Sie sind Arbeitnehmer und möchten wissen, wie die Gründung eines Betriebsrats abläuft und was Sie dabei beachten müssen? Die Gründung eines Betriebsrats ist ein komplexer Prozess, der sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer gut durchdacht und rechtlich korrekt umgesetzt werden sollte.
Im Folgenden werden die rechtlichen Voraussetzungen für die Gründung eines Betriebsrats (dazu unter 1.) und dessen Vorteile erläutert (dazu unter 2.). Danach wird der Ablauf der Betriebsratswahl (dazu unter 3.) sowie die Herausforderungen bei der Gründung eines Betriebsrats dargestellt (dazu unter 4.).
Abschließend werden häufige Fragen zur Gründung eines Betriebsrats aus Arbeitnehmersicht beantwortet (dazu unter 5.) und eine Auswahl relevanter Rechtsprechung präsentiert (dazu unter 6.).
1. Rechtliche Grundlage für die Gründung eines Betriebsrats
Die gesetzliche Grundlage für die Gründung eines Betriebsrats findet sich im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Dieses regelt die Rechte und Pflichten von Betriebsräten sowie die Mitbestimmung in Betrieben.
Wer darf einen Betriebsrat gründen?
- Ein Betriebsrat kann in Betrieben mit mindestens fünf „ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern„ gegründet werden, von denen mindestens drei wählbar sind (§ 1 Abs. 1 BetrVG).
- Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer, die das 16. Lebensjahr vollendet haben (§ 7 BetrVG).
- Wählbar sind alle Arbeitnehmer, die dem Betrieb seit mindestens sechs Monaten angehören (§ 8 BetrVG).
Welche Betriebe sind ausgenommen?
- In Betrieben, die weniger als fünf wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigen, ist die Gründung eines Betriebsrats nicht möglich.
- Für leitende Angestellte gelten besondere Regelungen; sie sind nicht wahlberechtigt und können keinen Betriebsrat gründen (§ 5 Abs. 3 BetrVG).
Merke: Ein Betriebsrat kann in Betrieben mit mindestens fünf wahlberechtigten Arbeitnehmern gegründet werden!
2. Vorteile eines Betriebsrats
Die Gründung eines Betriebsrats bietet sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber Vorteile:
Vorteile für Arbeitnehmer:
- Mitbestimmung bei wichtigen Entscheidungen, wie Arbeitszeiten, Urlaubsregelungen und Kündigungen.
- Schutz vor willkürlichen Entscheidungen des Arbeitgebers.
- Förderung eines besseren Arbeitsklimas durch geregelte Kommunikation.
Vorteile für Arbeitgeber:
- Ein Betriebsrat kann dazu beitragen, Konflikte frühzeitig zu erkennen und einvernehmlich zu lösen.
- Er schafft eine strukturierte Plattform für den Dialog zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern.
- Langfristig kann ein Betriebsrat die Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung erhöhen.
Merke: Die Gründung eines Betriebsrats ist ein gesetzlich geschütztes Recht, das der Arbeitgeber nicht behindern darf!
3. Ablauf der Betriebsratsgründung
Die Gründung eines Betriebsrats erfolgt in mehreren Schritten, die rechtlich genau geregelt sind:
a) Einleitung der Betriebsratswahl
- Initiative: Die Initiative zur Gründung eines Betriebsrats kann von einem oder mehreren Arbeitnehmern ausgehen. Unterstützung durch eine Gewerkschaft ist möglich, aber nicht zwingend erforderlich.
- Einladung zur Wahlversammlung: Mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer oder eine Gewerkschaft laden zu einer Wahlversammlung ein.
b) Wahl eines Wahlvorstands
- In der Wahlversammlung wird ein Wahlvorstand gewählt, der aus drei Mitgliedern besteht (§ 16 Abs. 1 BetrVG).
- Der Wahlvorstand ist für die Organisation und Durchführung der Betriebsratswahl zuständig.
c) Durchführung der Betriebsratswahl
- Der Wahlvorstand erstellt eine Wählerliste und informiert alle Arbeitnehmer über die anstehende Wahl.
