Kündigungen und Kündigungsschutzklagen

Kündigung von Ärzten

Wurde Ihnen wegen eines Behandlungsfehlers von Ihrem Arbeitgeber dem Uniklinikum bzw. dem Krankenhaus fristlos gekündigt und Sie wollen sich erkunden, wie Sie sich dagegen wehren können? Oder befürchten Sie als Assistenzarzt Ihre Anstellung zu verlieren und möchten herausfinden, was Ihre Rechte sind?

Nachfolgend erläutern wir, wann Behandlungsfehler zur Kündigung von Ärzten führen können (dazu unter 1.), welche Kündigungsarten und Fristen gelten (dazu unter 2.) und unter welchen Voraussetzungen Ärzte in Weiterbildung bzw. Assistenzärzte gekündigt werden können (dazu unter 3.). Weiterhin erklären wir, wie Sie sich am besten gegen eine Kündigung wehren (dazu unter 4.) und ob Ihnen ein Abfindungsanspruch zusteht (dazu unter 5.).

Anschließend beantworten wir häufige Fragen (dazu unter 6.) und geben einen Überblick über relevante Urteile (dazu unter 7.).

1. Wann können Behandlungsfehler bei Ärzten im Krankenhaus oder in einer Praxis zur Kündigung führen?

Behandlungsfehler durch Ärzte, die auf einem

  • schwerwiegenden oder
  • wiederholten Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht begründet sind,

können zur Kündigung eines Arztes führen. Da diese Kündigung auf einem Pflichtverstoß des Arztes als Arbeitnehmer fundiert ist, handelt es sich um eine sogenannte verhaltensbedingte Kündigung. Diese kommt sowohl für angestellte Ärzte in Krankenhäusern bzw. Unikliniken als auch in Arztpraxen in Betracht. Insbesondere dann, wenn Patienten aufgrund eines solchen Fehlers Schaden erleiden, kann der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist aussprechen. Die rechtliche Grundlage basiert auf der Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten. Mehr zum Thema verhaltensbedingte oder fristlose Kündigung erfahren Sie hier.

Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Rechtsprechung die Haftung von Ärzten, wegen der Natur des Berufs, stark beschränkt. Voll haften, im Sinne einer Arbeitnehmerhaftung, können Ärzte daher meist nur, wenn diese vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt haben.

2. Welche Kündigungsarten und Fristen kommen bei Ärzten in Betracht?

Auch für Ärzte gibt es, wie bei allen Arbeitnehmern, zwei wesentliche Kündigungsarten:

Ordentliche Kündigung:

Diese erfolgt unter Einhaltung der vertraglichen, tariflichen oder gesetzlichen Kündigungsfrist. Für angestellte Ärzte gelten in der Regel die Kündigungsfristen nach dem Tarifvertrag für Ärzte an kommunalen Krankenhäusern (TV-Ärzte/VKA), welcher oft längere Fristen als die allgemeinen Kündigungsfristen vorsieht:

  • Anstellungsverhältnis von bis zu 6 Monaten (Probezeit): 2 Wochen zum Monatsschluss,
  • Anstellungsverhältnis von bis zu einem Jahr: ein Monat zum Quartalsende,
  • Anstellungsverhältnis von mehr als einem Jahr: 6 Wochen zum Quartalsende,
  • Anstellungsverhältnis von mindestens 5 Jahren: 3 Monate zum Quartalsende,
  • Anstellungsverhältnis von mindestens 8 Jahren: 4 Monate zum Quartalsende,
  • Anstellungsverhältnis von mindestens 10 Jahren: 5 Monate zum Quartalsende,
  • Anstellungsverhältnis von mindestens 12 Jahren: 6 Monate zum Quartalsende.

Für angestellte Ärzte, die nicht in Krankenhäusern, medizinischen Instituten oder sonstigen Einrichtungen und Heimen (Beispiel: Reha-Klinik) arbeiten, gelten insofern die allgemeinen Kündigungsfristen.

Außerordentliche Kündigung:

Diese ist fristlos und tritt bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen in Kraft, wie etwa bei wiederholten Behandlungsfehlern oder bei grobem Fehlverhalten gegenüber Patienten, Kollegen oder Vorgesetzten.

In leitenden Positionen, wie bei einem Chefarzt, können vertragliche Besonderheiten bestehen. Die Fristen und Kündigungsbedingungen können aufgrund von Sonderregelungen (Beispiel: TV-Ärzte) und hohen Gehältern abweichen.

3. Unter welchen Voraussetzungen können Ärzte in Weiterbildung bzw. Assistenzärzte gekündigt werden?

Assistenzärzte, die sich in der Weiterbildung befinden, sind in der Regel befristet angestellt. Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis ohne Angabe von Gründen mit einer Kündigungsfrist von 2 Wochen zum Monatsende gekündigt werden (TV-Ärzte/VKA), gilt auch für Assistenzärzte in der Probezeit die nicht in Krankenhäusern arbeiten (§ 622 BGB). Nach der Probezeit müssen jedoch

  • verhaltens-,
  • betriebs- oder
  • personenbedingte Gründe vorliegen.

