Wurden Sie wegen eines Wettbewerbsverstoßes fristlos gekündigt? Oder wollen Sie sich über die Konsequenzen informieren, wenn Sie Kunden Ihres Arbeitgebers für Ihre eigene Nebenbeschäftigung abwerben?
Kündigungen wegen Wettbewerbs oder Abwerbung sind häufige Thema im Arbeitsrecht und führen immer wieder zu rechtlichen Auseinandersetzungen. Im nachfolgenden Artikel erläutern wir, wann ein Wettbewerbsverstoß vorliegt (dazu unter 1.), welche Voraussetzungen im Detail für eine Kündigung vorliegen müssen (dazu unter 2.) und welche anderen Konsequenzen in Betracht kommen können (dazu unter 3.).
Weiterhin erklären wir, wie sich Arbeitnehmer gegen Kündigungen wehren können (dazu unter 4.) und stellen praxisrelevante Beispiele dar (dazu unter 5.).
Anschließend beantworten wir häufige Fragen (dazu unter 6.) und geben einen Überblick über relevante Urteile (dazu unter 7.).
1. Wann liegt ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot vor?
Arbeitnehmern ist es grundsätzlich untersagt, während des laufenden Arbeitsverhältnisses in Konkurrenz zu ihrem Arbeitgeber zu treten, dies kann einen Kündigungsgrund darstellen. Dieses Verbot ist nicht explizit in jedem Arbeitsvertrag zu finden, sondern ergibt sich aus der sogenannten Treuepflicht des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber.
Typische Verstöße gegen das Wettbewerbsverbot:
- Gründung eigenen Unternehmens
Gründet ein Arbeitnehmer neben seiner Beschäftigung ein eigenes Unternehmen, das in direkter Konkurrenz zum Arbeitgeber steht, dann stellt dies einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot dar.
- Nebenbeschäftigung bei einem Konkurrenten
Eine Nebenbeschäftigung bei einem Konkurrenten des Arbeitgebers kann ebenfalls einen solchen Verstoß darstellen.
- Abwerbung von Kunden oder Mitarbeitern
Ein Wettbewerbsverstoß kann auch vorliegen, wenn Arbeitnehmer versuchen Kunden oder Mitarbeiter des Arbeitgebers abzuwerben.
Beispiel:
Ein Vertriebsmitarbeiter eines Softwareunternehmens gründet während seiner Anstellung ein eigenes Unternehmen, das ähnliche Softwareprodukte anbietet. Er nutzt seine Kontakte zu bestehenden Kunden, um diese für sein neues Unternehmen zu gewinnen. Ein solcher Fall wäre ein klarer Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot und könnte eine fristlose Kündigung nach sich ziehen.
Merke: Ein Wettbewerbsverstoß liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses in direkter Konkurrenz zum Arbeitgeber tritt, z. B. durch Gründung eines eigenen Unternehmens oder Abwerbung von Kunden.
2. Wann ist eine Kündigung wegen Wettbewerbsverstoß, Konkurrenz und Abwerbung gerechtfertigt?
Damit eine Kündigung wegen Wettbewerbs oder Abwerbung rechtmäßig ist, müssen bestimmte rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein:
a) Schwere des Verstoßes
Die Schwere des Wettbewerbsverstoßes spielt eine entscheidende Rolle, denn nicht jeder geringfügige Verstoß rechtfertigt eine Kündigung. Arbeitgeber müssen nachweisen, dass der Arbeitnehmer durch sein Verhalten die Interessen des Unternehmens erheblich geschädigt hat.
Ein erheblicher Schaden kann beispielsweise durch
- den Verlust wichtiger Kunden oder
- die Beeinträchtigung betrieblicher Abläufe
entstehen.
b) Konkurrenzverhältnis
Der Arbeitnehmer muss in direkter Konkurrenz zum Arbeitgeber handeln. Nicht jede Nebentätigkeit oder selbstständige Tätigkeit stellt automatisch einen Wettbewerbsverstoß dar. Handelt der Arbeitnehmer in einem völlig anderen Marktsegment, dann ist eine Kündigung wegen Wettbewerbsverstoß unzulässig.
c) Beweislast
Arbeitgeber müssen den Wettbewerbsverstoß beweisen können, sie trifft die sogenannte Beweislast. Er muss nachweisen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen hat, etwa durch die Gründung eines Konkurrenzunternehmens oder die Abwerbung von Kunden. Kündigungen ohne stichhaltige Beweise sind regelmäßig unwirksam.
Merke: Eine fristlose Kündigung wegen Wettbewerbsverstoßes ist nur gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer durch sein Verhalten erhebliche Schäden verursacht hat, wie z. B. den Verlust wichtiger Kunden.
