Kündigungen und Kündigungsschutzklagen

Fristlose Kündigung

Haben Sie eine fristlose Kündigung durch ihren Arbeitgeber ohne Abmahnung erhalten und möchten sich informieren, ob diese zulässig ist? Oder möchten Sie sich gegen eine Kündigung ohne Kündigungsfrist wehren und wollen Ihre Erfolgsaussichten vor Gericht überprüfen lassen?

Diebstahl, Arbeitszeitbetrug und weitere Kündigungsgründe können oftmals zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen. Eine fristlose Kündigung stellt für Arbeitnehmer eine der gravierendsten Formen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar. Sie erfolgt ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und ist sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer ein drastischer Schritt.

Im nachfolgenden Artikel erläutern wir, was eine außerordentliche Kündigung bedeutet (dazu unter 1.), welche Voraussetzungen im Detail dafür vorliegen müssen (dazu unter 2.) und ob Arbeitnehmern dennoch ein Anspruch auf Arbeitslosengeld zusteht (dazu unter 3.). Weiterhin erklären wir, wie sich Arbeitnehmer gegen fristlose Kündigungen wehren können (dazu unter 4.) und stellen praktische Beispiele in diesem Rahmen dar (dazu unter 5.).

Anschließend beantworten wir häufige Fragen (dazu unter 6.) und geben einen Überblick über relevante Urteile (dazu unter 7.).

1. Welche Gründe rechtfertigen fristlose Kündigungen durch Arbeitgeber?

Außerordentliche Kündigungen beenden das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung, ohne dass die im Arbeitsvertrag oder gesetzlich geregelte Kündigungsfrist eingehalten werden muss. Dies ist jedoch nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt, wenn ein sogenannter „wichtiger Grund“ vorliegt, der es dem kündigenden Teil unzumutbar macht, das Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ende der Kündigungsfrist fortzusetzen. Denn eine fristlose Kündigung kann beiderseits erfolgen, nicht nur durch den Arbeitgeber.

Ein wichtiger Grund liegt gemäß § 626 BGB vor, wenn dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Dies ist im Regelfall bei arbeitnehmerseitigen schwerwiegenden Pflichtverstößen anzunehmen, wie beispielsweise bei

  • Diebstahl,
  • Körperverletzung,
  • Verweigerung der Arbeitsleistung,
  • groben Beleidigungen oder
  • Arbeitszeitbetrug

am Arbeitsplatz.

2. Was sind die Voraussetzungen für außerordentliche Kündigungen?

Fristlose Kündigungen unterliegen strengen Voraussetzungen da hiermit gravierende Konsequenzen insbesondere auf Seiten des Arbeitnehmers entstehen. Damit eine fristlose Kündigung wirksam ist und vor Gericht standhält, müssen insofern folgende Voraussetzungen erfüllt sein (§ 626 BGB):

a) Wichtiger Grund

Zunächst müssen Arbeitgeber nachweisen, dass ein schwerwiegender Pflichtverstoß vorliegt, der das Vertrauensverhältnis zerstört oder die weitere Zusammenarbeit unzumutbar macht. Typische Gründe sind beispielsweise Diebstahl, Unterschlagung oder Mobbing am Arbeitsplatz.

b) Verhältnismäßigkeit

Die fristlose Kündigung muss verhältnismäßig sein, das bedeutet, der Arbeitgeber muss prüfen, ob eine Abmahnung oder eine ordentliche Kündigung als mildere Maßnahmen in Frage kommen. Erst wenn diese Maßnahmen unzureichend erscheinen, kann eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden. Da es sich in diesem Zusammenhang jedoch um gravierende Pflichtverstöße handeln muss, die das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zerstören, ist eine mildere Maßnahme oft nicht angemessen.

c) Kündigungserklärungsfrist

Die fristlose Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen ausgesprochen werden, nachdem der Arbeitgeber von den entscheidenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Diese Frist ist zwingend einzuhalten, da die Kündigung ansonsten unwirksam wird.

Weitere wichtige Voraussetzungen im Rahmen des Kündigungsprozesses sind:

Anhörung des Arbeitnehmers

In der Regel muss vor Ausspruch der Kündigung der Arbeitnehmer die Möglichkeit erhalten, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Diese Anhörung dient dem Zweck, eine differenzierte Entscheidung zu treffen und sicherzustellen, dass keine unberechtigte Kündigung erfolgt. Auch der Betriebsrat muss vor jeder Kündigung angehört werden (§102 BetrVG), eine Kündigung ohne Anhörung des Betriebsrats ist unwirksam.

Form der Kündigung

Die fristlose Kündigung muss gemäß § 623 BGB schriftlich erfolgen. Auf Verlangen des Arbeitnehmers müssen die Kündigungsgründe konkret benannt werden. Mündliche Kündigungen sind unwirksam.

Nachweis der Kündigungsgründe

Im Streitfall sind Arbeitgeber vor Gericht verpflichtet, die Gründe für die fristlose Kündigung darzulegen und nachzuweisen. Hierbei können

  • Zeugenaussagen,
  • schriftliche Beweise oder
  • digitale Daten

eine Rolle spielen.

