Möchten Sie wissen, welche Kosten für eine Type Rating-Ausbildung als Pilot anfallen können? Oder haben Sie bereits ein Type Rating absolviert und fragen sich, ob Ihr Arbeitgeber die Kosten hierfür von Ihnen zurückfordern kann?
Im nachfolgenden Artikel erfahren Sie zunächst, was genau ein sogenanntes „Type Rating“ ist (dazu unter 1.), in welchen Fällen es erforderlich wird (dazu unter 2.) und welche rechtlichen Aspekte bei Rückzahlungsforderungen zu beachten sind (dazu unter 3.). Zudem wird erläutert, wie hoch die Kosten für ein Type Rating im Einzelfall ausfallen können (dazu unter 4.).
Abschließend beantworten wir häufig gestellte Fragen zu diesem Thema (dazu unter 5.) und stellen Ihnen eine Auswahl relevanter Rechtsprechung vor (dazu unter 6.).
1. Was ist ein “Type Rating”?
Ein Type Rating (auch: Musterberechtigung), ist eine spezielle Lizenz, die es Piloten erlaubt, ein bestimmtes Flugzeugmodell oder eine bestimmte Flugzeugfamilie zu steuern. Diese Berechtigung wird zusätzlich zur allgemeinen Pilotenlizenz, beispielsweise der ATPL – die Verkehrspilotenlizenz – oder der CPL – die Berufspilotenlizenz, benötigt.
Erworben werden kann sie bei einer Type Rating Training Organisation (TRTO), einem Ausbildungsbetrieb für Musterberechtigungen. Eine der größten TRTO in Deutschland ist die Lufthansa Aviation Training GmbH (LAT). Neben der Lufthansa nutzen ungefähr 250 weitere Fluggesellschaften das Training der LAT.
Das Type Rating umfasst eine Kombination aus theoretischem Unterricht und praktischer Ausbildung, die auf einem Flugsimulator und/oder dem Flugzeug selbst erfolgt. Da der Betrieb von bestimmten Flugzeugtypen sehr kostspielig ist, werden die Type Rating Ausbildungen in der Regel auf einem Flugsimulator absolviert. Dies erlaubt auch das gefahrlose Üben von riskanten Flugsituationen.
Ziel ist es, die spezifischen technischen und operationellen Anforderungen eines Flugzeugtyps zu beherrschen.
Merke: Ein Type Rating ist eine spezielle Lizenz für Piloten, die es ihnen erlaubt, ein bestimmtes Flugzeugmodell zu fliegen (zum Beispiel: A320).
2. Wer benötigt ein „Type Rating“?
Ein Type Rating ist für Piloten erforderlich, die Flugzeuge mit einem maximalen Abfluggewicht von mehr als 5,7 Tonnen oder mit einer bestimmten Anzahl an Triebwerken steuern möchten. Dazu gehören insbesondere Verkehrsflugzeuge wie der Airbus A320 oder die Boeing 737.
Typische Fälle, in denen ein Type Rating erforderlich ist:
- Berufspiloten, die bei einer Fluggesellschaft tätig sind.
- Selbstständige Piloten, die Charter- oder Geschäftsflüge durchführen.
- Piloten, die innerhalb eines Unternehmens auf ein neues Flugzeugmodell umgeschult werden.
Auch Fluggesellschaften und Arbeitgeber sind verpflichtet, sicherzustellen, dass ihre Piloten über die erforderliche Musterberechtigung verfügen, bevor sie auf einem neuen Flugzeugtyp eingesetzt werden.
Merke: Type Ratings sind regelmäßig eine Voraussetzung der Fluggesellschaften für Berufspiloten, wenn diese ein bestimmtes Flugzeug fliegen müssen.
3. Type Rating und Rückzahlungsvereinbarungen
Die Kosten für ein Type Rating können erheblich sein und werden oft vom Arbeitgeber übernommen. Allerdings ist es üblich, dass Arbeitgeber Rückzahlungsvereinbarungen mit den Piloten treffen. Diese Vereinbarungen regeln, dass der Pilot die Kosten (ganz oder teilweise) zurückzahlen muss, wenn er das Unternehmen innerhalb eines bestimmten Zeitraums verlässt.
Dadurch erhoffen sich Unternehmen, eine Absicherung ihrer Investition in die Ausbildung der Piloten. Rückzahlungsvereinbarungen dienen dazu, sicherzustellen, dass die vom Arbeitgeber getragenen Kosten für das Type Rating nicht verloren gehen, wenn der Pilot das Unternehmen vor Ablauf der vereinbarten Bindungsdauer verlässt.
Solche Vereinbarungen müssen jedoch rechtlich einwandfrei gestaltet sein, um wirksam zu sein.