- Die Wahl erfolgt in geheimer und unmittelbarer Abstimmung (§ 14 Abs. 1 BetrVG).
d) Konstituierung des Betriebsrats
- Nach der Wahl tritt der neu gewählte Betriebsrat zusammen und wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und einen Stellvertreter (§ 26 Abs. 1 BetrVG).
Merke: Der Wahlvorstand organisiert die Betriebsratswahl und sorgt für deren rechtmäßigen Ablauf.
4. Herausforderungen bei der Gründung eines Betriebsrats
Die Gründung eines Betriebsrats kann mit Herausforderungen verbunden sein:
- Widerstand des Arbeitgebers: Manche Arbeitgeber sehen die Gründung eines Betriebsrats kritisch und versuchen, diese zu verhindern. Dies ist jedoch unzulässig; die Gründung eines Betriebsrats ist ein gesetzlich geschütztes Recht.
- Fehlende Kenntnisse: Arbeitnehmer, die einen Betriebsrat gründen möchten, sind oft unsicher über die rechtlichen Vorgaben. Eine rechtliche Beratung kann hier Abhilfe schaffen.
- Zeitlicher Aufwand: Die Organisation und Durchführung der Wahl erfordert Zeit und Engagement der beteiligten Arbeitnehmer.
Lesen Sie gerne hier wie wir Sie umfassend als Betriebsrat unterstützen können.
Merke: Ein Betriebsrat stärkt die Mitbestimmung der Arbeitnehmer und fördert ein besseres Arbeitsklima.
5. Häufige Fragen zur Gründung eines Betriebsrats
a) Kann der Arbeitgeber die Gründung eines Betriebsrats verhindern?
Nein, die Gründung eines Betriebsrats ist ein gesetzlich geschütztes Recht. Maßnahmen des Arbeitgebers, die die Gründung behindern, können rechtliche Konsequenzen haben (§ 119 BetrVG).
b) Muss der Arbeitgeber die Kosten für die Betriebsratswahl übernehmen?
Ja, der Arbeitgeber trägt die Kosten für die Wahl und die laufende Arbeit des Betriebsrats (§ 20 Abs. 3 BetrVG).
c) Wie viele Mitglieder hat ein Betriebsrat?
Die Anzahl der Mitglieder hängt von der Größe des Betriebs ab (§ 9 BetrVG):
- 5 bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern: ein Betriebsratsmitglied,
- 21 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern: aus 3 Betriebsratsmitgliedern,
- 51 wahlberechtigten Arbeitnehmern bis 100 Arbeitnehmern: aus 5 Betriebsratsmitgliedern,
- 101 bis 200 Arbeitnehmern aus 7 Betriebsratsmitgliedern,
- 201 bis 400 Arbeitnehmern aus 9 Betriebsratsmitgliedern,
- 401 bis 700 Arbeitnehmern aus 11 Betriebsratsmitgliedern,
- 701 bis 1.000 Arbeitnehmern aus 13 Betriebsratsmitgliedern,
- 1.001 bis 1.500 Arbeitnehmern aus 15 Betriebsratsmitgliedern,
- 1.501 bis 2.000 Arbeitnehmern aus 17 Betriebsratsmitgliedern,
- 2.001 bis 2.500 Arbeitnehmern aus 19 Betriebsratsmitgliedern,
- 2.501 bis 3.000 Arbeitnehmern aus 21 Betriebsratsmitgliedern,
- 3.001 bis 3.500 Arbeitnehmern aus 23 Betriebsratsmitgliedern,
- 3.501 bis 4.000 Arbeitnehmern aus 25 Betriebsratsmitgliedern,
- 4.001 bis 4.500 Arbeitnehmern aus 27 Betriebsratsmitgliedern,
- 4.501 bis 5.000 Arbeitnehmern aus 29 Betriebsratsmitgliedern,
- 5.001 bis 6.000 Arbeitnehmern aus 31 Betriebsratsmitgliedern,
- 6.001 bis 7.000 Arbeitnehmern aus 33 Betriebsratsmitgliedern,
- 7.001 bis 9.000 Arbeitnehmern aus 35 Betriebsratsmitgliedern.