3. Kann ich trotz außerordentlicher Kündigung Arbeitslosengeld erhalten?

Ob für Arbeitnehmer nach einer fristlosen Kündigung ein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Dabei gilt grundsätzlich:

  • Sperrzeit:

Stellt die Arbeitsagentur fest, dass der Arbeitnehmer die Kündigung durch sein Verhalten selbst verursacht hat, kann eine sog. „Sperrzeit“ von bis zu 12 Wochen verhängt werden. Die fristlose Kündigung kann, je nach Kündigungsgrund, von der Arbeitsagentur als versicherungswidriges Verhalten gewertet werden, da der Arbeitnehmer in der Regel seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt hat. In der Sperrzeit besteht kein Anspruch auf Arbeitslosengeld. Von der Sperrzeit kann die Arbeitsagentur absehen, wenn keine Pflichtverletzung im rechtlichen Sinne vorliegt. Die genauen Umstände der fristlosen Kündigung spielen eine entscheidende Rolle bei der Entscheidung der Bundesagentur für Arbeit. Lassen Sie sich von der Arbeitsagentur hierzu beraten.

4. Was tun bei fristloser Kündigung durch Arbeitgeber?

Wurden Sie fristlos ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist entlassen? Dann haben Sie als Arbeitnehmer stets das Recht, sich rechtlich zur Wehr zu setzen. Wichtig ist, schnell zu handeln, um Ihre Rechte zu sichern. In diesem Rahmen können Sie folgende Schritte in Erwägung ziehen:

a) Erhebung einer Kündigungsschutzklage

Innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der fristlosen Kündigung können Sie eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen. Das Gericht prüft, ob die Kündigung rechtmäßig war und ob ein „wichtiger Grund“ vorliegt. Lassen Sie sich von einem Anwalt für Arbeitsrecht beraten, um Ihre Erfolgschancen überprüfen zu lassen und Fehlern im Rahmen der Kündigungsschutzklage zu vermeiden. Denken Sie insbesondere daran, dass wenn Sie die Kündigungsschutzklage nicht innerhalb der dreiwöchigen Frist erheben, die Kündigung als wirksam gilt.

b) Verhandlung einer Abfindung

Oftmals kommt es bei Kündigungen zu einer Verhandlung einer Abfindung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dies führt regelmäßig zu einer Zahlung einer Abfindung, die dem Arbeitnehmer einen finanziellen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes bieten soll. Abfindungen sind nicht gesetzlich vorgeschrieben und kommen oft nur im Rahmen eines Vergleichs zustande. Gehen Sie auf unseren Abfindungsrechner, um Ihre Abfindung berechnen zu lassen.

c) Weiterbeschäftigung und Arbeitszeugnis

Auch wenn das Arbeitsverhältnis fristlos beendet wurde, haben Sie Anspruch auf ein einfaches oder qualifiziertes Arbeitszeugnis (§ 109 GewO). Im Falle einer unwirksamen Kündigung können Sie außerdem Ihre Weiterbeschäftigung verlangen oder einen Aufhebungsvertrag verhandeln.

5. Fristlose Kündigung: Häufige Gründe und praktische Beispiele

Gründe für fristlose Kündigungen sind vielfältig und hängen sowohl vom Einzelfall als auch häufig vom Berufssektor ab.

Hier sind einige typische Situationen, in denen Arbeitgeber fristlos kündigen:

a) Diebstahl oder Unterschlagung

Wird einem Mitarbeiter nachgewiesen, dass er Eigentum des Arbeitgebers (Beispiel: Büromaterial oder Supermarktprodukte) entwendet, ist dies ein typischer Grund für eine fristlose Kündigung. Dabei ist der Wert des gestohlenen Gegenstands unbeachtlich, in diesen Fällen wird insbesondere auf den Vertrauensbruch zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber abgestellt.

b) Mobbing und sexuelle Belästigung

Auch wiederholtes Mobbing oder sexuelle Belästigung von Kollegen kann nicht nur zu einer Abmahnung, sondern zur fristlosen Kündigung führen. Solche Pflichtverletzungen stören das Betriebsklima nachhaltig. Außerdem ist der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht dazu verpflichtet seine Arbeitnehmer vor Mobbing und sexueller Belästigung zu schützen.

c) Unentschuldigtes Fehlen oder Arbeitsverweigerung

Bleibt jemand wiederholt der Arbeit fern oder kommt wiederholt trotz mehrfacher Abmahnungen zu spät zur Arbeit ohne stichhaltige Gründe, kann fristlos gekündigt werden. Die Verweigerung berechtigter Arbeitsanweisungen zu folgen, berechtigt ebenfalls zur außerordentlichen Kündigung.

d) Drogen- oder Alkoholmissbrauch am Arbeitsplatz

Gefährdet ein Mitarbeiter durch Alkohol- oder Drogenkonsum seine eigene Sicherheit oder die seiner Kollegen, ist eine fristlose Kündigung möglich. Im Rahmen von Drogen- oder Alkoholkonsum am Arbeitsplatz sind weitere Umstände, wie Unternehmensrichtlinien und die Berufsbranche von Bedeutung. Eine fristlose Kündigung kann allerdings bei einer Sucht unverhältnismäßig sein, da es sich hierbei um eine Erkrankung handelt.

e) Arbeitszeitbetrug

Tragen Arbeitnehmer ihre Arbeitszeiten falsch ein, dann berechtigt dies ebenfalls den Arbeitgeber dazu, eine fristlose Kündigung auszusprechen. Dies gilt auch im Home-Office.

