Sind Ihrem Arbeitgeber oder einem Dritten durch einen Fehler Ihrerseits Schäden entstanden, für die Sie aufkommen sollen? Oder haben Sie einen Unfall mit Ihrem Dienstwagen verursacht und wollen sich informieren, ob Sie die Schäden bezahlen müssen?
Nachfolgend erläutern wir, für welche Schäden Arbeitnehmer aufkommen müssen (dazu unter 1.), ob diese auch gegenüber Dritten haften können (dazu unter 2.) und was in Bezug auf Dienstwagen gilt (dazu unter 3.). Weiterhin erklären wir, ob Arbeitnehmer auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses haften können (dazu unter 4.) und stellen allgemeine praxisrelevante Beispiele der Arbeitnehmerhaftung dar (dazu unter 5.).
Anschließend beantworten wir häufige Fragen (dazu unter 6.) und geben einen Überblick über relevante Urteile (dazu unter 7.).
1. Für welche Schäden haften Arbeitnehmer?
Arbeitnehmer sind bei Ihrer Arbeit für Ihre Arbeitgeber tätig und haften daher nicht für alle verursachen Schäden. Fehler gehören zum Leben dazu, Arbeitnehmer genießen insofern einen besonderen Schutz vor Haftungsansprüchen. Es wäre nicht fair, wenn Arbeitnehmer bei jedem kleinsten, unachtsamen Fehler für eine Hohe Schadenssumme beim Arbeitgeber aufkommen müssten. Die Haftung des Arbeitnehmers ist daher beschränkt und wird durch das Prinzip des sogenannten „innerbetriebliche Schadensausgleiches“ geregelt. Es unterscheidet zwischen:
- Leichte Fahrlässigkeit: Arbeitnehmer haftet nicht („Das passiert jedem Mal“)
Beispiel: Stolpern und versehentliches Fallenlassen eines geringwertigen Gegenstands im Büro
- Mittlere Fahrlässigkeit: Anteilige Haftung, beispielsweise 40 % Arbeitnehmer und 60 % Arbeitgeber („Das darf eigentlich nicht passieren, kann aber ausnahmsweise mal vorkommen“)
Beispiel: Arbeitnehmer handelt grob unsachgemäß und verursacht bei Nutzung eines Computers einen größeren Datenverlust
- Grobe Fahrlässigkeit: Einzelfallabhängig, gegebenenfalls volle Haftung oder Haftungserleichterung („Das darf wirklich nicht passieren“)
Beispiel: Übersehen eines Warnsignals an einer Maschine (vorhersehbarer Schaden)
- Vorsatz: Volle Haftung (= Bewusste Schädigung)
Beispiel: Arbeitnehmer zerstört hochpreisige Vitrine, um sich beim Arbeitgeber zu rächen
Ein weiterer Faktor, der in die Haftung des Arbeitnehmers einspielt, ist das Verhältnis seines Verdiensts zum entstandenen Schaden. Es ist insoweit nicht sachgemäß, wenn ein Minijobber, der in einem Eisladen arbeitet und den Mindestlohn erhält für einen immensen arbeitgeberseitigen Schaden einstehen muss.
Die Beweislast des Verschuldens des Arbeitnehmers trägt dabei der Arbeitgeber (§ 619a BGB). Eine Arbeitnehmerhaftung kann auch tarifvertraglich beschränkt werden.
Merke: Leichte Fahrlässigkeit: („Das passiert jedem Mal“) – Grobe Fahrlässigkeit: („Das darf wirklich nicht passieren“) – Vorsatz: Bewusste Schädigung
2. Können Arbeitnehmer gegenüber Dritten haften?
Ist der Schaden, den der Arbeitnehmer verursacht, nicht beim Arbeitgeber, sondern gegenüber einem Dritten eingetreten, dann kann der Arbeitgeber dafür aufkommen, wenn der Schaden während einer arbeitsbezogenen Tätigkeit entstanden ist (Beispiel: Baggerfahrer beschädigt in der Nähe parkendes Auto).
Die Haftung des Arbeitnehmers wird hier in der Regel auf die Regeln des oben ausgeführten „innerbetrieblichen Schadensausgleichs“ begrenzt, es sei denn, der Arbeitnehmer hat vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt. Das bedeutet, der Dritte kann Schadensersatz direkt vom Arbeitnehmer einfordern, dieser haftet aber nur in dem Umfang, in dem er auch seinem Arbeitgeber gegenüber haften würde. Hat der Baggerfahrer aus unserem Beispiel also wegen mittlerer Fahrlässigkeit 40 % des Schadens zu übernehmen, dann trägt der Arbeitgeber die restlichen 60 %.