Wirksame Rückzahlungsvereinbarungen beinhalten unter anderem:
- Klarheit und Transparenz: Die Vereinbarung muss schriftlich und eindeutig formuliert sein. Änderungen sind ebenfalls schriftlich zu formulieren.
- Angemessene Bindungsdauer: Die Rückzahlungsverpflichtung darf nicht unangemessen lange gelten. Der Verpflichtungszeitraum sollte in einem angemessenen Verhältnis zu den übernommenen Fortbildungskosten stehen.
- Stufenweise Reduzierung: Eine Rückzahlungspflicht muss anteilig reduziert werden, je länger der Pilot im Unternehmen bleibt. In der Regel sollte eine monatliche Kostenreduzierung vereinbart werden (Jährliche Staffelung unzumutbar: BAG 06.08.2013 – 9 AZR 442/12).
- Kündigungsgründe: Es muss unter anderem danach differenziert werden, in wessen Risikobereich der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällt (BAG 11.4.2006 – 9 AZR 610/05).
Diese Zeiträume sind Richtwerte und können je nach dem Marktwert der erworbenen Qualifikation nach oben oder unten angepasst werden. Erhält der Arbeitnehmer die Übernahme der Fortbildungskosten anstatt bezahlter Freistellung, dann sind die oben genannten Maßstäbe wirtschaftlich zu übertragen.
Die Rechtsprechung hat zur Bindungsdauer folgende Verpflichtungszeiträume als zulässig erachtet (BAG 15.09.2009 – 3 AZR 173/08):
- 1 Monat bezahlte Freistellung: 6 Monate Bindung
- 2 Monate bezahlte Freistellung: 12 Monate Bindung
- 3 bis 4 Monate bezahlte Freistellung: 24 Monate Bindung
- 6 bis 12 Monate bezahlte Freistellung: 36 Monate Bindung
- 24 Monate bezahlte Freistellung: 60 Monate Bindung.
Dabei handelt es sich um Richtwerte, die vom jeweiligen Einzelfall abhängen. In Bezug auf Type Rating Rückzahlungskosten, können die von der Rechtsprechung entwickelten Richtwerte wirtschaftlich übertragen werden. Hier ist beispielweise möglich, die bezahlte Freistellung mit der monatlichen Bruttovergütung gleichzusetzen (Schönhöft, NZA-RR 2009, 625, 629).
Gerichte prüfen solche Vereinbarungen streng, insbesondere im Hinblick auf die Angemessenheit der Bindungsdauer und die Transparenz der Regelungen. Rückzahlungsvereinbarungen sind sehr stark fehleranfällig und häufig unwirksam. Mehr zum Thema Fortbildungsvereinbarungen können Sie hier lesen.
Merke: Lassen Sie Ihre Rückzahlungsvereinbarung rechtlich überprüfen. Diese sind oftmals unwirksam!
4. Welche Kosten entstehen für ein Type Rating in der Luftfahrt?
Die Kosten für ein Type Rating variieren je nach Flugzeugtyp und Ausbildungsanbieter und liegen typischerweise zwischen EUR 20.000 und 50.000. Diese umfassen:
- Theoretische Schulungen
- Simulatorstunden
- Praktische Flugstunden
- Prüfungsgebühren
In vielen Fällen übernehmen Arbeitgeber diese Kosten vollständig oder teilweise, insbesondere wenn das Type Rating für den Einsatz im Unternehmen erforderlich ist.
Merke: Die Kosten und damit die Gefahr von Rückzahlungsforderungen ist extrem hoch!
6. Häufige Fragen zum Thema Type Rating
a) Wer trägt die Kosten für das Type Rating?
Da die Kosten für das Type Rating regelmäßig sehr hoch sind und Arbeitgeber ein Eigeninteresse daran haben, dass Ihre Piloten diese Ausbildungen absolvieren, übernehmen Arbeitgeber die Kosten, wenn das Type Rating für die Tätigkeit im Unternehmen erforderlich ist. Oft werden in diesem Rahmen Rückzahlungsvereinbarungen geschlossen.
Bei selbstständigen Piloten oder solchen, die unabhängig eine Berechtigung erwerben, trägt der Pilot die Kosten selbst.
b) Kann ich als Pilot zur Rückzahlung der Kosten verpflichtet werden?
Ja, sofern eine schriftliche Rückzahlungsvereinbarung besteht, die den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Häufig sind Rückzahlungsvereinbarungen aus diversen Gründen unwirksam. Sprechen Sie uns gerne an, um die Wirksamkeit Ihrer Rückzahlungsvereinbarung rechtlich überprüfen zu lassen.
c) Was passiert, wenn ich das Unternehmen während der Bindungsdauer verlasse?