3. Welche rechtlichen Folgen drohen bei einem Wettbewerbsverstoß?
Wettbewerbsverstöße und Abwerbungen können je nach Schwere und Einzelfall verschiedene rechtliche Folgen nach sich ziehen, beispielsweise:
a) Fristlose Kündigung
Schwerwiegende Wettbewerbsverstöße (Beispiel: Aktive Kundenabwerbung oder Gründung eines Konkurrenzunternehmens) rechtfertigen außerordentliche Kündigungen ohne vorherige Abmahnungen. In solchen Fällen ist das Vertrauen in den Arbeitnehmer nachhaltig zerstört.
b) Ordentliche Kündigung
Bei weniger schwerwiegenden Verstößen (Beispiel: Kontaktaufnahme eines Konkurrenten ohne aktive Abwerbung) kann eine ordentliche Kündigung in Betracht kommen. Dabei wird die vertraglich vereinbarte oder gesetzliche Kündigungsfrist eingehalten. Mehr zu den Voraussetzungen verhaltensbedingter Kündigungen erfahren Sie hier.
c) Abmahnung
Arbeitgeber können in weniger schwerwiegenden Fällen auch zunächst eine Abmahnung aussprechen. Die Abmahnung weist den Arbeitnehmer auf sein Fehlverhalten hin und verdeutlicht, dass bei weiteren Verstößen eine Kündigung droht. Erst wenn der Arbeitnehmer trotz der Abmahnung sein Verhalten nicht ändert, kann eine Kündigung ausgesprochen werden.
Merke: Arbeitgeber müssen den Wettbewerbsverstoß beweisen können – ohne ausreichende Beweise ist die Kündigung unwirksam.
4. Wie können sich Arbeitnehmer bei Kündigungen wegen Wettbewerbs, Konkurrenz oder Abwerbung wehren?
Wurde Ihnen aufgrund eines Wettbewerbsverstoßes gekündigt und Sie fühlen sich ungerecht behandelt? Dann haben Sie verschiedene Möglichkeiten, um sich gegen die Kündigung zu wehren:
Kündigung überprüfen
Sie sollten zuerst überprüfen bzw. von einem Anwalt überprüfen lassen, ob die Kündigung rechtmäßig ist. Typische Fehler können im Hinblick auf die Kündigung insbesondere sein, ob
- Wettbewerbsverstoß nicht schwerwiegend genug für fristlose Kündigung
- Keine Anhörung des Betriebsrats
- Keine ausreichenden Beweise
Kündigungsschutzklage erheben
Sie sollten, wenn Sie glauben, dass die Kündigung unrechtmäßig ist, innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben. Dies können Sie beispielsweise selbst bei dem für Sie zuständigen Gericht tun. Legen Sie nicht innerhalb der Dreiwochenfrist Klage beim Arbeitsgericht ein, gilt Ihre Kündigung als wirksam.
Rechtliche Beratung
Im Falle einer Kündigung wegen Wettbewerbsverstoßes, Konkurrenz oder Abwerbung ist es ratsam, sich an einen Anwalt für Arbeitsrecht zu wenden. Dieser kann Sie beraten und Ihnen dabei helfen, Ihre Rechte zu verteidigen oder eine außergerichtliche, schnelle Einigung mit dem Arbeitgeber zu erzielen.
Merke: Arbeitnehmer können sich gegen eine Kündigung wehren, indem sie prüfen lassen, ob die Kündigung wirksam ist, und gegebenenfalls eine Kündigungsschutzklage erheben.
5. Praktische Beispiele für Kündigungen wegen Wettbewerbs, Konkurrenz oder Abwerbung
Ein paar praktische Beispiele zur Verdeutlichung der Problematik einer Kündigung wegen Wettbewerb oder Abwerbung zu verdeutlichen:
a) Abwerbung von Kunden
Vertriebsmitarbeiter, der für ein großes Unternehmen für technische Geräte tätig ist, versucht nach Feierabend die Kunden seines Arbeitgebers zu einem Wettbewerber zu locken. Dieser Wettbewerbsverstoß rechtfertigt eine außerordentliche Kündigung.
b) Nebentätigkeit bei einem Konkurrenten
Mitarbeiter eines Automobilherstellers arbeitet während seines Urlaubs bei einem direkten Konkurrenten. Hier handelt es sich ebenfalls um einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot, da der Arbeitnehmer in direkter Konkurrenz zu seinem Arbeitgeber steht. Auch dies kann zu einer fristlosen Kündigung führen.
c) Gründung eines eigenen Unternehmens
Mitarbeiter, der im Marketing tätig ist, gründet während seiner Anstellung bei einem Marketingunternehmen sein eigenes Unternehmen, das ähnliche Dienstleistungen anbietet wie sein Arbeitgeber. Dieses Konkurrenzgeschäft stellt einen schweren Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot dar und rechtfertigt ebenfalls eine fristlose Kündigung.
Die Bewertung, ob es sich um einen Wettbewerbsverstoß handelt oder nicht ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Wenn Sie sich unsicher sind, lassen Sie sich gerne von uns beraten.
Merke: Praktische Beispiele für Wettbewerbsverstöße sind die Abwerbung von Kunden, eine Nebenbeschäftigung bei einem Konkurrenten oder die Gründung eines Konkurrenzunternehmens.
6. Häufige Fragen zur Kündigung wegen Wettbewerb oder Abwerbung
a) Darf ich während der Kündigungsfrist ein Konkurrenzunternehmen gründen?