3. Was gilt bei der Arbeitnehmerhaftung in Bezug auf Dienstwagen?
Ein in der Praxis häufig vorkommender Problemfall ist die Arbeitnehmerhaftung in Bezug auf den Umgang mit Dienstfahrzeugen. Hier gelten dieselben Prinzipien der eingeschränkten Arbeitnehmerhaftung.
Die Arbeitnehmerhaftung bei Dienstwagen richtet sich nach folgenden Grundsätzen:
- Bei leichten Unfällen aufgrund leichter Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer regelmäßig nicht (Beispiel: Rutschen auf nasser Fahrbahn).
- Bei grober Fahrlässigkeit bzw. Vorsatz hingegen haftet der Arbeitnehmer in vollem Umfang für den entstandenen Schaden (Beispiel: Fahren unter Alkoholeinfluss oder bei Verstößen gegen Verkehrsregeln).
Regelmäßig empfehlen Unternehmen klare Nutzungsrichtlinien für Dienstwagen und schließen zusätzliche Versicherungen ab, um die Risiken für beide Parteien zu minimieren. Dies hängt jedoch auch von der individuellen Dienstwagenregelung ab die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossen wurde. Mehr zu Dienstwagenregelungen erfahren Sie hier.
Merke: Arbeitnehmerhaftung in Bezug auf Dienstwagen: Leichte Unfälle = Keine Haftung (Beispiel: Rutschen auf nasser Fahrbahn) – Grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz = Haftung (Beispiel: Fahren unter Alkoholeinfluss)
4. Haften Arbeitnehmer auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses?
Grundsätzlich endet die Haftung des Arbeitnehmers mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses, es gibt jedoch Ausnahmen:
- Nachträgliche Haftung:
Hat der Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses vorsätzlich oder grob fahrlässig Schäden verursacht, kann der Arbeitgeber nachträglich Ansprüche geltend machen.
- Verschwiegenheitspflicht:
In vielen Branchen müssen Arbeitnehmer auch nach dem Arbeitsverhältnis sensible Informationen vertraulich behandeln. Verstöße können hier zu Schadensersatzforderungen führen. Dies unterliegt allerdings bestimmten Voraussetzungen und sollte vertraglich geregelt sein.
Diese nachträgliche Haftung betrifft allerdings in der Praxis nur in den wenigsten Fällen die eigentliche Arbeit des Arbeitnehmers und bezieht sich häufig auf Bereiche wie den Datenschutz oder die Geheimhaltungspflicht.
Merke: Arbeitgeber können bei vorsätzlich oder grob fahrlässig entstandenen Schaden während des Arbeitsverhältnisses auch nachträglich Ansprüche gegen Arbeitnehmer geltend machen.
5. Weitere Praxisnahe Beispiele für Arbeitnehmerhaftung
Hier einige weitere typische Beispiele der Arbeitnehmerhaftung:
- Unachtsamkeit im Lager: Ein Arbeitnehmer lässt beim Verpacken Ware fallen und beschädigt diese. Handelt es sich um geringe Fahrlässigkeit, haftet der Arbeitnehmer nicht.
- Fehlbedienung von Maschinen: Ein Mitarbeiter bedient eine Maschine unsachgemäß und es kommt zu einem erheblichen Schaden. Liegt hier grobe Fahrlässigkeit vor, könnte eine Haftung anteilig oder vollständig gegeben sein.
- Kundendaten im IT-Bereich: Wird durch einen Fehler eines IT-Mitarbeiters ein Datenverlust verursacht, kann eine anteilige Haftung des Arbeitnehmers bei mittlerer Fahrlässigkeit möglich sein.
6. Häufige Fragen zum Thema Arbeitnehmerhaftung
a) Was ist die beschränkte Arbeitnehmerhaftung?
Die Prinzipien der beschränkten Arbeitnehmerhaftung schützen Arbeitnehmer vor übermäßiger Haftung für Schäden am Arbeitsplatz. Sie legt fest, dass Arbeitnehmer bei leichter Fahrlässigkeit meist nicht haften und bei mittlerer Fahrlässigkeit nur anteilig. Hier ist insbesondere das Verhältnis des monatlichen Gehalts des Arbeitnehmers zum entstandenen Schaden mit einzubeziehen.
b) Haftet der Arbeitgeber für Schäden durch den Arbeitnehmer?
Ja, in der Regel haftet der Arbeitgeber für Schäden, die der Arbeitnehmer Dritten gegenüber verursacht, es sei denn, der Arbeitnehmer handelte vorsätzlich oder grob fahrlässig.
c) Müssen Arbeitnehmer für Schäden am Dienstwagen aufkommen?