In Weiterbildungsberufen spielt das Verhältnis zwischen Ausbilder und Assistenzarzt eine Rolle, da eine dauerhafte gestörte Vertrauensbasis ebenfalls zu einer Kündigung führen kann.

Befristete Arbeitsverhältnisse enden automatisch mit Ablauf des Vertrags, es sei denn, es wird eine vorzeitige ordentliche oder außerordentliche Kündigung ausgesprochen.

4. Wie können sich Arbeitnehmer gegen Kündigungen wehren?

Wenn Sie eine Kündigung erhalten haben, sollten Sie schnell handeln:

Kündigung überprüfen

Sie sollten zuerst überprüfen bzw. von einem Anwalt überprüfen lassen, ob die Kündigung rechtmäßig ist. Typische Fehler die in diesem Zusammenhang von Arbeitgebern gemacht werden:

  • Betriebsrat nicht angehört,
  • Pflichtverletzung nicht ausreichend für fristlose Kündigung,
  • Keine Beweise.

Kündigungsschutzklage erheben

Sie sollten, wenn Sie glauben, dass die Kündigung unrechtmäßig ist, innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben. Dies können Sie beispielsweise selbst bei dem für Sie zuständigen Gericht tun (Notiz: Link einfügen, www.justiz.de) Legen Sie nicht innerhalb der Dreiwochenfrist Klage beim Arbeitsgericht ein, gilt Ihre Kündigung als wirksam.

Rechtliche Beratung

Im Falle einer Kündigung ist es ratsam, sich an einen Anwalt für Arbeitsrecht zu wenden. Dieser kann Sie beraten und Ihnen dabei helfen, Ihre Rechte zu verteidigen oder eine außergerichtliche, schnelle Einigung mit dem Arbeitgeber zu erzielen.

Rechtsberatung ist in solchen Fällen unverzichtbar, insbesondere bei leitenden Ärzten oder bei tariflichen Besonderheiten, da die Verhandlungen oft komplex sind.

5. Können Arbeitnehmer einen Anspruch auf Abfindung nach Kündigung erhalten?

Grundsätzlich besteht ein gesetzlicher Abfindungsanspruch nur in wenigen bestimmten Fällen, wie beispielsweise gemäß § 1a KSchG bei betriebsbedingten Kündigungen. Das Kündigungsrecht im Arbeitsrecht sieht vor, dass ein Arbeitsverhältnis entweder fortbesteht oder ohne Abfindung endet, wenn die Kündigung wirksam ist.

Nur in Ausnahmefällen, wie

  • durch Betriebsvereinbarungen oder
  • Tarifverträge,

kann ein Abfindungsanspruch bestehen.

Abfindungen werden ansonsten meistens frei und oftmals zwischen den Anwälten der Parteien verhandelt.

Im Rahmen von Abfindungsverhandlungen spielen Faktoren wie

  • die Erfolgsaussichten im Kündigungsschutzverfahren,
  • die Betriebszugehörigkeit,
  • das Gehalt und
  • die Chancen auf dem Arbeitsmarkt eine große Rolle.

Um erfolgreich zu verhandeln, ist es wichtig, die Perspektive der Gegenseite zu verstehen und auf sachliche Argumente zu setzen. Da es zum Teil schwierig sein kann, sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber, nicht emotional bei solchen Verhandlungen zu reagieren, ist es ratsam, sich anwaltlich vertreten zu lassen.

Möchten Sie berechnen, wie viel Abfindung Ihnen zustehen kann, dann nutzen Sie unseren Online-Abfindungsrechner.

Chefärzte und andere leitende Mediziner haben häufig höhere Ansprüche, da ihre Verträge oft Sonderregelungen beinhalten.

6. Häufige Fragen zur Kündigung von Ärzten

a) Habe ich trotz Kündigung einen Anspruch auf Bonuszahlungen oder Überstundenvergütung?

Offene Ansprüche wie Boni, Überstundenvergütung oder Provisionszahlungen müssen vom Arbeitgeber auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgezahlt werden. Dies gilt auch für Chefärzte mit variablen Vergütungskomponenten.

b) Wie lang ist die Kündigungsfrist während der Probezeit für Assistenzärzte?

Die Kündigungsfrist beträgt in der Regel zwei Wochen während der Probezeit, kann jedoch vertraglich oder tariflich anders geregelt sein.

c) Kann ich mich gegen eine betriebsbedingte Kündigung wehren?