Verlassen Sie das Unternehmen während der Bindungsdauer kommt es auf die individuelle Regelung an. Sofern die Rückzahlungsvereinbarung wirksam ist, kann es sein, dass Sie die Kosten der Ausbildung (anteilig) zurückzahlen müssen. Der Rückzahlungsbetrag reduziert sich jedoch anteilig mit der Dauer Ihrer Betriebszugehörigkeit.
d) Kann mein Arbeitgeber auch dann Fortbildungskosten zurückverlangen, wenn die Fortbildung keinen Nutzen gebracht hat?
Ob die Fortbildung für den Arbeitgeber erfolgreich war oder nicht, spielt grundsätzlich keine Rolle. Solange die vereinbarten Bedingungen zur Rückzahlungspflicht erfüllt sind, bleibt diese bestehen. Der Erfolg der Fortbildung ist nicht ausschlaggebend für die Gültigkeit der Vereinbarung.
e) Kann ein Type Rating auf einen anderen Arbeitgeber übertragen werden?
Ja, ein Type Rating ist an die Person des Piloten gebunden und bleibt gültig, unabhängig vom Arbeitgeber. Allerdings können zusätzliche Schulungen erforderlich sein, um den spezifischen Anforderungen des neuen Arbeitgebers zu entsprechen (Beispiel: A320 anstatt Boeing 737).
f) Wie lange ist ein Type Rating gültig?
Ein Type Rating muss regelmäßig, in der Regel jährlich, durch sogenannte “Proficiency Checks” erneuert werden. Ohne diese regelmäßige Überprüfung verliert das Type Rating seine Gültigkeit.
g) Wer erteilt ein Type Rating?
In Deutschland werden Musterberechtigungen durch das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) erteilt.
7. Rechtsprechung zum Thema Type Rating
- Verpflichtet eine vertragliche Rückzahlungsklausel den Arbeitnehmer dazu, die Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Ausbildung zu erstatten, wenn er das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der in der Klausel vorgesehenen Bindungsdauer kündigt, weil er wegen eines ihm nicht im Sinne eines Verschuldens zuzurechnenden dauerhaften Wegfalls seiner medizinischen Tauglichkeit nicht mehr in der Lage ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, kann dies gegen § 307 I 1 BGB verstoßen (BAG 11.12.2018 – 9 AZR 383/18).
- Eine unbedingte Rückzahlungspflicht aus dem Darlehensvertrag ist jedoch einer Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB zu unterziehen. Die dabei erforderliche Interessenabwägung hat sich insbesondere daran zu orientieren, ob und inwieweit der Pilot mit dem Lehrgang einen geldwerten Vorteil erlangt. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen und zu bewerten, ob und inwieweit der Lehrgang der Erlangung eines auch außerhalb des Beschäftigungsbetriebs verwertbaren beruflichen Vorteils dient und in welchem Umfang er ggfs. andere, insbesondere arbeitgeberspezifische Inhalte enthält. Eine Unangemessenheit kann sich danach insbesondere daraus ergeben, dass anlässlich des Lehrgangs in nicht unerheblichem Umfang auch die “Standard Operating Procedures” der Fluggesellschaft vermittelt werden und OCC-Schulungen erfolgen, diese sich aber nicht an den Lehrgangskosten beteiligt (LAG Düsseldorf 30.03.2023 – 13 Sa 1071/21).
- Die zulässige Bindungsdauer bei Musterberechtigungen für einen Flugzeugtyp kann 1 Jahr überschreiten, wenn zusätzlich eine sog. CCC-Schulung erfolgt, die das berufsmäßige Fliegen erlaubt (LAG Köln 19.09.2002 – 10 Sa 612/02).
- Kein Anspruch auf Rückzahlung der Ausbildungskosten der Fluggesellschaft bei nicht fristgerecht eingegangenem Angebot zur Übernahme in ein Cockpit-Arbeitsverhältnis gemäß Darlehensvertrag (LAG Köln 11.01.2022 – 4 Sa 315/21).
- Eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die den Arbeitnehmer zur Rückzahlung von Ausbildungskosten auch dann verpflichtet, wenn aus krankheitsbedingten Gründen die ausbildungsgemäße Beschäftigung nicht (mehr) möglich ist, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB und ist deswegen unwirksam (ArbG Ulm 08.05.2017 – 4 Ca 486/16).
Haben Sie Fragen zu Rückzahlungsvereinbarungen oder anderen rechtlichen Aspekten des Type Ratings? Fordert Ihr Arbeitgeber mit einer Rückzahlung von Fortbildungskosten oder droht damit? Kontaktieren Sie uns – wir beraten Sie umfassend und kompetent.