget – in Abhängigkeit von der Ertragslage – regelmäßig eine Größenordnung erreichen, die den Leistungsbezug des Bonussystems beachtet und ausreicht, die durch Abschluss von Zielvereinbarungen angestrebten und tatsächlich erbrachten Leistungen angemessen zu honorieren (BAG 19.03.2014 – 10 AZR 622/13).
- Ein variabler Gehaltsanteil, der von der Erfüllung bestimmter, vom Arbeitgeber vorgegebener Ziele abhängt, wird bei Zielerreichung fällig. Ist der Inhalt des vorgegebenen Zieles wegen unklarer Formulierung ungewiss, kommen dem Arbeitnehmer Erleichterungen der Darlegungslast zugute (…). Den Arbeitnehmer trifft keine Pflicht, den Arbeitgeber zur Klarstellung des unklar formulierten Zieles zu veranlassen. Wenn der Arbeitgeber kein Ziel vorgibt, kann der Arbeitnehmer nur dann Ansprüche (…) geltend machen, wenn er darlegt, welche Ziele der Arbeitgeber hätte festlegen müssen und dass er selbst diese Ziele auch erreicht hätte (LAG Hessen 29.01.2002 – 7 Sa 836/01).
Wenn Sie im Zusammenhang mit Bonuszahlungen oder Zielvereinbarungen beraten werden möchten, dann melden Sie sich gerne bei uns. Wir prüfen die Wirksamkeit der Vereinbarungen und verteidigen Ihre Rechte sowohl vor Gericht als auch außergerichtlich.