In Betrieben mit mehr als 9.000 Arbeitnehmern erhöht sich die Zahl der Mitglieder des Betriebsrats für je angefangene weitere 3.000 Arbeitnehmer um 2 Mitglieder.
d) Kann ein Betriebsrat wieder aufgelöst werden?
Ein Betriebsrat bleibt bestehen, solange der Betrieb die Voraussetzungen für seine Gründung erfüllt. Eine Auflösung erfolgt nur durch eine gerichtliche Entscheidung oder bei Betriebsschließung.
Merke: Arbeitgeber tragen die Kosten der Betriebsratswahl und der Betriebsratsarbeit (§ 20 BetrVG).
6. Rechtsprechung zur Gründung eines Betriebsrats
- Wird in einem bislang betriebsratslosen Betrieb ein Betriebsrat erst gebildet, nachdem der Arbeitgeber mit der Umsetzung der Betriebsänderung begonnen hat, steht dem Betriebsrat kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht auf Abschluss eines Sozialplans zu (BAG 08.02.2022 – 1 ABR 2/21).
- Ein leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG ist bei der Betriebsratswahl nach § 7 BetrVG nicht wahlberechtigt und nach § 8 Abs. 1 BetrVG nicht wählbar. Mangels Wahlberechtigung kann ein leitender Angestellter nach § 16 Abs. 1 BetrVG auch nicht zum Mitglied des Wahlvorstands bestellt werden. Ein Verstoß gegen diese Vorgaben kann – unter den weiteren Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 BetrVG – zur Unwirksamkeit der Betriebsratswahl führen (BAG 04.05.2022 – 7 ABR 14/21).
- Ist in dem Wahlausschreiben für eine Betriebsratswahl keine Uhrzeit angegeben, bis zu der am letzten Tag der zweiwöchigen Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen der Zugang von Vorschlagslisten beim Wahlvorstand bewirkt werden kann, dürfen die wahlberechtigten Arbeitnehmer davon ausgehen, dass der Wahlvorstand Vorkehrungen dafür trifft, bis 24:00 Uhr von eingereichten Vorschlagslisten Kenntnis nehmen zu können. Ein vor 24:00 Uhr in den Briefkasten des Wahlvorstands eingelegter Wahlvorschlag ist dann noch rechtzeitig eingereicht (BAG 28.4.2021 – 7 ABR 10/20).
- Die Erhöhung der Anzahl freizustellender Betriebsratsmitglieder während der laufenden Amtszeit des Betriebsrats erfordert die Neuwahl aller freizustellenden Betriebsratsmitglieder, wenn die ursprüngliche Freistellungswahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl erfolgt ist. Einer vorherigen Abberufung der bisher Freigestellten bedarf es dazu nicht (BAG 20.04.2005 – 7 ABR 47/04).
- Arbeitnehmer sind bei einer Personalratswahl im Anwendungsbereich des Landespersonalvertretungsgesetzes nicht wahlberechtigt, wenn ihr Arbeitsverhältnis am Wahltag seit mehr als zwölf Monaten wegen des Bezugs einer Erwerbsminderungsrente auf Zeit ruht. Ein bloßes krankheitsbedingtes Fernbleiben vom Dienst führt auch bei längerer Dauer nicht zum Verlust der Wahlberechtigung (VGH Baden-Württemberg 25.08.2016 – PL 15 S 152/15).
Möchten Sie sicherstellen, dass bei einer Betriebsratswahl alle rechtlichen Vorgaben eingehalten werden, oder prüfen, ob die Gründung eines Betriebsrats in Ihrem Betrieb möglich ist? Wir unterstützen Sie gerne dabei.