Ob Arbeitnehmer für Schäden am Dienstwagen aufkommen müssen, hängt von der Art des Schadens und des Verschuldens ab. Bei leichter Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer in der Regel nicht, bei grober Fahrlässigkeit jedoch oft in vollem Umfang. Dies richtet sich allerdings insbesondere nach den vertraglichen Vereinbarungen aus der Dienstwagenregelung.
d) Welche Versicherung schützt Arbeitnehmer vor Haftung?
Einige Arbeitgeber bieten spezielle Versicherungen, etwa eine Diensthaftpflichtversicherung, an, die Arbeitnehmer vor bestimmten Haftungsrisiken schützt.
e) Kann ich als Arbeitnehmer auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses haften?
Ja, etwa für vorsätzliche oder grob fahrlässige Schäden, die während der Tätigkeit entstanden sind oder bei Verstößen gegen die Verschwiegenheitspflicht.
f) Wie kann ich das Risiko einer persönlichen Haftung minimieren?
Das Risiko einer persönlichen Haftung können Sie dadurch minimieren, indem Sie Arbeitsanweisungen stets befolgen und Risiken meiden. Gegebenenfalls können Sie auch auf spezielle Haftpflichtversicherungen setzen, die Schäden durch Fahrlässigkeit abdecken können.
7. Rechtsprechung zu Arbeitnehmerhaftung
- Ein vorsätzlicher Pflichtverstoß führt nur dann zur vollen Haftung des Arbeitnehmers, wenn auch der Schaden vom Vorsatz erfasst ist (BAG 18.04.2002 – 8 AZR 348/01).
- Die Grundsätze über die Beschränkung der Haftung des Arbeitnehmers bei betrieblich veranlassten Tätigkeiten sind einseitig zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht. Von ihnen kann weder einzel- noch kollektivvertraglich zu Lasten des Arbeitnehmers abgewichen werden (BAG 05.02.2004 – 8 AZR 91/03).
- Die Grundsätze über die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung gelten auch, wenn der Arbeitnehmer wegen einer im Zusammenhang mit der Verwahrung und Verwaltung eines ihm überlassenen Waren- oder Kassenbestandes begangenen positiven Vertragsverletzung in Anspruch genommen wird. Dabei kann sich die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers bereits daraus ergeben, dass durch das Verhalten des Arbeitnehmers dem Arbeitgeber ein Schaden entstanden ist. Für den Grad des Verschuldens ist entscheidend, ob der Arbeitnehmer bezogen auf den Schadenserfolg vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Das Verschulden des Arbeitnehmers und insbesondere die den Grad des Verschuldens ausmachenden Tatsachen sind vom Arbeitgeber darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (BAG 17.09.1998 – 8 AZR 175/97).
- Wer als Berufskraftfahrer wegen Nichtbeachtung einer auf „Rot“ geschalteten Lichtzeichenanlage einen Verkehrsunfall verursacht, haftet in aller Regel dem Arbeitgeber wegen grob fahrlässig begangener positiver Vertragsverletzung für den dadurch verursachten Schaden. Auch bei grober Fahrlässigkeit sind Haftungserleichterungen zugunsten des Arbeitnehmers nicht ausgeschlossen, wenn der Verdienst des Arbeitnehmers in einem deutlichen Missverhältnis zum verwirklichten Schadensrisiko der Tätigkeit steht. Liegt der zu ersetzende Schaden nicht erheblich über einem Bruttomonatseinkommen des Arbeitnehmers, besteht zu einer Haftungsbegrenzung keine Veranlassung (BAG 12.11.1998 – 8 AZR 221/97).
- Unterlässt der Arbeitgeber für ein seinem Arbeitnehmer überlassenes Dienstfahrzeug den Abschluss einer nicht mit unzumutbaren Kosten verbundenen, üblichen Vollkaskoversicherung, beschränkt sich die Haftung des Arbeitnehmers im Schadensfall auf die Höhe derjenigen Kosten, die auch durch eine solche Vollkaskoversicherung nicht abgedeckt wären (insbesondere übliche Selbstbeteiligung). Bei der Anwendung dieses Grundsatzes verbietet es sich danach zu unterscheiden, ob der vom Arbeitnehmer verursachte Unfall im Rahmen einer Dienstfahrt oder im Rahmen einer genehmigten Privatfahrt geschehen ist. In den Schutzbereich dieser Haftungsbeschränkung fällt auch der Familienangehörige, dem der Arbeitnehmer das Dienstfahrzeug befugter Weise zur Nutzung überlassen hat (LAG Köln 22.12.2004 – 7 Sa 859/04).
Fordert Ihr Arbeitgeber einen Schadensersatzanspruch von Ihnen oder möchten Sie sich im Rahmen der Arbeitnehmerhaftung beraten lassen? Dann melden Sie sich gerne bei uns, wir prüfen Ihre Erfolgsaussichten und vertreten Ihre Rechte sowohl vor Gericht als auch außergerichtlich.