6. Häufige Fragen zur fristlosen Kündigung

a) Was sind die Konsequenzen einer fristlosen Kündigung für mich?

Eine fristlose Kündigung beendet ihr Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung. Sie sollten jedoch prüfen, ob die Kündigung rechtlich gerechtfertigt ist und gegebenenfalls eine Kündigungsschutzklage erheben. Hierzu haben Sie drei Wochen nach Erhalt der Kündigung Zeit.

b) In welchen Fällen ist eine fristlose Kündigung unwirksam?

Eine fristlose Kündigung ist unwirksam, wenn der Arbeitgeber die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist nicht eingehalten hat oder der „wichtige Grund“ nicht ausreichend dargelegt werden kann. Die Kündigung kann auch unwirksam sein, wenn sie unverhältnismäßig ist.

c) Kann ich eine Abfindung verlangen?

Abfindungen können grundsätzlich im Rahmen eines Vergleichs oder Aufhebungsvertrags verhandelt werden. Arbeitnehmer haben jedoch keinen grundsätzlichen Anspruch auf eine Abfindung, dies ist von Fall zu Fall abhängig. Gehen Sie auf unseren Abfindungsrechner, um die Höhe einer etwaigen Abfindung bemessen zu lassen.

d) Wie unterscheiden sich ordentliche und fristlose Kündigung?

Bei einer ordentlichen Kündigung wird das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist beendet. Eine fristlose Kündigung erfolgt sofort und ohne Frist.

e) Kann ich während der Probezeit fristlos gekündigt werden?

Ja, Sie können während der Probezeit fristlos gekündigt werden. Die Anforderungen an eine Kündigung in der Probezeit sind, abgesehen von Sonderkündigungsschutzfällen (Beispiel: Mutterschutz oder Schwerbehinderung), sogar niedriger.

7. Rechtsprechung zur fristlosen Kündigung

  • Entwendet eine Verkäuferin Zigarettenpackungen aus dem Warenbestand des Arbeitgebers, kann dies auch nach längerer Beschäftigungsdauer eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen (BAG 21.06.2012 – 2 AZR 153/11).
  • Klebt eine Grundschullehrerin Tesafilm auf den Mund eines Schülers, ist das ein so schwerwiegender Verstoß gegen ihren Erziehungsauftrag, dass eine außerordentliche, fristlose Kündigung gerechtfertigt ist (BAG 19.04.2012 – 2 AZR 156/11). 
  • Die Äußerung „Ugah, Ugah!“ gegenüber einem Mitarbeiter mit dunkler Hautfarbe kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen (BAG 23.10.2019 – 2 AZN 824/19, BVerfG 02.11.2020 – 1 BvR 2727/19).
  • Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung an sich kann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer das Internet während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken in erheblichem zeitlichem Umfang („ausschweifend“) nutzt und damit seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt (BAG 07.07.2005 – 2 AZR 581/04).
  • Die Einnahme von Amphetamin und Methamphetamin kann die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Berufskraftfahrers auch dann rechtfertigen, wenn nicht feststeht, dass seine Fahrtüchtigkeit bei von ihm durchgeführten Fahrten konkret beeinträchtigt war (BAG 20.10.2016 – 6 AZR 471/15).
  • Die Drohung mit einem Amoklauf rechtfertigt eine außerordentliche, fristlose Kündigung (BAG 29.06.2017 – 2 AZR 47/16).
  • Eine Selbstbeurlaubung stellt auch dann einen Grund zur außerordentlichen, fristlosen Kündigung dar, wenn sie kurz vor dem Ende des Übertragungszeitraums erfolgte (BAG 20.05.2021 – 2 AZR 457/20).
  • Betreibt die Geschäftsführerin eines Vereins auf intrigante Weise zielgerichtet die Abwahl des Vereinsvorsitzenden, kann dies die außerordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses rechtfertigen (BAG 01.06.2017 – 6 AZR 720/15).
  • Zahlreiche, nicht erlaubte Privattelefonate während der Arbeitszeit rechtfertigen eine außerordentliche, fristlose Kündigung, wenn es sich um so viele Telefonate handelt, dass keine vertragsgemäße Arbeitsleistung erbracht worden sein kann (LAG Köln 07.02.2020 – 4 Sa 329/19).

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