Nein, das Wettbewerbsverbot gilt während des gesamten Arbeitsverhältnisses, einschließlich der Kündigungsfrist. Erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses dürfen Sie in Konkurrenz zu Ihrem ehemaligen Arbeitgeber treten, es sei denn, es besteht ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot.
b) Was ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot?
Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind Vereinbarungen im Arbeitsvertrag, die Arbeitnehmer auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses daran hindern, in Konkurrenz zum ehemaligen Arbeitgeber zu treten. Hierfür wird regelmäßig eine Entschädigungszahlung (Karenzentschädigung) vereinbart.
c) Kann ich nach der Kündigung Kunden meines alten Arbeitgebers abwerben?
Ja, soweit kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot besteht, können Sie grundsätzlich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Kunden kontaktieren und Geschäftsbeziehungen aufbauen. Dabei sollten Sie wettbewerbsrechtliche Regelungen beachten und dürfen keine unlauteren Mittel wie vertrauliche Informationen oder Betriebsgeheimnisse nutzen.
d) Muss mein Arbeitgeber den Wettbewerbsverstoß beweisen?
Ja, der Arbeitgeber trägt im Rahmen einer Kündigung wegen Wettbewerbsverstoß die Beweislast. Er muss also nachweisen, dass Sie gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen haben, beispielsweise durch die Gründung eines Konkurrenzunternehmens oder die Abwerbung von Kunden. Ohne stichhaltige Beweise ist eine Kündigung unwirksam.
e) Was passiert, wenn ich gegen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot verstoße?
Verstoßen Sie gegen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, drohen Ihnen Vertragsstrafen oder Schadenersatzforderungen. Zudem kann der Arbeitgeber die Rückzahlung der Karenzentschädigung verlangen, die Ihnen für die Einhaltung des Wettbewerbsverbots gezahlt wurde.
7. Rechtsprechung zur Kündigung wegen Wettbewerbs oder Abwerbung
- Ein Verstoß gegen das Verbot, während des bestehenden Arbeitsverhältnisses Konkurrenztätigkeiten zu entfalten, ist „an sich“ geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung iSd. § 626 Abs. 1 BGB zu bilden. Falls die Wettbewerbstätigkeit erst durch eine frühere – unwirksame – Kündigung ausgelöst worden, der Wettbewerb nicht auf eine dauerhafte Konkurrenz zum bisherigen Arbeitgeber angelegt und dem Arbeitgeber durch die Konkurrenztätigkeit nicht unmittelbar ein Schaden zugefügt worden ist, ist dies bei der erforderlichen Interessenabwägung zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen (BAG 23.10.2014 – 2 AZR 644/13).
- Ein Arbeitnehmer ist an das für die Dauer des rechtlichen Bestands des Arbeitsverhältnisses bestehende Wettbewerbsverbot auch dann noch gebunden, wenn der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung ausspricht, deren Wirksamkeit der Arbeitnehmer bestreitet. Wettbewerbshandlungen, die der Arbeitnehmer im Anschluss an eine unwirksame außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers begeht, können einen wichtigen Grund für eine weitere außerordentliche Kündigung bilden, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des konkreten Falls ein Verschulden anzulasten ist (BAG 25.04.1991 – 2 AZR 624/90).
- Wenn in einem Handelsvertretervertrag der Verstoß gegen ein vertraglich vereinbartes Wettbewerbsverbot als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung benannt ist, so steht dies einer Vertragsauslegung nicht entgegen, nach der Wettbewerbsverstöße, die unter Würdigung aller Umstände so geringfügig sind, dass durch sie das Vertrauensverhältnis zwischen Unternehmer und Handelsvertreter bei verständiger Würdigung nicht grundlegend beschädigt wird, nicht – zumindest nicht ohne vorherige Abmahnung – zur fristlosen Kündigung berechtigen (BGH 10.11.2010 – VIII ZR 327/09).
- Ein Arbeitnehmer, der während des bestehenden Arbeitsverhältnisses ernsthaft auf seine Arbeitskameraden einwirkt, damit sie unter Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Arbeit bei einem anderen Arbeitgeber aufnehmen, verletzt die arbeitsvertragliche Treuepflicht. Diese Pflichtverletzung rechtfertigt regelmäßig eine außerordentliche Kündigung. Dieser Kündigungsgrund erfordert nicht, dass die Abwerbung gegen die guten Sitten verstößt oder dass die abzuwerbenden Arbeitnehmer von besonderer Qualität sind (LAG Schleswig-Holstein 06.07.1989 – 4 Sa 601/88).
- Das Abwerben von Mitarbeitern für eine eigene Firma muss grundsätzlich auch einen Tag vor Ende des Arbeitsverhältnisses noch abgemahnt werden (LAG Berlin-Brandenburg, 30.08.2012 – 10 Sa 1198/12).
Wenn Sie im Zusammenhang mit Wettbewerbsverstößen, Abwerbung oder Konkurrenztätigkeiten beraten werden wollen, melden Sie sich gerne bei uns.