Ja, Sie können sich gegen eine betriebsbedingte Kündigung wehren, insbesondere wenn Zweifel an den unternehmerischen Entscheidungen bestehen oder der Sozialplan nicht korrekt angewendet wurde. Hierzu müssen Sie innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben. Verpassen Sie diese Frist ist die Kündigung wirksam.

d) Was ist der Unterschied zwischen einer ordentlichen und außerordentlichen Kündigung?

Bei einer ordentlichen Kündigung muss eine Frist eingehalten werden, während eine außerordentliche Kündigung fristlos erfolgt, wenn schwerwiegende Gründe vorliegen, wie etwa grobes Fehlverhalten oder wiederholte Behandlungsfehler.

e) Welche formellen Anforderungen gelten für Kündigungen?

Arbeitgeber müssen bei vorhandenem Betriebsrat diesen anhören (§ 102 BetrVG), und die Kündigung muss in schriftlicher Form erfolgen. Mündliche Kündigungen sind unwirksam. Beide Voraussetzungen können zur Unwirksamkeit der Kündigung führen.

7. Rechtsprechung zur Kündigung von Ärzten

  • Außerordentliche Kündigung eines medizinischen Gutachters wegen Skiurlaubs während Arbeitsunfähigkeit wirksam (BAG 02.03.2006 – 2 AZR 53/05).
  • Unwirksame fristlose Kündigung eines Chefarztes: Erhebliche Zweifel des Arbeitgebers (Klinik) über Angaben des Arbeitnehmers (Chefarzt) im Bewerbungsverfahren (Verdacht der Falschangabe hinsichtlich des OP-Katalogs) genügen nicht der Darlegung einer arglistigen Täuschung i.S.v. § 123 Abs 1 BGB und führen nicht zu einer wirksamen Anfechtung des Dienstvertrages gemäß § 142 Abs 1 BGB. (…) Einem Chefarzt stehen in seiner Stellung nach Maßgabe der arbeitsvertraglichen Beziehungen zwischen ihm und der Klinik als Arbeitgeberin erhebliche Entscheidungsspielräume hinsichtlich der Auswahl der Operationsmethoden, der Durchführungsschritte der Operation im Einzelnen, der Auswahl des OP-Teams usw. zu. Eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung kann erst dann angenommen werden, wenn im Einzelnen dargelegt wird, inwieweit der Chefarzt insoweit den ihm zustehenden Beurteilungsrahmen schuldhaft überschritten hat (BAG 09.06.2020 – 2 AZN 67/20).
  • Außerordentlichen Kündigung gegenüber einem inzwischen unkündbaren Oberarzt und Chefarztvertreter einer Krankenhausabteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe wegen eines geburtshilflichen Behandlungsfehlers, der zum Tod des Kindes während der Geburt geführt hat (intrauteriner Fruchttod, fetale Asphyxie perinatal) unwirksam (LAG Düsseldorf 17.03.1998 – 16 Sa 632/96).
  • Kündigung Oberarzt unwirksam: Oberarzt einer psychiatrischen Klinik behandelt einen vormals stationär aufgenommenen und aufgrund eines von der Klink erstellten Fachgutachtens gerichtlich der Betreuung unterstellten Patienten ambulant weiter und sich im Zuge eines Gesprächs mit dem zuständigen Richter über die weitere Erforderlichkeit der Betreuung abwertend über das von Kollegen erstellte Gutachten äußert. Oberarzt unterzeichnet ungelesen ein von einem Kollegen erstelltes Gutachten, welches die Anordnung einer Betreuung befürwortet, und, weil er den Standpunkt des Gutachtens nicht teilt, anschließend bei Gericht vorstellig wird mit der Erklärung, er sei bei der Unterzeichnung „ein bisschen gelinkt worden“ (LAG Hamm 25.01.2007 – 8 Sa 1561/06).
  • Kündigung Chefarztes katholischen Krankenhauses wegen Wiederheirat unwirksam: Auch bei Kündigungen wegen Enttäuschung der berechtigten Loyalitätserwartungen eines kirchlichen Arbeitgebers kann die stets erforderliche Interessenabwägung im Einzelfall zu dem Ergebnis führen, dass dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zumutbar und die Kündigung deshalb unwirksam ist. Abzuwägen ist das Selbstverständnis der Kirchen einerseits und das Recht des Arbeitnehmers auf Achtung seines Privat- und Familienlebens andererseits (BAG 08.09.2011 – 2 AZR 543/10).
  • Fristlose Kündigung Chefarztes wegen privaten Telefonats während Operation unwirksam, da vorherige Abmahnung nicht entbehrlich (BAG 25.10.2012 – 2 AZR 495/11).

Wurden Sie als Arzt entlassen und möchten die Kündigung überprüfen lassen? Melden Sie sich gerne bei uns, wir prüfen die Erfolgsaussichten und setzten uns für Ihre Rechte ein.